Hagen. Stefanie Hamel sollte 158 Euro Bußgeld zahlen. Der Vorwurf: Sie habe ihr Altpapier in Hagen illegal entsorgt. Das ließ sie sich nicht bieten.
Muss die Stadt Hagen ihr Waste-Watcher-Projekt aufgeben oder doch zumindest strategisch neu ausrichten? Diese Frage vermochte im Rathaus niemand zu beantworten, denn dort ist offiziell noch gar nicht bekannt, was unsere Zeitung nun erfuhr: Das Verfahren gegen Stefanie Hamel, die der illegalen Altpapierentsorgung bezichtigt worden war, ist vom Amtsgericht Hagen eingestellt worden. Damit bleibt der Boelerin das Bußgeld von 158 Euro erspart. Die Stadt Hagen aber geht leer aus.
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Stefanie Hamel hatte ihren Papierabfall an einem Tag Mitte Februar zum Containerstandort auf dem Boeler Marktplatz gebracht und die Tüte mit dem Altpapier in einen der Behälter gestopft: „Der Container war schon ziemlich voll, aber mit Drücken und Quetschen passte mein Müll noch hinein.“ Doch einige Wochen später fand sie ein Schreiben der Stadt Hagen in ihrem Briefkasten vor.
„Verunreinigung durch Liegenlassen von Abfällen“
Darin ein amtlicher Bescheid über eine „Verunreinigung durch Liegenlassen von Abfällen unbedeutender Art“, versehen mit einem Bußgeld in Höhe von 158 Euro. Stefanie Hamel wäre fast vom Stuhl gefallen. Sie hätte ihren Abfall nicht wie vorgeschrieben entsorgt, sondern einfach auf dem Boden vor den Containern abgestellt. So in etwa lautet der Reim, den sich zwei „Waste Watcher“ machten, als sie die Tüte fanden, den Inhalt untersuchten und anhand der Notizen und Adressen herausbekamen, dass der Müll wohl von Stefanie Hamel stammte.
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Was aber ist, wenn die Besitzerin des Abfalls gar nicht verantwortlich ist für die illegale Müllentsorgung? Wenn jemand anderes die Tüte von Stefanie Hamel wieder aus dem Container herausgezogen hat, um Platz für seinen eigenen Abfall zu schaffen? Die Mutter aus Boele, die als Integrationskraft tätig ist, lehnte die Zahlung des Bußgeldes jedenfalls kategorisch ab. Sie schaltete einen Anwalt ein und ließ es auf eine Entscheidung vor dem Amtsgericht Hagen ankommen.
Einstellung im schriftlichen Verfahren
Und dort verkündete Richterin Susanne Wegner im schriftlichen Verfahren nun, sie erwäge eine Einstellung des Verfahrens, da sie eine Ahndung nicht für geboten halte. Damit sei keine Entscheidung in der Sache verbunden, erläuterte ein Gerichtssprecher, sondern eine Einstellung könne zum Beispiel erfolgen, wenn das Gericht den Anlass, um den gestritten werde, für zu unbedeutend halte, um die Sache weiterzuverfolgen. Zwar sei das Verfahren noch nicht offiziell eingestellt, doch es sei ausgesprochen unwahrscheinlich, dass das Gericht seine Auffassung revidiere. Später würden die Justizbehörden dann auch die Stadt Hagen über den Ausgang des Verfahrens informieren.
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Stefanie Hamel sagt, sie habe sich zwischenzeitlich immer wieder an die Stadtverwaltung und sogar an Oberbürgermeister Schulz gewandt, um eine außergerichtliche Einigung herbeizuführen, sei aber stets zurückgewiesen worden.
Ratlose Bürger vor überquellenden Containern
Es könne doch nicht sein, dass die Abfallcontainer so selten geleert würden und die Bürger ratlos vor den überfüllten Behältern zurückgelassen würden: „Und dann versucht die Stadt auch noch, sich an Unschuldigen schadlos zu halten.“ Satt gleich ein happiges Bußgeld zu verhängen, müsse sie den Beschuldigten doch bitte Gelegenheit zur Aufklärung des Sachverhalts geben.
In Zweier-Teams
150 Tonnen Müll haben die Waste Watcher im Jahr 2019 eingesammelt, das entspricht der Ladung von gut 15 Lastwagen. Die Müll-Sheriffs sind stets in Zweier-Teams unterwegs, ein Mitarbeiter wird von der Stadt Hagen gestellt, der Kollege vom Hagener Entsorgungsbetrieb (HEB).
Tatsächlich besitzt Hagen mit den „Waste Watchern“ eine Vorreiterfunktion in Deutschland, nur wenige andere Städte – etwa Hamburg und Pforzheim – schicken ebenfalls Müll-Sheriffs auf die Straßen. Um die Verursacher ihres Einsatzes ausfindig zu machen, öffnen die Waste Watcher auch Müllsäcke, um darin nach Hinweisen wie Krankmeldungen, Kontoauszügen oder Adressaufklebern zu fahnden.