Hagen. Es klingt wie eine verrückte Idee: ein Tunnel soll die Eisenbahnstrecken durchs Lenne- und Volmetal miteinander verbinden.

Ein mehrere hundert Millionen Euro teurer, vier Kilometer langer Eisenbahntunnel zwischen Hohenlimburg und Delstern – was wie eine verrückte Idee klingt, wurde jetzt im Unterausschuss für Mobilität ernsthaft diskutiert und von der Hagener Stadtverwaltung geprüft. Mit dem Ergebnis, dass eine solche Trassenführung „nicht sinnvoll und nicht umsetzbar“ sei, wie die Verwaltung verlauten ließ. Doch Jürgen Sporbeck (Grüne), der die Idee zu dem abenteuerlich anmutenden Projekt hatte, will nicht locker lassen: „In der neuen Ratsperiode greifen wir das Thema wieder auf.“

Hagen Bahnstrecke Tunnel
Hagen Bahnstrecke Tunnel © WP Hagen | Manuela Nossutta / Funkegrafik NRW

Sporbeck setzt sich schon lange für eine Stärkung von Bus und Bahn in Hagen und Umgebung ein. Neben dem Umweltschutz treibt ihn die Sorge um, Hagen könnte als wichtiger Verkehrsknotenpunkt abgehängt werden. So plant die deutsche Bahn eine neue IC-Verbindung von Frankfurt über Siegen durch das Lennetal nach Münster mit Halten in mehreren Städten – nur nicht in Hagen. Denn hier müsste der Zug „Kopf machen“, was eine Verzögerung von mindestens 15 Minuten mit sich brächte.

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Andererseits gibt es die Regionalbahnstrecke zwischen Lüdenscheid und Dortmund, die Volmetal-Bahn, die den Hauptbahnhof in Hagen ohne weiteren Zeitverlust als Durchgangsbahnhof nutzt. Der revolutionäre Vorschlag von Sporbeck: Würde man die Bahnstrecken durch das Lenne- und das Volmetal mittels eines Tunnels verbinden, könnten auch Regional- und Fernzüge aus dem hessischen Raum ohne Kopfmachen im Hagener Hauptbahnhof einfahren und die Position Hagens als Oberzentrum in Südwestfalen wäre nachhaltig gestärkt. „Zudem sollte geprüft werden, ob die Ortsteile Emst und Eilpe durch Bahnstationen an das Streckennetz angebunden werden können“, sagt Sporbeck.

Dämpfer aus Fachbereich

Ihm sei natürlich klar, dass solch ein Bauvorhaben bis zu seiner Realisierung Jahrzehnte in Anspruch nehmen könne, doch er habe wenigstens erwartet, dass man seinen Vorschlag im Rathaus freudig aufnehme, sagt der Grünen-Politiker.

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Stattdessen dämpfte der Fachbereich Stadtentwicklung die hochfliegenden Pläne mit der trockenen Bemerkung, die Tunnellösung sei nicht umsetzbar und nicht verhältnismäßig. Zwischen Delstern und dem Lennetal über Staplack und Holthausen bestünden kaum überwindbare Höhenunterschiede von 100 Metern und mehr.

Extrem hohe Kosten

Zusätzlich werde eine Trassenführung durch die Bebauung sowie die A 45 erschwert. Und von den ex­trem hohen Kosten einmal abgesehen, müsste für die neue Streckenführung auch der unter Bestandsschutz stehende Goldbergtunnel ausgebaut werden, um dort Oberleitungen installieren zu können.

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Tatsächlich schloss sich die Mehrheit des Ausschusses dem Vorschlag der Stadt an, das Projekt nicht weiter zu verfolgen. Der designierte CDU-Fraktionschef Jörg Klepper sagte zwar, aus ökologischen Gründen müsse alles neu gedacht werden, doch ein solches Vorhaben mache wenig Sinn: „Weil es nicht umzusetzen ist. Es wird niemand mehr von uns erleben, dass man sich über solch einen Tunnel ernsthaft Gedanken macht.“ Dennoch habe Sporbeck ein interessantes Gedankenspiel eröffnet: „Wir müssen in Hagen aufpassen, dass wir von überregionalen Verkehrsverbindungen nicht noch weiter abgeschnitten werden.“

Vordringlicher Bedarf

Sporbeck verweist darauf, dass die Ruhr-Sieg-Strecke (Hagen-Siegen) im Bundesverkehrswegeplan 2030 in den vordringlichen Bedarf aufgenommen wurde. Die Strecke durch Sauer- und Siegerland soll leistungsfähig für den Güterverkehr gemacht werden, um künftig riesige 40-Fuß-Container von Frachtschiffen auf Güterzügen transportieren zu können. Denn das Mittelrheintal ist völlig überlastet und die Ruhr-Sieg-Strecke in Verbindung mit der Siegstrecke (Siegen-Köln) – zu diesem Ergebnis ist eine im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums erstellte Studie gekommen – geografisch die einzige brauchbare Alternative, um für Entlastung zu sorgen. „Den Ausbau zahlt der Bund und nicht die Stadt“, so Sporbeck.

Kopfmachen

Kopf machen nennt man den Richtungswechsel eines Zuges in einem Kopfbahnhof. So ein Bahnhof ist wie eine Sackgasse. An den hineingefahrenen Zug wird eine zweite Lokomotive in Gegenrichtung angekoppelt, die ihn in der Gegenrichtung der Einfahrt wieder herauszieht.

Dieser Vorgang beinhaltet unter anderem Sicherheitsprüfungen und mehr Personal, er ist also zeitaufwendig und teuer.

Auch der Tunnel wäre im Rahmen dieses Pakets zu finanzieren. Er will seinen Vorschlag bald wieder in die politische Tagesordnung einbringen.