Dass SPD-Chef Schisanowski mit seiner Kandidatur erheblich ins Risiko geht, meint WP-Kommentator Martin Weiske.
Die parteiinterne Nominierung des SPD-Bundestagskandidaten Anfang Dezember wird kaum eine Überraschung ergeben. Der Hagener Genossen-Chef Timo Schisanowski gehört nicht zu jenen Menschen, die in eine Abstimmung gehen, ohne bereits im Vorfeld die erforderlichen Mehrheiten organisiert zu haben – schon gar nicht in eigener Sache.
Dennoch ist der entstandene Gegenwind im Umfeld dieses richtungsweisenden Votums kaum zu ignorieren. Das Standing von René Röspel als Politiker, als Persönlichkeit und vor allem als Mehrheitsgarant und somit Bewahrer des lokalen Direktmandates ist in Hagen sowie im ebenfalls berührten EN-Kreis gewaltig. Hier wird eine Figur abgelöst, die sowohl von der Partei, aber vor allem von den Menschen – und die sind in ihrer Rolle als Wähler letztlich das Maß aller Dinge – als absolut integre Instanz wahrgenommen wird.
Vakuum lässt Platz für die CDU
Mit dem Wirtschaftsjuristen Schisanowski betritt jetzt ein Politiker-Typus das Feld, der bislang weniger durch klare Haltung, sondern eher als permanent in innerparteiliche Fehden und Befriedungsgespräche verstrickter Partei-Arbeiter und strategisch denkender Karrierist öffentliche Wahrnehmung erfahren hat. Die CDU wird dieses entstehende SPD-Vakuum in Sachen Hauptstadterfahrung zu nutzen wissen, um ihrerseits wiederum einen Bundestagskandidaten ins Rennen zu schicken, der dem 39-Jährigen beim Rennen um den Sitz in Berlin ernsthaft gefährlich werden kann.
Schisanowski pokert daher mit seiner Kandidatur verdammt hoch: Sollte er im Herbst 2021 scheitern und das Hagener Direktmandat tatsächlich an die Union fallen, wird die örtliche SPD sich sicherlich nicht bloß mit dem Hinweis auf einen ungünstigen Bundestrend trösten lassen, sondern nach einer Röspel-Abservierung natürlich auch ihren eigenen Parteichef infrage stellen müssen.