Hagen. Die Stadt Hagen startet das mobile Impfen gegen Corona. Auch durch das Impfen in Problemquartieren will man die hohe Inzidenz endlich senken.
Man kann es zwischen Mütze und Maske sehen: Seine Augen strahlen. Nur ein kleiner Piks. Dann tritt er als erster an diesem Tag heraus aus dem Zelt, das die Stadt Hagen aufgestellt hat. „Geben Sie mal her“, sagt er, als ich nach seinem Namen frage und greift nach Block und Stift. Sekunden später wird klar, dass das ein guter Vorschlag ist. Vier Namen. Gestatten: Francisco Rodolfo Salas Vidal – ein Mexikaner, der an der Schwenke lebt. Er ist jetzt gegen Corona geimpft.
Bodelschwinghplatz, Wehringhausen. Vielleicht ist dieser Platz, den die Stadt in den letzten Monaten durch umfangreiche Sanierung aus einem langen Dornröschenschlaf erweckt hat, auch ein symbolischer Ort für einen Aufbruch.
Viele Hagener nutzen das Angebot
Das mobile Impfen hatte in den letzten Tage für Schlagzeilen und teils heftige Diskussionen in sozialen Netzwerken gesorgt.
Die Stadt hatte zunächst kommuniziert, dass sich das Angebot ausschließlich an Rumänen und Bulgaren richte.
Tags darauf indes hieß es, dass es für Menschen aus benachteiligten Quartieren bestimmt sei – völlig gleich welcher Nationalität.
Von diesem Angebot haben auf dem Bodelschwinghplatz zahlreiche Hagener Gebrauch gemacht. Am heutigen Donnerstag macht das Impfmobil von 13 bis 17 Uhr auf dem Marktplatz in Altenhagen Station.
Hier, wo sich in Nachbarschaft die Drogen- und Trinkerszene trifft, wo viele Großfamilien mit südosteuropäischen Wurzeln wohnen, wo der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund hoch ist, der Wohnraum nicht immer komfortabel, dafür aber ausgesprochen günstig, startet das mobile Impfen. Eine weitere Kampagne, die zu einem Aufbruch in eine Zeit werden soll, in der die Hagener durch eine Herdenimmunität geschützt sind und ein Teil ihres normalen Lebens wieder zurückbekommen.
Berechtigtes Angebot
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„Ein solches Impfangebot hat gerade in einer Stadt wie Hagen aus meiner Sicht absolut eine Berechtigung“, sagt Rainer Goldbach, Leiter des Fachbereichs Jugend und Soziales und blickt dabei auch auf die anhaltend hohe Inzidenz. „Es gibt eben bestimmte Bereiche, in denen sich Corona schneller ausbreitet, aber der Zugang auch für uns als Kommune schwierig ist.“ Deshalb sei man bereits im Vorfeld der Aktion in den Quartieren Wehringhausen und Altenhagen – hier macht das Impfmobil heute Station – unterwegs gewesen. „Wir haben Informationszettel in sieben verschiedenen Sprachen verteilt.“
Dass überhaupt beim Land NRW Kontingente für solche Impfprojekte bestellt und abgerufen werden können, habe die Stadt nach Auskunft von Goldbach erst relativ kurzfristig erfahren. „Im Grunde genommen haben wir dann einen ähnlichen Plan wie Köln verfolgt“, so Goldbach mit Blick auf den Stadtteil Chorweiler, in dem deutschlandweit eine der ersten, wenn nicht sogar die erste Impfaktion in einem sozialen Brennpunkt stattgefunden und bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hatte. „Wir werden jetzt zunächst die beiden Termine wie geplant durchführen und dann schauen, ob weitere Kontingente zur Verfügung stehen und überlegen, ob wir das Angebot auf andere Stadtteile ausdehnen.“
Nur eine Impfung nötig
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Zum Auftakt in Wehringhausen ist die Nachfrage nach dem Impfstoff von „Johnson & Johnson“, der den Vorteil hat, dass er nur einmal gespritzt werden muss, groß. Im Zelt, das vor dem Arztmobil, mit dem sonst Mediziner ehrenamtlich vorzugsweise Obdachlose behandeln, aufgebaut ist, ist das Team um Dr. Anjali Scholten, Leiterin des Gesundheitsamtes, im Dauereinsatz. Registrierung, Aufklärung, Spritze, 15 Minuten warten unter der Aufsicht des Deutschen Roten Kreuzes. Alles wie im Impfzentrum – nur in klein und zum Teil im Zelt und unter freiem Himmel.
„Das ist eine gute Sache“, sagt Thorsten Rode, der selbst in Wehringhausen lebt und zum Bodelschwinghplatz gekommen ist. „Ich vertraue dem Impfstoff, der hier verabreicht wird“, so Rode weiter und berichtet von vermeintlichen Impf-Dosen, die auf einem grauen Markt angeboten würden. „Mein Dank geht an die Stadt, auch dafür, dass es plötzlich so schnell gegangen ist. Ich freue mich über dieses Angebot. Und es wäre doch toll, wenn wir alle bald wieder ohne Maske gemeinsam im Stadion stehen und in der Kneipe feiern könnten.“
Geburtstagsgeschenk für den ersten Geimpften
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Feiern würde auch Francisco Rodolfo Salas Vidal gern. Der Mexikaner, der einst der Liebe wegen nach Hagen gekommen ist, heute getrennt lebt, aber Vater dreier „wunderbarer Kinder“ ist. „Ich werde heute, am Tag der Impfung, 57 Jahre alt“, sagt er. „Und die Spritze, sie ist mein schönstes Geschenk.“