Hohenlimburg. Weil ein Seniorenzentrum in Hohenlimburg wegen Flutschäden außer Betrieb ist, wurden die Mitarbeiter versetzt. Nicht alle sind darüber glücklich

Seit der überraschenden Flut gibt es viele Verlierer. Große Wassermassen durchströmten das Martha-Müller-Seniorenzentrum, deshalb mussten spontan 76 Bewohnerinnen und Bewohner evakuiert werden. Die älteren Menschen haben ihr bisheriges Lebensumfeld in der Wesselbach verloren. Durch das Hochwasser verloren jedoch auch 63 Beschäftigte der Awo-Einrichtung ihren Arbeitsplatz in Hohenlimburg.

Normalerweise fließt der Wesselbach als kleiner Strom unter dem Martha-Müller-Seniorenzentrum hindurch. Am Tag der Starkregen-Flut im Juli schwoll der Bach zu einem reißenden Fluss an und überschwemmte den Keller und das Erdgeschoss des Gebäudes. Das Haus musste evakuiert werden.
Normalerweise fließt der Wesselbach als kleiner Strom unter dem Martha-Müller-Seniorenzentrum hindurch. Am Tag der Starkregen-Flut im Juli schwoll der Bach zu einem reißenden Fluss an und überschwemmte den Keller und das Erdgeschoss des Gebäudes. Das Haus musste evakuiert werden. © WP Hagen | Marcel Krombusch

Wohin mit den zahlreichen Mitarbeitern, wenn alle zu betreuenden Personen fort sind, weil sie in anderen Awo-Heimen untergebracht wurden? Dieser schwierigen Aufgabe hatte sich die Arbeiterwohlfahrt, Bezirk Westliches Westfalen, mit Sitz in Dortmund, nach dem überraschenden Starkregen in der Nacht zum 14. Juli zu stellen. Sie betreibt das Martha-Müller-Seniorenzentrum in Hohenlimburg. Schnell wurde deutlich: Bis das durch den Wassereinbruch beschädigte Gebäude in der Wesselbach saniert ist, dürfte noch gut ein Jahr vergehen. Für die dort Beschäftigten musste deshalb eine schnelle und zufriedenstellende Lösung gefunden werden. „Versetzung“, lautete das Zauberwort – und 51 Hohenlimburger AWo-Mitarbeiter haben dem in den vergangenen Wochen, mehr oder weniger zähneknirschend, zugestimmt. Sie arbeiten auf neuen Stellen in Awo-Häusern in Nachbarstädten. Dafür haben sie einen längeren Anfahrtsweg und größeren Zeitaufwand in Kauf zu nehmen.

Nicht alle betroffenen Seniorenbetreuer wollten das jedoch mit machen: 12 Beschäftigte aus dem Martha-Müller-Seniorenzentrum wurden ohne ihre Zustimmung nach Lünen oder Witten versetzt. In diesen Fällen hat der zuständige Awo-Betriebsrat Widerspruch gegen die Versetzung erhoben. Die Spätfolgen der Hohenlimburger Hochwasser-Katastrophe schwappen deshalb nun in die Justiz: Beim Hagener Arbeitsgericht sind in den vergangenen Wochen, verteilt auf alle fünf Kammern, 13 „Awo-Klagen“ eingegangen. Diese werden dort gerade zeitnah in Güteterminen verhandelt.

Weite Anfahrtswege

Der Hagener Arbeitsrechtler Gerd Pfeiffer vertritt nicht nur den Awo-Betriebsrat, sondern auch die meisten klagenden Mitarbeiter. Er kennt die Probleme, die eine Versetzung auf eine Stelle in einer anderen Stadt mit sich bringen können: „Da soll eine 62-jährige Altenpflegerin von Hohenlimburg nach Witten versetzt werden. Sie hat noch betagte Eltern zu Hause zu versorgen und kein Auto. An Wochenenden käme sie schon mal gar nicht frühmorgens pünktlich zur Arbeit, weil da um diese Zeit noch gar keine Bahnen fahren.“

Gut die Hälfte der eingereichten Klagen, nämlich fünf, haben sich inzwischen erledigt, weil die ehemaligen Mitarbeiter des Martha-Müller-Seniorenzentrums eine Anstellung bei neuen Arbeitgebern fanden und deshalb mit der Awo sogenannte „Aufhebungsverträge“ abgeschlossen haben, allerdings ohne Abfindungszahlung, und „betriebsbedingt und im gegenseitigen Einverständnis“, wie es die zuständige Richterin Annabelle Seethaler ins Protokoll diktierte.

Für die Arbeiterwohlfahrt, Bezirk Westliches Westfalen, war es jedenfalls ein großer Kraftakt, immerhin 51 ehemaligen Altenheim-Mitarbeitern aus dem Seniorenzentrum in der Wesselbach nach der Flut-Katastrophe den Arbeitsplatz erhalten zu können. Sie in anderen Einrichtungen der Arbeiterwohlfahrt im Bezirk weiter zu beschäftigen, ist nämlich gar nicht so einfach.

Dazu der Anwalt der Awo, Manfred Ehlers (Dortmund): „Wir stehen jetzt vor dem Riesenproblem: Wo setzen wir die Leute ein?“