Hagen. An Weiberfastnacht geht Sarah Nawrath (27) eigentlich feiern. Heute ist die Hagener Krankenschwester aber auf einer Covid-19-Station im Einsatz.

„Schatzi, schenk mir ein Foto“, „Cordula Grün“, „Viva Colonia“ - heute wäre eigentlich Sarah Nawraths Tag. Die 27-Jährige würde losziehen und mit ihren Freundinnen ordentlich Gas geben. Schunkeln, tanzen, singen - eben, was man an Weiberfastnacht so macht. Also einfach Spaß haben. Eigentlich, denn heute wird die Hagenerin im Knappschaftskrankenhaus in Dortmund-Brackel arbeiten – auf der Intensivstation. Besser gesagt auf der Covid-19-Station.

Marvin Rehbein und Sarah Nawrath waren in der Session 2015/16 das Prinzenpaar von Hagen.
Marvin Rehbein und Sarah Nawrath waren in der Session 2015/16 das Prinzenpaar von Hagen. © Privat

Sarah Nawrath ist Gesundheits- und Krankenpflegerin, „man kann auch einfach Krankenschwester sagen“, betont die junge Frau, die so gern Karneval feiert, bescheiden. „Ich bin ein Boeler Mädel, das erklärt doch einiges?“, lacht sie und erzählt, wie sie in den vergangenen Jahren die fünfte Jahreszeit erlebt hat: „Durch meinen damaligen Freund und seine Familie kam ich vor etwa zehn Jahren so richtig mit dem Brauchtum in Kontakt.“

Das Prinzenpaar der Stadt Hagen

In der Session 2015/2016 waren Marvin Rehbein und sie dann sogar das Prinzenpaar der Stadt Hagen. Ein Jahr später zog Sarah dann als Pagin mit dem damaligen Oberloßrockpaar Hartmut Sieker und Christiane Arendt von Karnevalsfeier zu Karnevalsfeier.

Ihr närrisches Hobby wurde flankiert durch ihre Ausbildung zur Krankenschwester, „2019 hab’ ich Examen gemacht“, sagt die 27-Jährige. Die Arbeit auf der Intensivstation erfülle sie , „ich mache eine wichtige Aufgabe.“

Wie ein Hochsicherheitstrakt

Als im vergangenen Frühjahr das Thema­ Corona Fahrt aufnahm, die Infektionszahlen stiegen und die Krankheitsverläufe schwerer wurden, wurde eine der beiden Intensivstationen des Dortmunder Krankenhauses zur reinen Covid-19-Station ausgebaut, „die Station, auf der ich nun ja schon seit Monaten arbeite, ist wie ein Hochsicherheitstrakt.“

Das Siechtum der Menschen, die dort lägen und beatmet würden, mitzuerleben, sei oft grausam, „unsere jüngste Patientin, die an Corona gestorben ist, war 24, also­ noch jünger als ich.“

So ausgelassen feierte Sarah Nawrath (Mitte) noch als Karnevalsprinzessin 2015/16 Weiberfastnacht. Heute arbeitet sie auf der Covid-Station.
So ausgelassen feierte Sarah Nawrath (Mitte) noch als Karnevalsprinzessin 2015/16 Weiberfastnacht. Heute arbeitet sie auf der Covid-Station. © Privat | Privat

Zur Sessionseröffnung am 11.11. 2020 haben Sarah Nawrath und ihre Freundin, die auch im medizinischen Bereich arbeitet, privat ihre Covid-19-Schutzkleidung angezogen, sich mit „Daumen hoch“ fotografieren lassen und das Foto zusammen mit Karnevalsaufnahmen von früher als Collage bei Facebook gepostet. „Wir wollen zeigen, dass man gerade in dieser schwierigen Zeit den Spaß am Leben nicht verlieren darf. Ich muss einerseits mit den Sterbefällen zurecht kommen­, andererseits für meine Patienten aber auch stark sein“, sagt die Krankenschwester mit ernster Stimme.

Heute kein Altweiber im Rathaus

Eigentlich würden die Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung und die weiblichen Mitglieder der Karnevalsvereine heute im Rathaus Weiberfastnacht feiern. Wegen Corona fällt das Ganze natürlich aus.

Früher begann die jecke Sause­, bei der dem Oberbürgermeister die Krawatte abgeschnitten wird, um 11.11 Uhr. Damit mehr städtische Mitarbeiterinnen teilnehmen, wird seit ein paar Jahren aber erst ab dem späten Mittag gefeiert.

Heute, an Weiberfastnacht, hat sie Dienst. „Rosensonntag hab’ ich frei, da guck’ ich mir mittags den virtuellen Umzug im Netz an. Und mein Rosenmontag beginnt mit dem Frühdienst.“ Normalerweise nimmt die 27-Jährige über Karneval immer ein paar Tage Urlaub, „aber in diesem Jahr ist eben alles anders.“