Hagen. Immer mehr Bürger ärgern sich über Missachtung der Maskenpflicht am und um den Bahnhof Hagen. Wie die Stadt und die Polizei vorgehen.
Sie fallen auf. Weil sie dieser Tage eng beisammen stehen, weil sie keine Maske tragen. Einer hält einen Kaffeebecher in der Hand, an dem er sich lange Minuten aufzuhalten scheint, die anderen eine Zigarette. Bahnhofstraße/Ecke Graf-von-Galen-Ring: Hier gilt Maskenpflicht. Zumindest einige scheint das auf dem kleinen Platz, der zu einem beliebten Treffpunkt geworden ist, nicht zu interessieren.
Diese Szenerie lässt sich täglich beobachten. Und parallel ist die Inzidenz auf ein Niveau weit jenseits der 200er-Grenze gestiegen. Also macht sich Wut breit. Wut von ganz normalen Menschen. Menschen, die eigentlich eher zurückhaltend sind, die nicht unbedingt im Licht der Öffentlichkeit stehen, denen es jetzt aber einfach reicht, weil die Coronamaßnahmen sie seit Wochen, seit Monaten einschränken.
Das sagen die Bürger
Zum Essen, Trinken, Rauchen darf die Maske ab
Die Polizei hat (Stand 21. April) bisher 71Verstöße gegen die Ausgangssperre festgestellt.
Im gesamten Zeitraum, in der die Maskenpflicht bisher galt, wurden mit Stand 11. April laut Stadt insgesamt 3145 Kontrollen durchgeführt.
Dabei wurden 2088 Personen festgestellt, die sich nicht in der geforderten Art und Weise an die Tragepflicht hielten, wovon in 833 eindeutigen Fällen eine Anzeige gefertigt wurde.
Zum Essen, Trinken und Rauchen darf die Corona-Schutzmaske auch in Bereichen abgenommen werden, in denen eigentlich eine Maskenpflicht gilt.
Allerdings darf man sich beim Essen, Trinken oder Rauchen nicht bewegen. Außerdem muss natürlich der Mindestabstand eingehalten werden.
„Von der Maskenpflicht ist kaum eine Spur erkennbar“, sagt Karin Heicappell mit Blick auf den Bahnhofsvorplatz. „Gerade Hagen vermeldet hohe Inzidenzwerte und steht seit Wochen auf den Podestplätzen. Ich frage mich, wie denn die Bekämpfung der Pandemie erfolgreich enden soll und halte verzweifelt Ausschau nach Mitarbeitern des Ordnungsamtes.“
Eine Einschätzung, die auch Jochen Weber teilt. Der ehemalige Oberbürgermeister-Kandidat und Ex-Fraktionsvorsitzende der SPD hat sich aus der Politik zurückgezogen. Beim Blick auf das Bahnhofsquartier sprudelt es aber noch einmal aus ihm heraus: „Das scheint ein rechtsfreier Raum zu sein“, sagt der Hasper. „Und das macht Menschen, die sich brav an alle Regeln halten, einfach stinksauer. Es gibt in der Verwaltung reichlich Mitarbeiter, die im Außendienst tätig sind. Aus meiner Sicht müsste man in dieser Phase umverteilen und diese mit den Ordnungshütern auf die Straße schicken.“
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Deutlich wird auch Marion Thewes, die immer wieder das Treiben in der Gegend beobachtet und fotografiert hat: „Innerhalb von fünf Minuten im Umkreis von 200 Metern habe ich 29 Menschen ohne Maske angetroffen. Und es völlig überflüssig zu erwähnen, dass all diese Menschen ausländische Wurzeln haben. Jeder weiß es, aber keiner traut sich, es auszusprechen – aus Angst, gleich als ausländerfeindlich und Nazi abgestempelt zu werden.“
Ähnliches hat Birgit Auerswald beobachtet, als sie nachmittags über den Graf-von-Galen-Ring gefahren ist: „Da hatten wohl alle Cafés geöffnet, denn es befanden sich Menschentrauben vor den entsprechenden Türen. Alles junge Männer und ohne Masken. Ich dachte, am Bahnhof würde besonders genau kontrolliert?“
Das sagen die Anrainer
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„Man merkt schon, dass sich die Menschen in den ersten Tagen der Maskenpflicht sehr streng daran gehalten haben“, sagt Immehan Özdemir, die als PTA in der Apotheke direkt am Graf-von-Galen-Ring arbeitet und aus dem Fenster heraus einen direkten Blick auf den Fußgängerüberweg hat. Das habe nachgelassen. „Viele essen, viele rauchen – und haben dann natürlich keine Maske mehr auf.“
Auch Mikail Isik beobachtet das Treiben vor der Tür seines Schlüsseldienstes täglich: „Es sind vor allem rumänische Mitbürger, die vorne an der Ecke stehen und sich nicht um die Maskenpflicht kümmern“, sagt er, „die allermeisten, die hier unterwegs sind, halten sich an die Corona-Vorgaben. In den islamischen Gemeinden weisen wir immer wieder darauf hin, wie wichtig es ist, sich und andere zu schützen. Mein Eindruck ist: Das fruchtet.“
Das sagt die Stadt
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Auch die Stadt Hagen sieht eine positive Entwicklung in der Zone. „Sowohl nach Einführung der Maskenpflicht im Oktober/November 2020 als auch zuletzt wieder im Februar 2021 konnte die Quote der Verstöße von anfangs jeweils 50 Prozent auf 10 Prozent reduziert werden“, sagt Stadtsprecher Michael Kaub. „Gut 90 Prozent der Passanten kommen der Maskenpflicht nach.“ In der ersten Woche nach Einführung der Maskenpflicht seien die Betroffenen zunächst aufgeklärt und mündlich verwarnt worden. Jetzt würden Ordnungswidrigkeitenanzeigen vorgelegt. Bußgeld: 50 Euro.
Laut Auskunft der Stadt Hagen wird der Bereich Bahnhof täglich dauerhaft zwischen 10 und 19 Uhr durch vier Mitarbeiter überwacht. „Unterstützt werden diese durch einen externen Sicherheitsdienst“, so Kaub weiter. Darüber hinaus fänden in den späten Abendbereichen temporäre Kontrollen statt. Die drei Außendienste (Stadtordnungsdienst, Überwachungskräfte für den ruhenden Verkehr sowie Waste-Watcher) seien für die Überwachung zusammengezogen. Rund 40 Außendienstmitarbeiter und acht externe Sicherheitsmitarbeiter würden für die Kontrollen eingesetzt.
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Und die wiederum sind deutlich aggressiveren Reaktionen ausgesetzt als noch im ersten Lockdown vor einem Jahr. „Oft weigern sich Betroffene einer Ordnungswidrigkeit, ihre Personalien anzugeben und sich auszuweisen“, so Michael Kaub. „Dabei ist jede Person hierzu verpflichtet, sofern gegen diese der Verdacht einer Ordnungswidrigkeit besteht.“ Die Verweigerung stelle für sich genommen wiederum eine Ordnungswidrigkeit dar.
Das sagt die Polizei
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Den Bahnhofsbereich hat auch die Hagener Polizei zu einem Schwerpunkt auserkoren. Mit Erfolg, wie Polizeisprecher Tino Schäfer anhand von Zahlen belegt: „Im ersten Quartal dieses Jahre hat sich die Straßenkriminalität deutlich reduziert. Mit 150 geahndeten Fällen liegen die Rauschgiftverstöße deutlich höher. Das wiederum ist auf den verschärften Kontrolldruck zurückzuführen.“ Sowohl in Zivil als auch in Uniform seien Polizisten im Viertel im Einsatz.