Hohenlimburg. Auf dem Stoppelberg in Hagen hat die Stadt dem Investor SL Windenergie den Bau von zwei Windrädern genehmigt. An der Genehmigung gibt es Zweifel.

Muss die Stadt Hagen den am 24. März 2021 dem Investor SL Windenergie erteilten Genehmigungsbescheid zur Errichtung von zwei Windenergieanlagen am Stoppelberg wieder zurücknehmen, weil dieser Genehmigungsbescheid rechtswidrig ist? Ausgeschlossen ist das nicht, denn die Verwaltung hat es im Genehmigungsverfahren offenkundig versäumt, das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) einzuschalten. Das wäre jedoch erforderlich gewesen, weil die von der Stadt genehmigten Windenergieanlagen vom Typ Enercon E 138 EP 3 im Anlagenschutzbereich der „Radarantenne Lüdenscheid“ liegen. Diese steht am Großendrescheid zwischen Lüdenscheid-Nord und Wiblingwerde.

„Das BAF hat in der vergangenen Woche aufgrund der Presseanfrage erfahren, dass die Stadt Hagen im Anlagenschutzbereich rund um die Radarantenne Windkraftanlagen plant“, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. „Das BAF hatte bislang jedoch noch keine offizielle Kenntnis von den geplanten Anlagen und deshalb erst jetzt die Prüfung des Vorhabens nach Paragraf 18a des Luftverkehrsgesetzes angestoßen. Erst wenn diese Prüfung abgeschlossen ist, können wir zum Vorgang etwas sagen.“

Gutachten der Deutschen Flugsicherung angefordert

Investor will weiteres Projekt in Hagen umsetzen

Parallel zu den Anlagen am Stoppelberg plant SL Windenergie zwei neue Windräder auf dem Rafflenbeuler Kopf oberhalb der Selbecke zu bauen.

Auch für diese Projekte liegt eine Genehmigung vor. Bürger wollen dagegen klagen.

Das Bundesaufsichtsamt fordert nun eine gutachterliche Stellungnahme von der Deutschen Flugsicherung ein, ob die rund 230 Meter hohen Windenergieanlagen auf einer Höhe von 400 Metern die Flugsicherungsanlage (Radarantenne Lüdenscheid) bautechnisch stört – oder nicht. Stört ein Bauwerk, kann dessen Bau nicht genehmigt werden – oder muss so verändert werden, dass Störungen ausbleiben. „Bei der Genehmigung spielen somit auch die Höhe der Anlagen sowie die Anzahl der bereits vorhandenen eine Rolle“, so das BAF.

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Um Störungen auszuschließen, hat die Bundesbehörde einen Anlagenschutzbereich für diese geschaffen. Dieser wurde 2009 von drei Kilometern auf 15 Kilometer ausgeweitet. Die zwei genehmigten und die zwei weiteren geplanten Anlagen liegen rund 8,5 Kilometer entfernt in der Nähe von Brechtefeld in Richtung Nahmer und Wesselbachtal. Damit unter anderem Kommunen eigenständig und schnell überprüfen können, ob geplante Anlagen in einem Anlagenschutzbereich liegen, hat das BAF auf seiner Webseite (www.baf.bund.de) eine interaktive Karte eingerichtet. Auf dieser ist es bundesweit unproblematisch zu erkennen, ob geplante Windräder in einem Anlagenschutzbereich liegen und deshalb das BAF eingeschaltet werden muss.

Hinweis der Bezirksregierung Münster an Stadt

In einem Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen ist aber auch eine Stellungnahme der Landesluftfahrtbehörde (RP Münster) maßgeblich. Diese teilte der Stadt am 8. Dezember 2020 mit, dass es aus luftrechtlichen Gründen keine Bedenken gegen die geplanten Windräder gebe. Dabei bezieht sich die Landesluftfahrtbehörde auf die Deutsche Flugsicherung, die in einem solchen Verfahren von der Landesluftfahrtbehörde ebenfalls angehört werden muss. Und zwar zu luftrechtlichen Aspekten.

„Die Stadt Hagen ist von unserer Behörde aber auch darauf hingewiesen worden, dass auch das Bundesamt für Flugsicherung in diesem Verfahren beteiligt werden muss. Diese Beteiligung ist möglicherweise unterblieben“, so eine Sprecherin des RP Münster. Die Landesluftfahrtbehörde hätte ebenfalls das BAF einschalten können, tat es aber auch nicht.

Mangel kann „geheilt“ werden

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Und wie beurteilen Juristen diesen offenkundigen Fauxpas? „Die unterbliebene Einholung der Stellungnahme durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung wird nicht zur Unwirksamkeit der Genehmigung führen. Dieser Mangel könnte nachträglich noch geheilt werden. Sollte jedoch ein materiellrechtlicher Fehler vorliegen, also das BAF zu dem Ergebnis kommen, dass die Radarantenne Lüdenscheid durch die Anlagen beeinträchtigt wird und die Anlagen deshalb von der Stadt nicht hätten genehmigt werden dürfen, wäre die Genehmigung offensichtlich rechtswidrig und der Genehmigungsbescheid zurückzunehmen“, sagt Rechtsanwalt Florian Tietmeyer aus der Kanzlei Kaldewei.

Die Stadt verweist darauf, dass die Bezirksregierung Münster als zuständige Luftfahrtbehörde im Genehmigungsverfahren beteiligt worden sei. „Als solche ist sie verpflichtet, das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung zu unterrichten, wenn sie von der Planung von Bauwerken innerhalb von potenziellen Störbereichen für Flugsicherungseinrichtungen Kenntnis erhält – beispielsweise aufgrund von Genehmigungsanträgen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz“, so Stadtsprecherin Franziska Michels. Eine direkte Beteiligung des BAF durch die Stadt sei somit rechtlich nicht vorgesehen.