Hagen. Jugendliche mit Migrationshintergrund machen Zeitung und lernen die WP kennen: Möglich wird das in einem Workshop in Hagen zum WP-Jubiläum.

Sie haben Träume, sie haben Perspektiven, sie haben feste Vorstellungen von dem, was sie einmal machen wollen. Industriemanagement will Rasim Özkan (17) studieren. Kinderkrankenpfleger möchte Shahir Nasir (22) werden. Und Zina Alekhwan kann sich vorstellen, als Tierärztin zu arbeiten.

Zeitungsreporter, Journalist – dieser Berufswunsch taucht nicht auf. Und genau das ist einer der Ansätze, der diese drei und vier weitere junge Menschen (alle mit Migrationshintergrund) zu einem Workshop ins Pressehaus in Hagen führt. Es geht um einen Austausch, um ein Kennenlernen, darum, mehr darüber zu erfahren, was den jeweils anderen antreibt, was ihn gerade bewegt.

Ein besonderes Projekt im Jubiläumsjahr

WP-Chefredakteur Jost Lübben hatte die Idee zu diesem kleinen, aber besonderen Projekt im Jubiläumsjahr der WP: Jugendliche und junge Erwachsene mit Migrationshintergrund ganz gezielt einzuladen, Barrieren abzubauen, die man aus einer Innensicht heraus vielleicht gar nicht wahrnimmt. Mit dem Ziel, dass auch das WP-Team eines Tages bunter und diverser wird. Denn Redakteure, die einen Migrationshintergrund haben, gibt es bei der WP (wie übrigens bei vielen deutschen Tageszeitungen) kaum. Nicht einmal in einer Stadt wie Hagen, in der zehntausende Menschen leben, die selbst oder deren Vorfahren irgendwann einmal nach Deutschland gezogen sind.

Integrationsworkshop der WP

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    Zina Alekhwan („Ich schreibe selbst gerne Texte, habe heute viel Neues gelernt. Eigentlich würde ich gern Medizin studieren. Aber so genau kann man das nicht planen.“). lebt seit fünf Jahren in der Stadt. Geboren ist sie in Syrien. Heute besucht die 17-Jährige das Albrecht-Dürer-Gymnasium – eine Bildungskarriere wie aus dem Bilderbuch.

    Schülern begegnet immer wieder offener und latenter Rassismus

    Und doch ist nicht alles so perfekt, wie es scheint. Zina, diese fröhliche, diese selbstbewusste junge Frau, trägt ein Kopftuch. Dafür muss sie sich immer wieder rechtfertigen. Auch in der Schule.

    Latenter oder offener Rassismus – das ist eines der vielen Themen, mit denen sich die Jugendlichen immer wieder beschäftigen. Auch in Workshops und im Jugendkulturzentrum Kultopia, die Gandhi Chahine organisiert und betreut.

    Jugendliche berichten – Redakteure hören zu

    Das ist eine der Seiten, die die Teilnehmer am Integrationsworkshop erstellt haben.
    Das ist eine der Seiten, die die Teilnehmer am Integrationsworkshop erstellt haben. © WP | Laura Handke

    Sie tun das auch, weil sie immer wieder mit Rassismus und seinen Auswüchsen konfrontiert werden. So wie einer aus der Gruppe, der ein Hagener Gymnasium besucht, an dem ein Politiker einst unterrichtet hat. Der Mann habe zu einem farbigen Schüler, der an einer weißen Wand lehnte, gesagt, er solle gucken, dass die Tapete sich nicht schwarz verfärbe. Außerdem habe er Flyer und Kugelschreiber einer rechtsgerichteten Partei verteilt.

    Die Teilnehmer erzählen, die Redakteure Laura Handke, die den Workshop organisiert hat, und Marcel Krombusch hören zu. Und umgekehrt – die beiden Reporter, die beide seit etwas über einem Jahr zum WP-Team Hagen gehören, es auf ihre Art jünger und vielfältiger gemacht haben, berichten über ihre Arbeit und darüber, wie man Journalist wird.

    Aus Workshop soll ein Praktikum entstehen

    Gearbeitet aber wird auch. Rasim, Shahir, Derbas, Amir, Zina und Jasmin und Amir schreiben Artikel, layouten mit Mediengestalterin Wiebke Molzahn Zeitungsseiten. „Für uns ist dieser Workshop eine tolle Chance“, sagt Jasmin, die Psychologie studiert, „dadurch bekommen wir einen ganz anderen Zugang zur Zeitung.“ Bei Rasim, der während der Coronazeit eigentlich sein Praktikum bei der WP absolvieren wollte, zeigt dieser Tag Wirkung: „Hier zu sitzen und zu schreiben – das ist genau Ding.“ Er hat eine Perspektive. Industriemanagement – oder doch Journalismus.