Hagen. Das Impfzentrum belegt im Ranking immer Spitzenplätze, aber noch nicht alle Praxen ziehen mit. Hausarzt und Stadt melden sich mit Appell zu Wort.

Mehr als 33 Prozent der Hagener Bürgerinnen und Bürger haben mittlerweile ihre erste Impfdosis erhalten – ein absoluter Spitzenwert, der deutlich über dem Bundesschnitt liegt. Probleme gibt es dennoch: In den vergangenen Wochen sind viele Impfdosen an Hagen vorbeigezogen. „Die Impfungen in den niedergelassenen Praxen sind zunächst nicht so angelaufen, wie wir uns das erhofft haben“, erklärt Volker Bald, bei der Stadt Hagen zuständig für die Impfkampagne.

Hagen belegte zuletzt – nur mit Blick auf die Impfungen in den Praxen – einen der hinteren Plätze. „Man muss dazu sagen: Das Ganze läuft ja erst seit wenigen Wochen, in vielen Praxen herrschte zunächst Unsicherheit darüber, wie der genaue Ablauf aussieht. Wir gehen jetzt davon aus, dass die Impfzahl bei den Hausärzten in den nächsten Wochen stark steigen wird.“

Auch ein Hagener Hausarzt will sich für das Thema stark machen: „Wir schaffen das nur alle gemeinsam, wir müssen an einem Strang ziehen“, sagt Dr. Dirk Böckenförde, der eine Praxis in Hohenlimburg betreibt.

Vakzin wird umverteilt

Nicht alle niedergelassenen Praxen in Hagen haben sich mit Start der Hausärzte-Impfkampagne gemeldet und Vakzin bestellt. Die genauen Zahlen für Hagen aber sind unbekannt: „In Hagen sind insgesamt 119 Hausärzte niedergelassen. Derzeit bieten knapp 90 Prozent der niedergelassenen Hausärzte in Westfalen-Lippe ihren Patienten eine Corona-Schutzimpfung an. Eine regional kleinteiligere Auswertung ist leider nicht möglich“, sagt Heike Achtermann von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). Dabei kann die Beteiligung in den einzelnen Städten jeweils höher oder niedriger ausfallen. Ergänzend zu den Hausärzten bieten laut Achtermann zusätzlich etwa 18 Prozent der niedergelassenen Fachärzte Corona-Impfungen in ihren Praxen an.

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Meldet sich eine Praxis nicht, bedeutet das im Umkehrzug aber nicht, dass die wegfallenden Dosen in Hagen auf die impfenden Praxen verteilt werden. Vielmehr ziehen diese Veils an Hagen vorbei. „Das ist natürlich schade“, will Volker Bald betonen, dass man sich in Hagen schon das Ziel gesetzt hat, beim Impffortschritt Vorreiter zu sein und immer auf den vordersten Plätzen mitzuspielen. „Es geht dabei keinesfalls um Konkurrenzdenken. Aber: Jede Impfung bringt uns ein Stück weiter zurück zur Normalität, da hat man natürlich den Anspruch, schnell und gut voranzukommen.“

Treiber in der Pandemiebekämpfung

Volker Bald gibt auch einen Einblick in die Verteilung des Vakzins: Zwischen Impfzentrum und den niedergelassenen Praxen gibt es einen entscheidenden Unterschied. „Das Impfzentrum bekommt jede Woche die verfügbare Menge vom Land gemeldet, bestellt und wird direkt beliefert.“ Bei den niedergelassenen Ärzten wiederum – das können neben Hausärzten auch Facharztpraxen, zum Beispiel Gynäkologen sein – melden die Ärzte ihre Bestellung an die Apotheken. Diese wiederum beziehen den Impfstoff vom pharmazeutischen Großhandel.

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„Wir können jede Woche unsere Bestellung aufgeben“, gibt Dr. Dirk Böckenförde Einblicke in den Praxis-Alltag. Nach den Meldungen durch die Praxen- wird der verfügbare Impfstoff gerecht verteilt.

Geimpft wird in Böckenfördes Praxis immer mittwochs, nach dem eigentlichen Feierabend. Zuletzt schaffte sein Team 120 Impfungen an einem Tag – und fährt zusätzlich auch zu Hausbesuchen raus und impft Patienten in ihren eigenen vier Wänden. „Es ist schon ein organisatorischer und bürokratischer Aufwand“, räumt der Hohenlimburger Hausarzt ein. „Wir müssen die berechtigten Patienten kontaktieren, Termine vereinbaren, uns um die Abwicklung kümmern, dazu kommt das Impfen selbst, auch mit den mobilen Teams. Das alles läuft natürlich neben dem normalen Praxisbetrieb.“ Oft komme es auch zu doppeltem Aufwand, da Patienten, die impfberechtigt sind und von den Praxen kontaktiert werden, bereits im Impfzentrum waren.

Allen Herausforderungen zum Trotz: Im Vordergrund stehe für ihn, und für viele andere Kollegen auch, die Motivation, ein Treiber in der Bekämpfung der Pandemie zu sein: „Das Impfen ist unser Tagesgeschäft. Daher war es richtig und wichtig, die Praxen mit ins Boot zu holen“, findet er.

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Böckenförde wünsche sich, dass jetzt alle Kollegen mitziehen: „Das bekommt noch mal eine besondere Bedeutung, wenn die Priorisierungsgruppen tatsächlich aufgelöst werden“, will Böckenförde betonen, dass es hilfreich ist, wenn sich die Arbeit und die vielen Termine dann auch auf mehrere Schultern verteilen. Zumal auch das Impfzentrum ein „Ablaufdatum“ hat.

„Es ist natürlich von der Entwicklung abhängig. Aber grundsätzlich ist vorgesehen, dass das Impfzentrum mit Ende der Sommerferien schließt“, so Bald. Bis dahin wolle man bereits eine breite Immunisierung der Bevölkerung erreicht haben und einen großen Schritt weiter voran sein. „Und das geht eben nur, wenn ein Großteil der Bevölkerung geimpft ist. Es ist jetzt unser aller Einsatz gefragt“, appelliert Dirk Böckenförde, der auch noch einmal betonen will, wie wichtig es dann sei, Betriebsärzte mit ins Boot zu holen: „Das ist eine Riesenchance.“