Ischeland. Grüne Becken, stillgelegte Saunen und Technik, die trotzdem laufen muss. Wie es im Westfalenbad aussieht, wenn sechs Monate keine Gäste kommen.

Das Wasser im Solebecken erinnert eher an Talsperre als an Wellnessoase. Tiefgrün und algig. Eher was für Fische derzeit als für Badegäste, die Sole inhalieren wollen. Der Whirlpool im Spaßbad ist leer. Der Kinderbereich, wo man sonst kaum ein Wort versteht: abgelassen und verwaist. Ein Saug-Roboter schnorchelt einsam durch Sport- und Spaßbecken, in denen tatsächlich noch Wasser steht. Und das Naturbad draußen im Saunabereich sieht im aktuellen Zustand eher wie diese grünen Becken aus, die man irgendwann in den Nachkriegsjahren in den Zoos eingebaut hat und in denen Robben oder Eisbären schwimmen. Seit Anfang November war kein Gast mehr in Hagens Stolz-Produkt, dem Westfalenbad, wo sich sonst eine halbe Million Menschen jährlich vergnügen und über 100.000 in die Saunalandschaft strömen.

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Das Solebecken: aktuell grün und algig.
Das Solebecken: aktuell grün und algig. © Michael Kleinrensing

Der textliche Einstieg in diesen Rundgang durch den Hagener Bade-Tempel, der Magnet-Wirkung bis ins Sauerland und Ruhrgebiet hat, mag den Eindruck erwecken, als würde sich die Natur das Bad zurückholen. Oberflächlich betrachtet ist das auch so. Viele der Maßnahmen dienen aber dazu, das Bad zu schützen. Dass ein Solebecken irgendwann grün wird, wenn der Betrieb nicht weitergeht, ist ganz normal. Die im Wasser treibenden Kanister dienen als Druckschutz, damit das entstehende Eis bei den tiefen Temperaturen vor einigen Wochen nicht die Beckenwände zerdrückt. „Sobald wir wieder starten können, verwandeln wir so ein Becken sofort wieder in einen schönen Solebereich“, sagt Hagens-Bäderchef Thomas Maag.

Im Sportbecken, Sprungbecken und im Freizeitbereich hat man das Wasser stehen lassen. „Da haben wir die Befürchtungen gehabt, dass die Fugen sonst Risse davontragen könnten, wenn die Becken trocken liegen“, sagt Maag.

Ohnehin muss das hochmoderne Technik-Labyrinth unter dem Westfalenbad weiterlaufen, auch wenn keine Gäste kommen. Die Pumpen machen weiter, wenn auch nicht unter Volllast, ihren Job. Für gewöhnlich muss täglich eine Menge von 30 Litern Frischwasser pro Besucher pro Tag in das Bad gepumpt werden. Dieser Schritt entfällt in einer Zeit, in der gar kein Gast das Bad betritt.

Im Sportbecken trainieren wöchentlich für gewöhnlich Hunderte Athleten und auch Schulklassen haben hier Schwimmunterricht.
Im Sportbecken trainieren wöchentlich für gewöhnlich Hunderte Athleten und auch Schulklassen haben hier Schwimmunterricht. © WP | Michael Kleinrensing
Eine Auszubildende erneuert die Schilder, auf denen die Schranknummern zu lesen sind.
Eine Auszubildende erneuert die Schilder, auf denen die Schranknummern zu lesen sind. © WP | Michael Kleinrensing

Es herrscht eine bedächtige Stille. spiegelglatte Wasseroberflächen, draußen dreht ein Kollege Runden auf dem Aufsitzrasenmäher. „Das ist beispielsweise eine Arbeit, die wir sonst immer fremdvergeben haben“, erklärt Thomas Maag, dass derlei Aufgaben aktuell von Hagenbad-Mitarbeitern erledigt werden, bei denen durch die coronabedingte Badschließung zeitliche Kapazitäten vorhanden sind.

Abgesperrt: Im Parkhaus kommt es aktuell regelmäßig zu Vandalismusschäden.
Abgesperrt: Im Parkhaus kommt es aktuell regelmäßig zu Vandalismusschäden. © WP | Michael Kleinrensing

Knapp über 70 Mitarbeiter arbeiten für Hagenbad, der Großteil befindet sich in Kurzarbeit. Durch tarifliche Vereinbarungen und Aufstockungen ist gesichert, dass das gewohnte Lohnniveau der Kollegen bis zu 90 Prozent erreicht wird. Bei einem Arbeitsausfall mit Lohnausfall von mindestens 50 Prozent werden in anderen Bereichen für gewöhnlich ebenfalls ab dem vierten Monat 70 Prozent (77 Prozent mit Kinderfreibetrag) und ab dem siebten Monat 80 Prozent (87 Prozent mit Kinderfreibetrag) ausgezahlt.

Das Nichtschwimmerbecken hat man abgelassen.
Das Nichtschwimmerbecken hat man abgelassen. © WP | Michael Kleinrensing
Das Naturbecken im Saunabereich wird aktuell gereinigt.
Das Naturbecken im Saunabereich wird aktuell gereinigt. © WP | Michael Kleinrensing

Ein schwieriger Spagat

Am Tag unseres Rundganges halten drei Azubis Teile des Bades in Schuss. Das Naturbecken im Saunabereich wird mit spezieller Lösung händisch gereinigt. Die Saunen müssen im regelmäßigen Wechsel angeschaltet werden, weil sich bei Stillstand Feuchtigkeit im Inneren bildet. Die Schilf-Bepflanzungen wurden zurückgeschnitten, im Ruheraum nutzt man die Pause, um Renovierungsarbeiten vorzunehmen.

Die Saunen müssen regelmäßig angestellt werden, weil sich sonst zu viel Feuchtigkeit im Inneren bildet.
Die Saunen müssen regelmäßig angestellt werden, weil sich sonst zu viel Feuchtigkeit im Inneren bildet. © WP | Michael Kleinrensing
Still und ruhig ist es aktuell im Freizeitbereich des Bades. Der Whirlpool ist leer.
Still und ruhig ist es aktuell im Freizeitbereich des Bades. Der Whirlpool ist leer. © WP | Michael Kleinrensing

„Eigentlich wäre eine zwischenzeitliche Schließung ja eine Gelegenheit, um größere Maßnahmen vorzunehmen. Coronabedingt ist das aber nicht möglich“, sagt Maag und verweist auch darauf, dass es überhaupt keinen Öffnungshorizont gibt. Man muss entweder schnell bereit sein, wieder zu öffnen oder noch länger im Wartestand verharren. So lässt sich aber kein Projekt, keine Neuerung planen. Das wäre unseriös.

„Ich habe schon Hoffnung, dass es so etwas wie eine Badesaison gibt“, sagt Thomas Maag. Man habe ja im Vorjahr auch schon Erfahrungen mit Schutzkonzepten sammeln können, die jetzt wieder zum Tragen kommen könnten. „Es wäre einfach schön, wenn die Hagener wieder etwas von diesem tollen Bad hätten“, so Maag.

In einem der Ruheräume des Saunabereiches nutzt man die Schließung für kleinere Renovierungsarbeiten.
In einem der Ruheräume des Saunabereiches nutzt man die Schließung für kleinere Renovierungsarbeiten. © WP | Michael Kleinrensing