Haus Harkorten gehört zu den größten Architekturschätzen der Stadt Hagen. Doch die Hasper Immobilie bedarf dringend der Sanierung.

Es gilt bis heute als der architektonische Schatz von Hagen-Haspe: Haus Harkorten. Wobei der Begriff sich eigentlich schon als Irrtum entpuppt, denn es handelt sich bei der prominenten Immobilie zwischen Spielbrink und Quambusch keineswegs um einen Solitär, sondern ein Gut, also ein Ensemble. Bauherren waren einst Johann Caspar Harkort und seine Gemahlin Louise Catharina Märcker. Sie legten 1756 den Grundstein für eine Bürger- und Kaufmannsimmobilie, die bis heute als beispielgebend für das „Bergische Barock“ gilt.

Die Vergangenheit: Gesellschaftliches Drehkreuz

Um es zu beschreiben, zitiert der Hagener Autor Michael Eckhoff in seinem Buch „Haspe im Wandel der Zeit“ (Ardenku-Verlag) den Gerbermeister Pierre Paillot, der Ende des 18. Jahrhunderts die Tabakmanufaktur im Landhaus Harkorten aufsuchte: „Der Eigentümer zeigte uns seine Garten- und Parkanlagen. Das Bürgerhaus selbst war ein Juwel. Am Ende einer Lindenallee erschien es uns in dem Schimmer seiner Schieferplatten. Von dem blauen Hintergrund hoben sich die eleganten Kurven der weißgerahmten Fenster mit grünen Fensterläden ab. Über der grünen Tür entfaltete das Oberlicht eine weiße Blüte, von der eine Laterne das Herz bildete. Ein Wunder war das Dach mit seinen weichen Linien, das ein zweigeschossiger Giebel durchbrach.“

Die vielen handwerklichen Details machten Haus Harkorten zu einem echten Schatz.
Die vielen handwerklichen Details machten Haus Harkorten zu einem echten Schatz. © WP | Michael Kleinrensing

Doch das sogenannte „Herrenhaus“ – ein verschieferter Fachwerkbau auf Bruchsteinsockel – bildet lediglich den Mittelpunkt des über die Jahrhunderte gewachsenen Ensembles. Wer letztlich Baumeister dieses Entwurfes ist, gilt bislang als ungeklärt. Das Objekt diente einerseits repräsentativen Zwecken, war aber auch stets ein funktional und zweckorientiert ausgerichtetes Kaufmannshaus mit reichlich Lagermöglichkeiten. In der Wendephase zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert entwickelte sich der Familiensitz Harkorten zu einem gesellschaftlichen Drehkreuz für die gesamte Region, wo sich Geistliche, Kaufleute, Vordenker der Aufklärung und Gutsherren trafen und austauschten. Über Generationen galt der Familiensitz als Nukleus der vielschichtigen wirtschaftlichen Aktivitäten der Kaufmanns- und Industriellen-Familie Harkort.

Kaum minder interessant sind als weitere Elemente des Ensembles das inzwischen sanierte und wiederbelebte „Jungfernhaus“ aus dem frühen 18. Jahrhundert sowie eine Scheune (1705). Hinzu kommt das in den 1680er-Jahren in mehreren Abschnitten errichtete „Geburtshaus“ (Ökonomiegebäude mit 800 Quadratmetern Nutzfläche), das diesen Namen trägt, weil dort die Industriepioniere Friedrich und Gustav Harkort ihre ersten Schreie taten. Auch dieses ist inzwischen aufwendig saniert worden und bewohnt. Hinzu kommt noch das aus dem 18. Jahrhundert stammende „Backhaus“, das 2013 abgetragen und auf neuen Fundamenten neu errichtet wurde, allerdings nicht zum offiziellen Denkmalensemble zählt. Dem letzten privaten Eigentümer, ein entfernter Nachfahre der Erbauerfamilie, fehlten letztlich die finanziellen Mittel, um das Objekt zu unterhalten. Leider sind auch die Garten- und Parkanlagen, die bis heute nicht abschließend kulturhistorisch erforscht wurden, inzwischen verwildert.

Die Gegenwart: Kultur-Denkmal des Ruhrgebiets

Eigentümer der denkmalgeschützten Immobilie ist inzwischen der „Verein zur Förderung des Erhalts und der Entwicklung von Haus Harkorten e.V.“, dessen Namensgebung alles zum erbarmungswürdigen Zustand des herrschaftlichen Objektes verrät. Dessen Sprecher, der Jurist und Backhaus-Bewohner Hans Christian Freier, lässt keinen Zweifel, dass die marode Bausubstanz bald kaum mehr zu retten sei, wenn nicht umgehend mit einer Sanierung begonnen werde. Dabei ist Haus Harkorten als Kultur-Denkmal des Ruhrgebiets weiterhin – trotz der Unterstützung von Stadt, Land, NRW-Stiftung und Deutsche Stiftung Denkmalschutz – auf Spenden und Mitgliedsbeiträge der Vereinsmitglieder angewiesen.

Die Sommerserie „Wir schreiben Stadtgeschichte“

Die Stadt Hagen Hagen und unsere Zeitung feiern in diesem Jahr zwei besondere Jubiläen. Hagen wird 275 Jahre alt, während unsere Zeitung 75-jähriges Jubiläum feiert.

Die Sommerserie „Wir schreiben Stadtgeschichte“ beleuchtete in über 40 Folgen Meilensteine der Entwicklung der Stadt Hagen in den vergangenen 275 Jahren und schafft eine Einordnung zur Vergangenheit, der Gegenwart und blickt in die Zukunft.

Neben Expertengesprächen ist die Serie vor allem in Zusammenarbeit mit der Stadt Hagen und dem Fachdienst Wissenschaft, Museen und Archive der Stadt entstanden.

Dabei ist es nicht bloß die Außenhaut, die das Objekt architektonisch so bemerkenswert macht, sondern vor allem das Inventar, das höchste historische Authentizität ausstrahlt, erhaltenswert. Dazu zählen eine Küche aus dem 18. Jahrhundert, Lastenaufzüge, prächtige Zimmerdecken, Kamineinbauten ein Bachlauf durch den Keller, Originaltürbeschläge oder auch ein Safe aus dem frühen 19. Jahrhundert. Teile des Inventars wurden inzwischen ausgelagert, um sie vor dem Zahn der Zeit zu beschützen.

Die Zukunft: Standort für Kulturangebote

Neue Forschungen machen inzwischen den Zeugniswert von Haus Harkorten konkreter fassbar. Dabei wurden architekturhistorische Baudetails, die innovative Wasserwirtschaft und die vielen Materialschichten an der Fassade sowie der Raumoberflächen analysiert.

Diese umfangreiche Bauforschung, so betont Vereinsvorsitzender Hans Christian Freier, eröffnet die Chance, in mehreren Bauphasen eine strukturierte Sanierung des Objektes anzugehen. „Es darf kein weiterer größerer Schaden entstehen“, lässt der Vereinsvorsitzende keinen Zweifel, dass es für eine Sanierung eigentlich schon fünf nach zwölf sei. Daher steht jetzt in einem ersten Bauabschnitt die Sanierung von Dach und Gebälk an. Die dafür erforderliche Sanierung in Höhe von 529.000 Euro ist gesichert. Zudem betont Freier: „Eine intensive Nutzung wird künftig nur im Erdgeschoss möglich sein, weil die statische Tragkraft der Obergeschosse für größere Gruppen gar nicht ausgelegt ist.“ Er sieht daher Haus Harkorten künftig eher als Standort für Kulturangebote, museale Präsentationen oder auch Ambientehochzeiten. „Ziel bleibt es, ein großes Stück Hasper Geschichte zu bewahren.“