Hagen. Die Empfehlung der SPD-Parteispitze, mit Timo Schisanowski an der Spitze in den Bundestagswahlkampf zu ziehen, stößt auf Widerstand.
Mit Blick auf das bevorstehende Duell um die SPD-Bundestagskandidatur im kommenden Jahr haben die Hagener Jusos sich erneut für Amtsinhaber René Röspel ausgesprochen. Damit stellt sich der Parteinachwuchs nicht bloß gegen die einhellige Empfehlung des SPD-Unterbezirksvorstandes, sondern auch gegen den langjährigen Juso-Vorsitzenden Timo Schisanowski, der jetzt in seiner Rolle als Parteichef nach dem Mandat von Röspel greift. Die endgültige Entscheidung, die in internen Genossenkreisen bereits intensiv diskutiert, aber angesichts der Corona-Situation kaum offen in Vorstellungsrunden oder bei Ortsvereinsstammtischen abgewogen werden kann, sollen Delegierte am 4. Dezember im Rahmen einer Wahlkreiskonferenz treffen.
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Nach Lesart der Hagener Parteiführung, so ist einem nach der Schisanowski-Empfehlung flächendeckend verschickten Mitgliederbrief zu entnehmen, habe Röspel eher überraschend seine Bereitschaft erklärt, für eine siebte Kandidatur bereitzustehen. Vielmehr, so die Darstellung der SPD-Spitze, sollte die aktuelle Legislaturperiode seine letzte auf dem Berliner Parkett sein und ein Generationswechsel sei mit ihm längst verabredet gewesen. Eine Darstellung, der Röspel ausdrücklich widerspricht.
Dennoch heißt es in dem Schreiben der beiden Unterbezirksvizevorsitzenden Karin Alius und Claus Rudel bereits vor der eigentlichen Kandidaten-Nominierung: „Wir danken René Röspel für seine Arbeit im Deutschen Bundestag in den vergangenen 23 Jahren und nehmen seine Bereitschaft zur Kenntnis, für eine weitere Bundestagskandidatur bereit zu stehen. Doch im Ergebnis halten wir mit Nachdruck daran fest, dass nach 23 Jahren im Bundestag die Zeit für den Generationenwechsel jetzt gekommen ist. Noch dazu, weil wir hierfür mit Timo den geeigneten Nachfolgekandidaten in unseren Reihen haben. Wir sind fest davon überzeugt, dass René seiner Verantwortung für den Wahlkreis am besten dadurch gerecht würde, wenn er den Generationenwechsel zur Bundestagswahl 2021, wie angekündigt und verabredet, mit der gleichen Solidarität und Kraft mittragen und unterstützen würde, wie er sie von uns allen in den vergangenen 23 Jahren erfahren hat.“
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Eine Einschätzung, die der Parteinachwuchs so gar nicht teilt. „Für uns Jusos steht Timo Schisanowski nicht für einen Generationswechsel und dieser ist auch kein Selbstzweck. Es geht um die beste, qualifizierteste Vertretung des Wahlkreises in Berlin. Aus diesem Grund haben wir bereits unsere Unterstützung für René Röspel zugesichert. Er hat immer gute Arbeit geleistet und repräsentiert Hagen erfolgreich in Berlin“, argumentiert der Juso-Vorsitzende und SPD-Ratsherr Fleming Borchert.
Die Notwendigkeit eines Generationenwechsels steht aus Sicht der Hagener Jusos zunächst in anderen Bereichen an. Nach den vielfach verlorenen Wahlen der letzten Jahre und vor allem der verlorenen Kommunalwahl 2020, wäre dies der erste Schritt zu neuem Erfolg, heißt es in der aktuellen Juso-Erklärung. Große Lichtblicke der letzten Jahre für die SPD in Hagen wären hingegen fast ausschließlich mit René Röspels Erststimmenergebnisse verbunden gewesen.
Zugleich zeigen sich die Jusos verwundert über die politische Umgangskultur in der Hagener SPD: „In der Begründung für die Unterstützung der Kandidatur von Timo Schisanowski wird von seinen Stellvertretern auf ein Gespräch verwiesen, bei dem angeblich das Versprechen gemacht wurde, dass Timo Schisanowski 2021 antreten dürfe, da René Röspel gesundheitlich angeschlagen sei. René Röspel bestreitet solch eine Abmachung glaubhaft“, zweifeln die Jungsozialisten an einer solchen Darstellung des Unterbezirksvorstandes. Die Hagener Jusos sowie René Röspel selbst lehnten solche Hinterzimmerdeals ab – die Parteimitglieder hätten ein Recht, frei und gleich über ihre Kandidierenden zu entscheiden.
Gesundheit zu Markte getragen
„Hier wird ein schmutziges Spiel gespielt. Der Gesundheitszustand eines Menschen geht die Öffentlichkeit nichts an, so lange er seine Aufgaben wahrnehmen kann. Eine lange Wartezeit ist keine Qualifikation für ein Mandat. Und René Röspels Gesundheit ist kein Argument gegen ihn“, so die stellvertretende Juso-Vorsitzende Inger Eiben. „René Röspel hat in seiner Zeit als Abgeordneter immer wieder die Nähe zur Parteibasis und zu den Bürgern bewiesen. Durch dieses Verhalten hat er uns die Möglichkeit geboten, die Abläufe im Bundestag und seine inhaltlichen Schwerpunkte transparent zu verfolgen. Das Gleiche würden wir uns von Timo Schisanowski wünschen, da sich aufgrund seiner bisherigen inhaltlichen Positionierung keine thematischen Schwerpunkte erkennen lassen“, ergänzt David Wiegmann, ebenfalls Juso-Vize.
Eine Einschätzung, die die Unterbezirksspitze um Alius und Rudel so gar nicht teilt: „Timo Schisanowski hat den Vorsitz der Hagener SPD 2012 unter schwierigsten Rahmenbedingungen übernommen und leitet die Geschicke unseres Unterbezirks seitdem mit sehr viel Erfolg.“ Er habe es geschafft, die Hagener SPD wieder in geordnete Verhältnisse zu steuern und führe die Partei verlässlich, verantwortungsbewusst und mit strategischem Weitblick. Damit habe er auch bewiesen, Menschen für sich und seine Partei gewinnen zu können. „Wir sind daher der festen Überzeugung, dass Timo Schisanowski alle Kompetenzen und die nötige politische Erfahrung sowie ein überzeugendes Gesamtauftreten mitbringt, um die Interessen der Bürger als starker und verlässlicher direkt gewählter Bundestagsabgeordneter in Berlin zu vertreten.“