Eilpe. Massive Rodungen von Fichtenbeständen führen zu Freiflächen im Hagener Wald. Die Natur tut sich schwer, sich ihr Revier zurückzuholen.
Mitten auf einer Anhöhe im Revier des RVR im Hagener Süden hat Frank Christian Heute ein Weisergatter aufgestellt. Zehn mal zehn Meter misst das Gatter. „Innerhalb der umzäunten Fläche sieht man beispielsweise das Weidenröschen wachsen“, sagt der Landschaftsökologe. Auf dem Rest der Fläche, auf der vom Borkenkäfer befallene Bäume allesamt gerodet wurden, sieht es karg und leer aus – noch.
Wie beschrieben soll das Projekt „Nachhaltige Rehbejagung“ im Forschungsrevier RVR-Eilpe herausarbeiten, wie sich veränderte Jagdstrategien auf die Rehe und die Wildschadensituation im Wald auswirken. Das Forschungsrevier von rund 280 Hektar im Hagener Wald wurde 2017 gegründet. Das Projekt ist zunächst auf fünf Jahre begrenzt.
Effektiver Jagd möglich
Milliarden-Schaden durch Dürre und Borkenkäfer
Rund 40 Prozent des Fichtenbestandes der Gesamtwaldfläche in NRW sind nahezu vernichtet.
Das entspricht 15 Prozent der gesamten Waldfläche des Landes.
Der Schaden durch Dürre, Sturm und Borkenkäfer aus den Jahren 2018 bis 2020 beläuft sich nach Angaben des Waldbauernverbandes NRW auf 2,1 Milliarden Euro.
2015 ist das Landesjagdgesetz in NRW novelliert worden. Dadurch soll auch eine effektivere Jagd auf Schalenwild möglich werden. So wurden unter anderem Abschusspläne für Rehwild abgeschafft und die Jagdzeit der Rehböcke an die des weiblichen Rehwilds angepasst. Der Erhalt des gesamten Artenspektrums im Wald wird auch von Waldbesitzern, Förstern und Naturschutz eingefordert.
„Doch die Umwandlung des Waldes in einen klimastabilen Mischwald im Allgemeinen und das Erreichen der Ziele der Waldbauern in den Revieren im Speziellen ist nur mit engagierter, qualifizierter Unterstützung der Jägerschaft zu erreichen“, sagt Frank Christian Heute. Aufgabe der Jäger vor Ort sei es, den Rehwildbestand, zumindest temporär, an die ökonomische und ökologische Tragfähigkeit des Waldes anzupassen.
Verbiss durch Rehe führt zu Verlust von Baumarten
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Bislang habe die Jagd flächendeckend und andauernd keine Regulierung der Schalenwildbestände herbeiführen können, wie die Streckenanalyse der letzten 15 Jahre deutlich zeige.
Der selektive Verbiss der Rehe führt unter anderem zu einem flächendeckenden Baumartenverlust. Das Revier des RVR-Ruhr-Grün in Eilpe wurde bis April 2017 auf konventionellem im Wege einer öffentlichen Vergabe für die jeweilige Mindestpachtzeit verpachtet. Mit Beginn des Projektes im April wurde das Revier in die sogenannte Regiejagd übernommen. Seitdem bejagt ein Jagdteam aus lokalen Begehungsscheininhabern unter fachlicher Leitung und mit Unterstützung des Eigentümers das Revier.
Trophäen orientierte Hegejagd
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In NRW gebe es kaum noch gemeinschaftliche Jagdbezirke, in denen artenreiche Waldverjüngungen zu finden seien. „In den meisten dieser Reviere wird Rehwild traditionell bejagt. Selektive, an Trophäen orientierte Hegejagd findet ausschließlich im kompensatorischen Bereich statt. Das heißt, es wird Jahr für Jahr weniger erlegt als nachwächst und wirkt daher nicht regulierend“, sagt Frank Christian Heute. In allen Revieren seines Netzwerks, also Revieren mit „funktionierender“ Walderneuerung, sei die traditionelle Bejagung beendet und die Jagdstrategien verändert worden.
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Blick zurück auf das von Frank Christian Heute errichtete Weisergatter, das auf der kargen Fläche zeigt, was in der Theorie möglich ist. „Da wollen wir natürlich hin. So muss das in unseren Wäldern eigentlich aussehen“, sagt Heute. Er will das Gebiet mit Exkursionen erkunden und die Bevölkerung für das sensibilisieren, was in den Wäldern vor sich geht. Unter den Teilnehmern sind auch Jäger. „In der Jagdausbildung kommt dieser vegetative Part des Waldes und der Jagdreviere gänzlich zu kurz“, sagt der Ökologe und will der Furcht vorbeugen, es würde zu viel Rehwild nach dieser Methode in den Wäldern geschossen. „Das ist nicht richtig. Diese Methodik zerstört keine ganzen Rehwildpopulationen. sie begrenzt lediglich das Wachstum.“