Hagen. Sieben Jahre – eine Brücke: Arno Krähahn aus Hagen hat die Baustelle auf der A 45 hautnah miterlebt. Und sich zum Querverschub Urlaub genommen.

Sieben Jahre lang ist er zweimal am Tag durch die Baustelle gefahren. Sieben Jahre lang hat er seine Frau beim Abendessen über die Fortschritte des Brückenbaus informiert. Sieben Jahre lang hat er geguckt, gestaunt und geschwärmt: Arno Krähahn (60) aus Hagen ist der größte Fan der Lennetalbrücke. „Ich habe die Bauarbeiten vom ersten Spatenstich an verfolgt“, sagt er: „Seit sieben Jahren begleitet mich diese Baustelle. Es ist faszinierend.“

Beim Querverschub am Freitag war Krähahn natürlich auch vor Ort. Von der Dolomitstraße unterhalb der riesigen Brücke verfolgte er gebannt, wie sich die Brückenhälften einander näherten.

Krähahn hatte sich extra einen Tag Urlaub genommen, um diesen in seinen Dimensionen bislang einmaligen Vorgang in Deutschland live mitverfolgen zu können. „Die eigentliche Bewegung der Brücke sieht man nicht“, beschrieb er das Geschehen: „Aber wenn man sich einen Referenzpunkt sucht, erkennt man, wie sich die Position der Brückenhälfte mit der Zeit verändert.“

Brücke stößt Schraube um

Krähahn bekam sogar mit, wie das langsamer als eine Schnecke dahinkriechende Bauwerk eine kleine Schraube, die ein Ingenieur zur Beweisführung auf einem Pfeiler platziert hatte, umstieß.

Krähahn beobachtete den Verschub zusammen mit einer ganzen Reihe weiterer Zuschauer von der Dolomitstraße aus. Einen komfortableren Standort hatte das Corona-Virus den Menschen in Hagen verhagelt. „Wegen der Pandemie konnten wir keine Zuschauer-Flächen ausweisen“, bedauerte Susanne Schlenga von der federführenden Autobahn GmbH des Bundes, dass offiziell beim Verschub kein Publikum zugelassen war.

Sieben Jahre sind eine lange Zeit. Arno Krähahn ist Personalleiter einer mittelständischen Firma in Gelsenkirchen, seine Fahrtstrecke führt zwangsläufig über die Lennetalbrücke. Selbst wenn der Verkehr dort stockte, nahm er bewusst keinen anderen Weg.

Faszinierende Großbaustelle

Und an den Wochenenden ging er mit seiner Frau an der Lenne spazieren, um sich die Baufortschritte und all das schwere Gerät, das auf der Baustelle versammelt war, aus der Nähe anzuschauen. „Es war so faszinierend, all die Kräne zu sehen, die Schweißer, die in Zelten in den Taktkellern arbeiteten, die Pfeiler, die aus dem Boden emporwuchsen.“

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Deutsche Ingenieurskunst im besten Sinne stelle dieses Projekt dar, findet Krähahn: „Hier vereinigen sich Gigantismus und filigrane Technik.“ Aber auch regelwidriges Verhalten erlebte Krähahn auf seinen Fahrten mit, etwa wenn ein Autofahrer die den Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr vorbehaltene Rettungsspur zum Überholen missbrauchte und es ihm gleich darauf andere nachtaten: „Das ist der menschliche Herdentrieb.“

Verständnis für Verzögerung

Dass der Querverschub mit einer Verzögerung von drei Jahren über die Bühne ging und die Lennetalbrücke letztlich 179 statt der ursprünglich veranschlagten 115 Millionen Euro kosten wird, ist für Krähahn kein Anlass zur Kritik: „Im Gegenteil, dafür habe ich Verständnis. Es ist ja doch ein riesiger Aufwand, der hier betrieben werden muss. Und die Ingenieure wollen sicher hundertprozentige Arbeit abliefern statt irgendwelchen Pfusch zu riskieren, nur weil ihnen die Zeit im Nacken sitzt.“

Verglichen mit dem Flughafen Berlin-Brandenburg, meint Krähahn, sei der Neubau der Lennetalbrücke doch zügig vonstatten gegangen.