Hagen. Sie leiden und sehen ihre Existenz in Gefahr. Die freien Kulturzentren Pelmke, Werkhof, Allerwelthaus und Hasper Hammer senden einen Hilfeschrei.

Das war so viel mehr als der Titel des eher unspannend daherkommenden „Tagesordnungspunkts 5.1“ der letzten Kulturausschusssitzung dieser Legislaturperiode: „Jahresberichte der freien Kulturzentren“. Das waren keine Jahresberichte. Das waren Hilfeschreie. Von denjenigen, die in dieser Stadt Begegnung organisieren, die unterhalb der Hochkultur stattfindet.

Als Jürgen Breuer, der Pelmke-Geschäftsführer, im besten Sinne stellvertretend für das Allerwelthaus, den Hasper Hammer und das Kulturzentrum Werkhof an das Mikrofon trat, wurde deutlich, wie sehr Corona die freie Kultur in die Knie gezwungen hat.

Das Allerwelthaus im David-Ferdinand-Park an der Volme.
Das Allerwelthaus im David-Ferdinand-Park an der Volme. © Michael Kleinrensing

„Wissen Sie“, sprach Jürgen Breuer, „wir machen das seit 33 Jahren und sind so stolz, das zu tun. Bei uns an der Bar trifft der wilde Punker auf den Oberstudienrat. Die Kneipe, die Disco, das Kino, die Lesungen, die Märkte, das Leben in unserer Pelmke.“ Jürgen Breuer, das merkte man, hatte nicht jedes Wort vorbereitet. Er sprach wohl einfach aus, was ihm mit Blick auf seine Pelmke am Herzen liegt.

Corona hat alles weggeblasen, was sie da in der Pelmke, im Werkhof, im Allerwelthaus und im Hasper Hammer leisten. Von den Schnittchen-Schmierern bis hin zu denen, die mit Künstlern verhandeln. Von den Ehrenamtlichen, die Jacken aufhängen und Einlässe regeln bis zu den Geschäftsführern, die für wichtige Sachen so oft zu Bittstellern werden. Vielleicht wird das vielen Besuchern künftig noch bewusster, wenn man mal wieder einen Kabarett-Abend im Hasper Hammer erlebt, das Konzert in der Pelmke, durch den Weltladen bummelt oder im Werkhof abrockt.

Blick auf die Kleinkunstbühne Hasper Hammer
Blick auf die Kleinkunstbühne Hasper Hammer © Michael Kleinrensing

Jürgen Breuer schaute bei seinem Vortrag über seine Schulter. Da saßen die Macher der anderen Kulturzentren hinter ihm im Ratssaal. Breuer fragte: „Wie können wir jetzt weiter existieren?“

Kulturzentrum rutscht ins Minus

„Die spannende Zeit“, sagte Breuer, „die kommt jetzt. Die Stunde der Wahrheit.“ Denn ab diesem September rutscht die Pelmke wohl ins Minus. Der Umsatz allein in der Gastronomie läge im Jahr sonst bei 130.000 Euro. Jetzt landet man nur bei 50.000 Euro. Und weil Lockerungen nicht abzusehen sind, wird die Abwärtsspirale weiter gehen.

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„Wir sind so wild auf Kultur“, sagt Breuer. Und dann arbeitet er heraus, was für alle Herzblut-Kulturschaffenden schlimmer als die Finanzen ist: „Online-Lesungen- und Konzerte schön und gut. Aber unser Kern-Auftrag, und das wird sich nie ändern, ist es, die Menschen zueinander zu bringen. Eben den Punker und den Oberstudienrat. Wir brennen auf Kultur und deshalb leiden wir so.“ Sieben Teilzeitstellen und 16 Menschen in geringfügigen Beschäftigungen sind betroffen.

Das Kulturzentrum Werkhof in Hohenlimburg.
Das Kulturzentrum Werkhof in Hohenlimburg.

Immerhin: Durch die coronabedingte Absage des „Muschelsalates“ in diesem Jahr bleiben 42.800 Euro „unverausgabt“, die nun auf die freien Zentren verteilt werden. Und zwar jeweils mit 20 Prozent des bisherigen Zuschuss-Budgets.

So viel Geld erhalten die Zentren

Laut Budgetierungsvertrag mit der Stadt erhält das Allerwelthaus im Jahr 2020 einen Zuschuss von 46.920 Euro. Der Anteil am Muschelsalat-Extra: 9384 Euro. Die weiteren Zentren: Hasper Hammer 69.360 Euro plus nun 13.872 Euro, Kulturzentrum Pelmke 66.300 Euro plus 13.260 Euro, Werkhof Kulturzentrum 69.360 Euro plus 13.872 Euro.

Insgesamt gibt die Stadt mit dem coronabedingten Extra-Zuschuss 251.940 Euro heraus. Ohne die Corona-Hilfe wären es rund 198.000 Euro.