Hohenlimburg. Am 4. November wählt die Bezirksvertretung den Nachfolger von Hermann-Josef Voss. Im letzten Gespräch als Bezirksbürgermeister blickt er zurück
Am 4. November 2009 wurde Hermann-Josef Voss zum neuen Bezirksbürgermeister von Hohenlimburg gewählt. Heute, genau elf Jahre später, wird er dieses Amt abgeben. Kurz bevor er sein Büro räumt, trifft ihn unsere Zeitung zum letzten Interview.
Bei Ihrem Abschied in der Bezirksvertretung haben Sie gesagt, Sie hätten über die Jahre immer sehr gerne gestritten. Schätzen Sie die gesunde Streitkultur?
Hermann-Josef Voss: Eine gesunde Streitkultur ist das nicht. Man muss hier im Amt streiten. Die Hagener Verwaltung funktioniert zwar in vielen Bereichen ausgesprochen gut und mit vielen Mitarbeitern bringt die Zusammenarbeit Freude. Andere aber denken von oben herab und sagen, wir sind in Hagen, weil wir besser sind als ihr. Und wenn einer meint, er müsste raushängen lassen, was er alles kann, dann werde ich knatschig. Der Streit besteht darin, dass man Ungerechtigkeiten und unangemessenes Verhalten angreift und das bringt Spaß. An sich bin ich aber eher ein Mensch, der sich hinsetzt und sagt: „Komm, wir bringen das auf die Reihe.“
Sie kamen vor elf Jahren ohne große Vorerfahrungen in die Bezirksvertretung. Wie haben Sie die erste Zeit erlebt?
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Es gab Leute, die unheimlich wenig intellektuelle Substanz mit unheimlich vielen Worten darstellen konnten. Das war etwas, was mich vor allem die erste Zeit sehr gestört hat.
Was meinen Sie konkret?
Es gab diese unglaubliche „Verdünnung“. Wir hatten Sitzungen, die gingen vier Stunden. Man hätte sie, wenn man nur das Wichtige gesagt hätte, in einer halben Stunde abhalten können. Irgendwann habe ich mir gedacht, wenn sie das wollen, richte ich mich darauf ein. Dann habe ich sie reden lassen, teilweise sogar verlängert und eigene Kommentare abgegeben. Eine Sitzung ging dann weit mehr als vier Stunden und am Ende waren alle froh, als es vorbei war. Danach wurde es besser.
...und zum Abschied hinterließen Sie das Gremium „dressiert“?
Das will ich nicht sagen. Und es ist ja auch so, dass es oft den Anschein hat, was die Bezirksvertretung macht sei großer Unsinn und viel Aufwand mit wenig Erfolg. Aber das stimmt nicht. Wir haben in den Jahren relativ viele und interessante Dinge in Hohenlimburg erreicht.
Zum Beispiel?
Ich war gerade ein paar Monate im Amt, da sollte das Richard-Römer-Lennebad geschlossen werden. Die CDU in Hagen, meine Partei, war dafür, das Bad zu schließen. Das Bad kostete an Zuschüssen immerhin 500.000 Euro pro Jahr. Das ist eine Stange Geld. Aber da habe ich hier zum ersten Mal gekämpft. Damals war Jörg Dehm der Oberbürgermeister von Hagen und ich habe ihn damit überrascht, dass ich einen Arbeitskreis Lennebad eingerichtet habe. Er fragte, was das soll, es gebe doch schon einen Arbeitskreis in Hagen. Ich meinte dann nur, du wirst schon sehen. Am Ende stand unser Angebot, dass wir am Wochenende im Bad die Aufsicht übernehmen. Dehm sagte später, er hätte alles erwartet von Hohenlimburg – große Demonstrationen und viel Lärm. Aber nicht, dass wir leise sind und ihm helfen. Da war er unheimlich beeindruckt und so konnten wir durchsetzen, dass das Bad erhalten bleibt.
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Ein Muster für Zusammenarbeit?
Es ist für mich ein gutes Beispiel dafür, was man gemeinsam schaffen kann. Wir haben mit der Verwaltung, den Vereinen, den GmbHs, die für das Bad zuständig sind, und mit dem Rat an einem Strang gezogen. So haben wir in elf Jahren jedes Jahr 500.000 Euro bekommen, das macht 5,5 Millionen, und jetzt kommen für den Umbau noch 5,5 Millionen dazu. Dass wir uns damals für das Bad stark gemacht haben hat also 11 Millionen Euro nach Hohenlimburg gebracht. Scheinbar unwichtige Dinge können erhebliche Auswirkungen haben.
Wie blicken Sie auf die Zukunft von Hohenlimburg?
Abgeschlossen ist in Hohenlimburg nichts. Ich halte es für wichtig, dass man hier die Traditionen aufrecht hält. Nicht diese alberne Vorstellung, wir werden wieder selbstständig – das ist idiotisch. Aber wir können vorbildlich sein in vielen Dingen. Und Hohenlimburg ist in etlichen Dingen vorbildlich. Ich kenne kaum einen Ort, der so gut strukturiert ist, was ehrenamtlich tätige Verbände betrifft. Die Kindertafel Hohenlimburg etwa konnte hunderttausende Euro sammeln, damit in jeder Kita in Hohenlimburg die Kinder ein Mittagessen bekommen. Dann auch die Schloss-Spiele, die in diesem Jahr zum ersten Mal einen Etat von mehr als 100.000 Euro hatten – als eingetragener Verein, alles ehrenamtlich. In Hohenlimburg wird sich einiges weiterentwickeln müssen und die Leute, die herkommen, sind andere. Wichtig bleibt aber, dass alle gemeinsam, aus einem Zug arbeiten.