Hohenlimburg/Hagen. Hagener Betroffene fühlen sich von Gartenbauer abgezockt, der bei der Flut ihre Keller leerpumpen wollte. Der widerspricht: Man sei kein Abzocker

Viel wurde nach der Starkregen-Flut berichtet über die große Solidarität und Hilfe, die Betroffene vor Ort erlebt haben. Dass die zahlreichen vollgelaufenen Keller nach der Katastrophe aber auch eine Notlage waren, die ein teures Nachspiel haben kann, das mussten mehrere Betroffene aus Hohenlimburg und Hagen erfahren.

Starkregen-Flut trifft Wohnhaus

Silke Willam erinnert sich noch gut an den Tag der Flut, als das Wasser des Holthauser Bachs ungebremst in den Keller ihres Hauses an der Hünenpforte strömte. Als Retter in der Not wirkte da für sie der Mitarbeiter eines Gartenbauunternehmens aus Gevelsberg, der in der gefluteten Straße seine Hilfe beim Leerpumpen der Keller anbot.

Der Keller im Haus von Silke Willam aus Hohenlimburg wurde von der Flut getroffen. Für sie gehen die Aufräumarbeiten an ihrem Haus auch zwei Monate danach weiter.
Der Keller im Haus von Silke Willam aus Hohenlimburg wurde von der Flut getroffen. Für sie gehen die Aufräumarbeiten an ihrem Haus auch zwei Monate danach weiter. © WP Hagen | Marcel Krombusch

60 Euro pro Kubikmeter wollte er dafür berechnen, so schildert es Willam. „In der katastrophalen Notlage sagte ich zu, hoffte aber, dass die Feuerwehr, die ich vorher rief, zuerst eintreffen würde“, sagt die Hauseigentümerin. Die Feuerwehr traf tatsächlich eher ein, veranlasste, dass der Strom abgestellt wurde, hinterließ dem Gartenbauer Sandsäcke und wurde dann von selbigem weitergeschickt, so Willam, „mit den Worten, es handele sich um befreundete Bekannte.“

Wassermassen zu stark

Sie sei damit nicht einverstanden gewesen: „Der Mitarbeiter sagte, er wolle doch nur helfen.“ Die Hilfe bestand danach darin, Pumpen in den Keller zu stellen und das Abpumpen einzuleiten. Nach mehreren Anläufen habe man jedoch feststellen müssen, dass die Pumpen mit den enormen Wassermassen überfordert waren. Es floss immer wieder Wasser nach. Der Gartenbauer habe resigniert, zog von dannen und die Feuerwehr habe schließlich den Keller leer gepumpt.

So erzählt es Willam. Sie sollte später eine Rechnung im Briefkasten haben, in der die Gartenbaufirma für das Abpumpen unterm Strich rund 10.000 Euro verlangt.

Als Helfer aufgetreten

Ähnlich liegt der Fall bei Nachbarin Öslem Genc, zwei Häuser weiter. Zwar hat sie eine Elementarversicherung und der Gartenbauer hatte Erfolg: Der Keller wurde leergepumpt. Allerdings: „Die Räume waren voll mit Schlamm. Man konnte nicht mehr in den Keller, so verschlammt war das“, kritisiert Genc. Die Versicherung solle nun rund 8600 Euro zahlen. Sie sei darüber mehr als überrascht gewesen, sagt die Hauseigentümerin. „Der Mitarbeiter der Gartenbaufirma hatte gesagt, er unterstütze die Feuerwehr. Aber ich wusste nicht, dass es eine eigenständige Firma war.“

Sie fühlt sich abgezockt, ebenso wie ihre Nachbarin Silke Willam. Sie wendete sich an die Anwaltskanzlei „Reusch, Behrendt und Kollegen“, die bereits mehrere Betroffene aus dem Hagener Stadtgebiet in der Sache vertritt. Auf Anfrage möchte Rechtsanwalt Kilian Behrendt zu dem konkreten Fall keine Auskunft geben. Allgemein ist „Wucher“ ein „sittenwidriges Rechtsgeschäft, das in Paragraph 138 des Bürgerlichen Gesetzbuches ausdrücklich geregelt ist. Zentral sind das Ausnutzen einer Zwangslage und ein auffälliges Missverhältnis zwischen erbrachter Leistung und der dafür geforderten Gegenleistung. „Dieses Missverhältnis wird rechtlich grob beim doppelten des üblich veranschlagten Preises verortet“, so Behrendt. Ob es zum Verfahren kommt, hängt davon ab, ob die Gartenbaufirma weiter auf die Zahlungen pocht.

Gartenbauer: „Wollen nicht abzocken“

Die kritisierte Firma ZF Gartenbau sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. „Wir wollen die Leute nicht abzocken“, sagt Firmenchef Kevin Zenkner. Man sei am Tag der Flut von einem Haushalt in Hohenlimburg angerufen worden und deshalb in der Straße vor Ort gewesen. „Dann haben wir die Nachbarn gefragt, ob wir auch helfen sollen.“ Dass sich seine Mitarbeiter als Helfer der Feuerwehr ausgegeben hätten, diese Darstellung weist er zurück. Alles sei offen mit den einzelnen Betroffenen besprochen worden. Dabei habe man im Vorfeld auch immer gefragt, ob eine Elementarversicherung vorliege, so Zenkner.

Gartenbauer: Preise von Versicherung

Die abgerechneten Preise habe seine Firma nicht selbst angelegt, sondern diese hätten sich an den Angaben eines Versicherers orientiert, die seine Firma im Vorfeld eingeholt habe. Man sei bereit, über die geforderten Preise für das Abpumpen je nach Einzelfall zu sprechen: „Wir lassen da im Nachhinein mit uns reden. Wer spricht, der findet auch eine Lösung.“