Hohenlimburg. Viele Jahre gehörte der Schornstein mit seinem rötlichen Schimmer zu den Landmarken des Bezirks. Nun ist er fast verschwunden. Die Hintergründe
Wer gerne im Lennepark spazieren geht, der kennt den Blick über den Fluss in Richtung Schloss. Davor ragt auf Höhe vom Weinhof ein Schornstein hervor, dem wilder Wein im Herbst einen rötlichen Schimmer verlieh. Eine Landmarke in Hohenlimburg, die dieser Tage still und leise verschwindet. Zunächst wurde der Schornstein bis zum Wochenende auf die Hälfte seiner Höhe abgebaut und ab Montag soll dann der Rest mit dem Bagger abgerissen werden, so heißt es auf Nachfrage von einem der Bauarbeiter vor Ort.
Historische Spuren verwischt
Wirklich aufgearbeitet wurde die Historie des Schornsteins noch nicht, in den Ausgaben der Heimatblätter finden sich keine entsprechenden Einträge. „Es gibt noch keine gesicherten Erkenntnisse“, sagt auch Widbert Felka, Vorsitzender des Vereins für Orts- und Heimatkunde Hohenlimburg. Der Schornstein könnte das letzte Relikt einer Ziegelei aus dem 19. Jahrhundert sein, die schon seit vielen Jahrzehnten nicht mehr existiert – so eine Theorie, die von Ansässigen zu hören ist. Andere vermuten, der Schornstein gehörte zu einem Zimmereibetrieb. Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass es sich um den letzten Schornstein einer Federnfabrik handelt, die zu jener Zeit im Weinhof existiert haben soll.
Auch interessant
„Das Gebäude mit dem Schornstein stand schon leer, seit ich mich erinnern kann“, sagt Horst Vogtland, dessen Familie damals in der Freiheitstraße eine Schneiderei hatte. Der 69-Jährige erinnert sich noch gut an das Fabrikgelände im Weinhof mit dem alten Schornstein: „Später hat in dem Gebäude eine Familie gewohnt.“ Er könne sich auch noch gut an die Glasbläserei Reiss erinnern, deren kleine Werkshalle direkt an das frühere Gebäude mit dem Schornstein grenzte. „Ich fand die Arbeit dort immer faszinierend.“
Bis zur Schließung vor einigen Jahren produzierte die Glasbläserei Reiss spezielle Glasinstrumente und Gefäße, hauptsächlich für den Medizinbereich und Labore. Über drei Generationen war der kleine Familienbetrieb im Weinhof ansässig. Im Schatten des Schornsteins lagen noch weitere Schuppen und Gebäude, genutzt unter anderem vom Malerbetrieb Arens und dem Sanitärbetrieb von Horst Didzioneit. Zuletzt verkaufte der Eigentümer die Fläche, die letzten ansässigen Betriebe zogen um und der Schornstein alterte vor sich hin. Das Kaltwalzunternehmen Bilstein, dessen Werkshallen nur wenige Meter entfernt liegen, kaufte das Grundstück und macht nun Nägel mit Köpfen.
Auch interessant
Fläche für Zierrasen
Zwar sei der Erhalt historischer Gebäude grundsätzlich ein Interesse, dass auch die Firma Bilstein teile, versichert Christian Pürschel, Sprecher des Kaltwalzunternehmens. „Aber der Schornstein war sehr baufällig und es bestanden Sicherheitsbedenken.“ Zu Fragen der Stabilität kam die Frage nach den Kosten einer Instandhaltung hinzu. Unterm Strich unverhältnismäßig für Bilstein, sagt Pürschel.
„Gerade in den aktuell schwierigen Zeiten war daher ein Abriss für uns die praktikablere Lösung“, verweist Pürschel auch auf die derzeitige Wirtschaftslage.
Nach dem Abriss soll der Boden aufbereitet und neu eingesät werden, damit auf der Fläche der ehemaligen Betriebe ein Zierrasen entstehen kann. Anders als zunächst von Beobachtern vermutet, will das hiesige Kaltwalzunternehmen also keinen Platz für neue Parkplätze schaffen. „Parkflächen haben wir auf dem Firmengelände genug, da gibt es keinen Engpass“, sagt Pürschel.
Angesprochen auf den Abriss schlagen bei Widbert Felka zwei Herzen in der Brust. „Einerseits die Emotionen, andererseits der Verstand“, sagt der Vorsitzende des Heimatvereins. „Gefordert wird immer viel, aber wer sollte diesen Schornstein dauerhaft unterhalten?“ Zwar seien Industriedenkmale und Landmarken wie der Schornstein wichtig. „Aber in diesem Fall würde ich sagen: zu spät erkannt.“