Hagen. Der Eichenprozessionsspinner ist ein unauffälliger Schmetterling. Doch die Brennhaare seiner Raupen sind für die Menschen in Hagen gefährlich.

Bei der Bekämpfung der Raupen des Eichenprozessionsspinners schlägt der Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) einen ebenso wirksamen wie bedächtigen Kurs ein. Anstatt Nester und Larven kompromisslos zu vernichten, greifen die Fachleute der Abteilung Verkehrssicherung nur ein, wenn die Tiere ein potenzielles Risiko für die Gesundheit der Bürger darstellen. „Wir wollen die Raupen nicht bekämpfen, sondern gezielt beseitigen, sobald sie zur Gefahr werden“, gibt Nils Böcker, Fachleiter für Verkehrssicherung beim WBH, die Marschrichtung vor.

Der Eichenprozessionsspinner ist ein unauffälliger Nachtschmetterling, den die meisten Menschen kaum jemals zu Gesicht bekommen. Ganz anders verhält es sich mit seinen Larven: Die Raupen bilden Brennhaare aus, die dem Menschen gefährlich werden können.

Anzahl der Tiere nimmt rasant zu

Seit drei Jahren nimmt die Anzahl der Tiere, offenbar begünstigt durch die trockenen, regenarmen Sommer 2019 und 2020, in Hagen rasant zu. Immer öfter werden der Stadt seitdem die gespinstartigen Kokons, in die sich die Raupen tagsüber zurückziehen, gemeldet. „Die Art neigt zur Massenvermehrung“, so Böcker.

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Die Larven leben – der Name legt es nahe – fast nur auf Eichen. Anfang Mai schlüpfen die Raupen aus dem Ei und gehen in großen Gruppen auf Nahrungssuche – daher der zweite Namensteil „Prozessionsspinner“. Sie fressen vor allem Eichenblätter und können laut Bundeslandwirtschaftsministerium erhebliche Schäden bis hin zum Kahlfraß verursachen.

Bis zu 600.000 Brennhaare pro Raupe

Doch die Larven beeinträchtigen auch die Gesundheit des Menschen. Ab dem dritten Larvenstadium (Mai, Juni) bilden sie Brennhaare aus, deren Anzahl mit jeder Häutung zunimmt. „Schließlich sind es pro Raupe ungefähr 600.000“, berichtet Böcker.

Das in den Haaren enthaltene Nesselgift Thaumetopoein dringt leicht in die Haut und Schleimhaut ein, wo es sich mit kleinen Häkchen festsetzt. Hautirritationen, Augenreizungen und Atembeschwerden bis hin zu allergischen Reaktionen sind die Folge. „Jeder Mensch reagiert unterschiedlich“, hat Böcker, dessen Mitarbeiter bei der Beseitigung der Raupen teilweise in Kontakt mit den Härchen gerieten, beobachtet.

Brennhaare werden verkleistert

Während die Raupen den Tag mit Fressen in der Baumkrone verbringen, kriechen sie nachts zum Schutz vor Fressfeinden – wieder wie bei einer Prozession – am Stamm hinab und bilden die Kokons, hinter denen sie sich häuten.

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Doch anstatt wie früher die Gespinste samt Larven und Brennhaaren kompromisslos abzusaugen und in einer aufwendigen Prozedur (mit Terminvergabe und in abschließbaren Plastikfässern) an der Müllverbrennungsanlage abzuliefern, verkleben die WBH-Mitarbeiter die Nester seit neuestem mit einer wasserbasierten Lösung, die von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin als unbedenklich eingestuft wird. Dadurch werden auch die gefährlichen Brennhaare verkleistert und können nicht mehr vom Wind verwirbelt werden.

Ausrottung nicht angemessen

Der WBH interveniert nur dort, wo Menschen von freigesetzten Haaren gefährdet werden könnten. „Die Gefahr ist kontrollierbar“, begründet Böcker das behutsame Vorgehen. Rund 100 Nester haben seine Mitarbeiter in diesem Jahr erst beseitigt.

Beim Eichenprozessionsspinner handele es sich um eine heimische Schmetterlingsart, die vor 200 Jahren erstmals in NRW nachgewiesen wurde. Es sei daher nicht angemessen, so Böcker, der Art bis zur Ausrottung nachzustellen.