Hagen. 200 Arbeitsplätze sollen nach Willen des Enersys-Konzerns bei Hawker in Hagen abgebaut werden. Dagegen machten die Arbeiter am Donnerstag mobil.

Als ihr Betriebsratsvorsitzender Andreas Koll am Donnerstagmittag einen Brief des Enersys-Vorstandsvorsitzenden David Shaffer verlas, reagierten die Arbeiter der Firma Hawker mit höhnischem Gelächter. Eine andere Reaktion als den Abbau der Batterieproduktion hätte die Arbeitsplätze in der gesamten Enersys-Gruppe gefährdet, so Shaffer. Gelächter.

Er wisse, dass die Verhandlungen um den Arbeitsplatzabbau bei der Hawker-Geschäftsführung um Magnus Becker und Helmut Jakobs in den besten Händen sei, so Shaffer. Gelächter.

Sein Respekt gelte allen „meinen“ Kollegen, die in Zukunft nicht mehr in Hagen beschäftigt werden könnten, so Shaffer. Gelächter.

Arbeiter voller Wut und Enttäuschung

Auch vier Wochen nachdem bekannt wurde, dass der US-Konzern, zu dem Hawker gehört, Ende Juni 200 Arbeitern in Hagen den Laufpass geben und die 133-jährige Batterieherstellung in der Stadt einstellen will, dominieren in der Belegschaft Wut und Enttäuschung.

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Rund 100 Arbeiter versammelten sich am Donnerstag an der Stadthalle, um im Vorfeld der dort stattfindenden Sitzung des Rates ihrem Unmut Luft zu machen. „Wir wollen nichts unversucht lassen, um den Abbau der Arbeitsplätze doch noch zu verhindern“, sagte der Hagener IG-Metall-Sekretär Jens Mütze: „Und dazu wollen wir jetzt auch die Politik in die Verantwortung nehmen.“

Tatsächlich verabschiedete der Rat noch am Donnerstag einstimmig eine Resolution an die NRW-Landesregierung mit der Bitte, den Hawker-Produktionsstandort in Hagen und damit die für die Region so wichtigen Arbeitsplätze zu erhalten. „Eure wertvollen Arbeitsplätze müssen bleiben“, sagte SPD-Fraktionschef Claus Rudel, der zur Unterstützung seinen Parteifreund und Oppositionsführer im Düsseldorfer Landtag, Thomas Kutschaty, mitgebracht hatte, an die Beifall spendenden Arbeiter gewandt: „Was wir für euch tun können, das werden wir tun.“

Das Bangen und die Zukunft

Für die Worte des Konzernchefs aus dem fernen Pennsylvania hatten die Hawker-Beschäftigten dagegen nichts als Geringschätzung übrig, zumal David Shaffer in kaltherziger Aufrichtigkeit zugab, er sei nicht nur darüber informiert worden, die Produktion in Hagen einzustellen, sondern habe diese endgültige Entscheidung selbst getroffen.

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Man darf annehmen, dass sich der Manager über die Auswirkungen, die sein Machtwort für die Betroffenen vor Ort hat, kaum Gedanken macht. Etwa für Hidir Yilmaz (48), seit 30 Jahren als Gießer bei Hawker tätig und Familienvater: „Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll, wenn ich meinen Job verliere.“

„Hagener Werk steckt voller Kompetenz“

Der Betriebsrat hat seinen Widerstand gegen die Schließung der Produktion ebenfalls in einem Brief zusammengefasst und diesen an David Shaffer geschickt.

Ein langes Stück Industriegeschichte

Bei Hawker in Hagen sind derzeit rund 395 Menschen beschäftigt, 200 davon in der Batterieproduktion, die eingestellt werden soll.

Hawker gehört zum Enersys-Konzern mit Sitz in Reading/Pennsylvania. Das Unternehmen mit Standorten in aller Welt beschäftigt mehrere tausend Mitarbeiter.

1887 gründete Adolph Müller in Wehringhausen eine Produktionsstätte für Batterien, die Accumulatorenfabrik Tudorschen Systems (AFA). Die Firma wurde zum weltbekannten Batteriehersteller mit zeitweise 6000 Beschäftigten, ab 1962 unter dem Namen Varta.

1995 übernahm die Firma Hawker den kriselnden Standort in Hagen. Produziert werden Batterien für Gabelstapler und Hubwagen, aber auch für Unterseeboote.

Dass ein Management gezwungen sein könne, unbequeme Maßnahmen zu erarbeiten und Standorte, die nicht mehr wirtschaftlich seien, zu restrukturieren, wisse man, heißt es darin: „Aber das Werk Hagen steckt voller Kompetenz und Knowhow, Innovationen und intelligenten Ideen für die Zukunft. Insbesondere unsere Flexibilität, Qualität und Verlässlichkeit haben uns immer wieder ausgezeichnet. Wir haben als Belegschaft einen guten Job gemacht und werden dennoch reinen Renditeerwartungen geopfert, weil die Produktion im Ausland etwas günstiger sein könnte.“

Was die Arbeiter denn ihren Kindern angesichts einer solchen Herangehensweise sagen sollten, wird Shaffer gefragt. Dass Fleiß, Rechtschaffenheit, Treue und Verbundenheit mit einem Unternehmen am Ende wertlos seien?

Auf diese Frage werden die Hawker-Beschäftigten im Sommer die Antwort haben.