Hagen. Es ist eine besondere Verbindung, die der Hagener Torsten Theiler zum Dalai Lama hat. Der Buddhismus hat sein Leben komplett verändert.
Was sagen, was fragen, wenn es soweit ist? Was bespricht man, wenn man einen der bekanntesten geistlichen Führer der Welt persönlich und allein treffen darf? Für Torsten Theiler war klar, was er vom Dalai Lama wissen wollte, als dieser ihn, Torsten Theiler aus Hagen, ganz persönlich sehen wollte. Jahrelang trieb ihn um, ob er, der zwischen Business und Spiritualität stand, sich einer dieser Seiten ganz entscheidend zuwenden sollte. Für den Dalai Lama lag die Antwort an jenem Dezembertag in einem indischen Nonnenkloster auf der Hand.
„Ich fühlte, dass mich da irgendwas hinzieht“, sagt Theiler
Als Torsten Theiler 13 Jahre alt war, drückten ihn viele Fragen. Eine darunter war, ob er schon mal gelebt hatte. „Ich bin meiner Mutter damit ziemlich auf die Nerven gegangen“, erinnert er sich 36 Jahre zurück. Bei einem Berlin-Besuch kreuzte ein Umzug der Hare-Krishna-Bewegung ihren Weg. „Ich fühlte, dass mich da irgendwas hinzieht“, sagt Theiler.
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Er las, er debattierte, er studierte, er tauchte ein in die Lehren des Buddhismus. Einmal im Jahr zog er sich fortan in ein Kloster zurück. Zum Schweigen. Er erlernte die Zen-Methode. Viele Jahre zog er neben seinem weltlichen Leben auf diese Weise eine buddhistische Lebens-Parallelität hoch.
Immer wieder stieß er in seinem Job auf Oberflächlichkeiten
„Im wahren Leben war ich im Vertrieb tätig bei einer Firma, die Möbel verkaufte“, sagt er. Theiler war gut in seinem Job, machte Hunderttausende Euro Umsatz. Doch immer wieder stieß er auch auf Oberflächlichkeiten, auf Plakatives, wie er sagt.
Theiler strebte durch sein buddhistisches Studium und inspiriert durch eine Begegnung mit dem Lama, einem tibetischen Priester, bei einer Veranstaltung 1998 in Lüneburg nach mehr Achtsamkeit, mehr Klarheit. „Ich spürte dort tiefe Verbundenheit. Eine Güte, es war wie ein Ankommen.“
Ihm ging es darum, wie man trotz Business mit den Menschen als Menschen umgeht
Mittlerweile war Theiler Geschäftsführer einer 120-Mann-Firma geworden. Er verstand seinen Job. „Aber ich verstand nicht, wie man mit Menschen umgeht“, sagt Theiler. Und damit meint er nicht das, was im Allgemeinen heute über Mitarbeiterführung gelehrt wird von eben jenen Menschen, die er als oberflächlich und plakativ empfand. Ihm ging es darum, wie man trotz Business mit den Menschen als Menschen umgeht.
Zwischen beiden Herangehensweisen liegt für ihn ein Unterschied so groß wie Tibet in der Höhe liegt. „Für mich war vieles, was der Buddhismus in dieser Richtung anbot, ganz logisch. Das meine ich nicht religiös, sondern zwischenmenschlich. Mir ging es um Seelenverwandtschaften, Achtung und die innere Lust darauf, mit Menschen in Kontakt zu treten.“
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In einer Rückführung spricht ein befreundeter Osteopath plötzlich Japanisch
Parallel baute Theiler eine Freundschaft zu einem Osteopathen auf, der wiederum später eine sogenannte Rückführung machte, bei der man unter Hypnose in vergangene Leben zurückgeführt werden soll. „Er hatte sich dabei filmen lassen und sprach in der Rückführung Japanisch. Wir haben diese Sequenz später bei der Uni Tokio untersuchen lassen und es stellte sich heraus, dass es sich um altes Japanisch aus einer speziellen Bergregion handelte. Mein Freund war dort nie zuvor in diesem Leben gewesen.“
Im weltlichen Leben erfährt Theiler zu dieser Zeit weitere Schlüsselmomente. In seiner Firma diskutiert der Chef mit den Angestellten darüber, dass auf Weihnachts- und Urlaubsgeld verzichtet werden müsse, um die kriselnde Firma zu retten. Das Team zeigt sich loyal, geht den Schritt mit. „Als ich nach dem darauffolgenden Wochenende wieder in die Firma komme, steht ein nagelneuer Luxus-Wagen auf dem Parkplatz des Chefs“, erinnert sich Theiler.
Dies war der Moment, in dem Torsten Theiler entschied, sich selbstständig zu machen
Als er den Vorgesetzten darauf anspricht, erwidert dieser nur: „Ich habe alle Mitarbeiter nach dem Verzicht gefragt. Und ich habe das Gefühl, Sie gönnen mir das nicht, Herr Theiler.“ Es war der Moment, in dem der Hagener entschied, sich selbstständig zu machen.
Seine Ehe zerbricht. Er wird alleinerziehender Vater zweier Kinder und ist Gründer einer neuen Firma, einem Planungsbüro. Er kann nicht schlafen, weiß nicht, wie es weitergeht. Was ihm hilft, ist der Buddhismus. „Ich will damit niemanden bekehren, das ist überhaupt nicht meine Absicht. Aber ich habe darin so viele Antworten gefunden und so viel Hilfe und Kraft für mein Leben“, sagt Theiler.
Ende 2019 ändert sich dann Theilers Verhältnis zum Dalai Lama
Mehrfach begegnet Theiler auch dem Dalai Lama, allerdings immer nur im Rahmen größerer Veranstaltungen, bei denen Hunderte Menschen aus dem In-und Ausland dabei sind. Ende 2019 ändert sich dann Theilers Verhältnis zum Dalai Lama. Und zwar grundlegend.
Schon länger unterstützt Theiler ein indisches Nonnenkloster im indischen Mundgod finanziell, reist dort auch immer wieder zu Besuchen hin. Als der Dalai Lama genau dieses Kloster besuchen will, steht Theiler auf der Gästeliste.
„Nach zwei Tagen Bedenkzeit habe ich mich entschieden, doch noch nach Indien zu reisen“
Wieder wäre es ein Besuch gewesen, bei dem sich Theiler hätte einreihen müssen zwischen Nonnen, Besuchern, Ausländern, Spendern und anderen Menschen. Doch Theiler verpasst wegen eines Zugausfalls zwischen Hagen und Frankfurt den Flieger nach Indien. Er dreht kurz vor Frankfurt um, kehrt zurück zu seiner Frau nach Hagen (Thorsten Theiler ist neu verheiratet). „Nach zwei Tagen Bedenkzeit habe ich mich entschieden, doch noch einen weiteren Flug nach Indien zu buchen. Ich war gedanklich auf diese Reise eingestellt und wollte sie nicht einfach vergehen lassen.“
Seine Heiligkeit will ihn treffen: Und zwar Torsten Theiler ganz allein
Was Theiler nicht ahnt: Ihn ereilt ein Anruf. Am anderen Ende der Leitung bekommt er mitgeteilt, dass der Dalai Lama ihn treffen möchte. Und zwar weiterhin in besagtem Nonnenkloster und nur ihn allein.
„Das habe ich erst gar nicht geglaubt, und ich verstand auch nicht, warum ausgerechnet ich.“ Der Dalai Lama hatte Theiler nicht nur aus Dankbarkeit für seine Unterstützung des Klosters im Sinn, sondern auch weil er wusste, dass seine und die Wege Theilers sich in den vorangegangenen Jahren immer wieder gekreuzt hatten. Auch, wenn da manchmal bis zu 1000 Personen anwesend waren.
In einem ganz lockeren Gespräch kann Theiler die Frage stellen, die er schon immer stellen wollte
„40 Minuten Audienz hatte man mir angeboten. Ich flog hin und traf ihn. Dabei hatte ich ein Buch, dass ich für den Verein Kinderlachen signiert haben wollte.“ Als Theiler, begleitet von einer Art Hof-Fotograf und Sicherheitsleuten den Raum der Audienz betritt, duckt er sich aus Ehrerbietung vor seiner Heiligkeit. „Die Stimmung zwischen uns war sofort gelöst. Es entwickelte sich schnell ein ganz normales Gespräch und ich konnte ihm die Frage stellen, die mich schon so lange bewegt hat. Nämlich, wo und wie ich mich künftig positionieren soll. Sollte ich dem Buddhismus mehr zurückgeben oder mein Glück in meinen mittlerweile zwei Firmen suchen?“
Der Dalai Lama hörte sich die Frage an. Und Theiler erinnert sich, wie er dann antwortete: „Torsten, wir könnten dich hier bei uns gut gebrauchen. Aber du musst in deinem Alltag, genau dort, wo du dich jetzt befindest, glücklich sein.“
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Der Dalai Lama bezeichnet den Buddhismus als Geisteshaltung, nicht als Religion
Zugegeben, wer mit Buddhismus nichts am Hut hat, für den mag das wie ein Spruch auf einem Küchenkalender klingen. Für Theiler war diese Antwort hingegen eine Erhellung. Zwischen Buddhismus und Business zu stehen, war längst richtig. Und man konnte das Glück finden, ganz genau in diesem Spagat. „Auch wenn der Buddhismus für mich persönlich meine Religion geworden ist. Der Dalai Lama bezeichnet ihn als Geisteshaltung, nicht als Religion. Er rät den Menschen sogar, in ihrer Herkunftsreligion zu verbleiben und sich das Nützliche aus dem Buddhismus zu ziehen.“
Mehr als je zuvor, nach Jahren des Studiums buddhistischer Lehren, verstand Torsten Theiler das in diesem Augenblick, als er vor dem Dalai Lama saß.
Für Theiler nähert sich die westliche Psychologie gerade der östlichen Weisheit an
Für Theiler nähert sich die westliche Psychologie immer mehr der östlichen Weisheit an. „Die Gesellschaft ist bereit dafür“, sagt er. Ein Blick auf die Bestsellerlisten der vergangenen Zeit beispielsweise gibt ihm recht. Ein großes Thema ist die Achtsamkeit. Anderen, aber vor allem sich selbst gegenüber. Bücher, die das thematisieren, boomen.
„Und das ist für mich auch ganz logisch. Viele Menschen erkennen, dass sie nicht sicher sind, egal wie viel Geld sie haben und wie stark augenscheinlich ihre Rahmenbedingungen sind. Stabilität kann daher nicht von außen zu uns kommen, sie muss von innen kommen.“ Das zeige aktuell nicht zuletzt die Corona-Pandemie.
„Ich habe Kontakt zu mir selbst gefunden, ich habe aufgehört, zu vergleichen“
„Ich habe einen Kontakt zu mir selbst gefunden. Ich habe aufgehört, zu vergleichen. Wenn Sie mich nach meinem beruflichen Erfolg heute fragen, dann sage ich, dass ich vom Umsatz her heute nicht so erfolgreich bin, aber vom Herzen her schon.“