Hagen. Die Stadtredaktion analysiert die Wahlergebnisse und blickt in jedes Hagener Wohnviertel. Wer hat wo gepunktet? Welche Viertel wählten wie?

Die AfD erzielt in Hagen das zweitstärkste Ergebnis im Land und Oberbürgermeister Erik O. Schulz springt in vielen Stimmbezirken über die 60-Prozent-Marke. Eine Analyse und Einordnung der Ergebnis-Flut zwei Tage nach der Kommunalwahl.

Der neue Rat

29 Veränderungen wird es im neuen im Vergleich zum alten Rat geben, wenn am 1. November die neue Legislaturperiode beginnt. Oder anders herum gesagt: 23 Ratsherren und -frauen sind erneut in das höchste Gremium der Stadt eingezogen. Sieben bisherige Ratsmitglieder der SPD werden nicht mehr dabei sein: Nadine Brandstätter, Friedrich-Wilhelm Geiersbach, Mark Krippner, Angelika Kulla, Nesrin Öcal, Dennis Schrötter und Sven Söhnchen. In der CDU-Fraktion wird man Peter Beyel, Stefan Ciupka, Martin Erlmann, Hannelore Fischbach, Achim Kämmerer, Ellen Neuhaus, Melanie Purps, Stephan Ramrath, Gerhard Romberg, Wolfgang Röspel und Willi Strüwer nicht wiedersehen. Hans-Georg Panzer, Rainer Preuß und Joachim Riechel kehren bei den Grünen nicht in den Rat zurück. Rolf Klinkert wird bei Hagen Aktiv fehlen, Ralf Sondermeyer daneben bei den Linken und Monika Schlößer bei der FDP. Thorsten Kiszkenow (Piraten), Wolfgang Schulz (Pro NRW) und Muamer Andelija (zuletzt fraktionslos) kommen ebenfalls nicht wieder.

Top-Platzierung im Land

Gelsenkirchen (12,9 Prozent), Hagen (9,3 Prozent), Duisburg (9,3 Prozent). Das sind genau in der Reihenfolge die NRW-Städte, in denen die Rechtspopulisten am stärksten abgeschnitten haben. Um zu verstehen, in welchem Kreis sich Hagen da bewegt: In Gelsenkirchen und Duisburg spielt das Thema Armutsmigration eine riesige Rolle. Beide Städte sind bundesweit deswegen immer wieder in den Schlagzeilen gewesen. Auch in Hagen drückt das Thema. In den Revieren der Stadt, wo es immer wieder zu kulturellen Konflikten kommt, hat die AfD bei der Kommunalwahl viele Stimmen geholt. Zwei Beispiele: Alexanderstraße (Altenhagen, 21,4 Prozent) oder Wehringhauser Straße (25,5 Prozent). Weitere starke Stimmbezirke für die Rechtspopulisten: Buschstraße in Helfe mit 17,6 Prozent, Sonntagstraße in Boelerheide mit 18 Prozent, Leimstraße in Haspe mit 21 Prozent oder der Stimmbezirk Polizeipräsidium mit 21,9 Prozent.

Fairer Gewinner, fairer Verlierer: Herausforderer Wolfgang Jörg (links) grüßt Amtsinhaber Erik O. Schulz (rechts).
Fairer Gewinner, fairer Verlierer: Herausforderer Wolfgang Jörg (links) grüßt Amtsinhaber Erik O. Schulz (rechts). © Michael Kleinrensing

Der Untergang der Piraten

Bei der Kommunalwahl vor sechs Jahren waren sie plötzlich da, enterten mit 1,6 Prozent der Stimmen den Hagener Rat, bildeten in Person von Thorsten Kiszkenow gemeinsam mit dem Bürger-für-Hagen-Vertreter zunächst eine Ratsgruppe und später sogar eine Fraktion. Doch genauso schnell wie die Piraten am Horizont auftauchten, sind sie am Wochenende wieder in der politischen Versenkung verschwunden. „Wir haben es nicht verstanden, die gute Arbeit der letzten sechs Jahre an die Leute zu bringen“, analysiert Frontmann Thorsten Kiszkenow. Auch bundesweit sei seine Partei völlig aus dem Fokus der öffentlichen Wahrnehmung geraten, obwohl politische Transparenz für die Menschen ein so wichtiges Thema sei. Dennoch kündigte er an: „In fünf Jahren greifen wir wieder an.“

Suche nach Verbündeten

Mit dem Verschwinden der Piraten, verschwindet auch der Fraktionsstatus für den Ratspartner Bürger für Hohenlimburg, den sich beide Parteien nach der vorangegangen Wahl vor dem Verwaltungsgericht erstritten hatten. „Auf den ersten Blick sehe ich im neuen Rat niemanden, mit dem sich eine Fraktionsbildung anbieten würde“, sagt Frontmann Frank Schmidt, der zugleich Bezirksbürgermeister in Hohenlimburg werden will. Verschwindet der Fraktionsstatus, verschwindet auch das Antragsrecht und damit auch ein Stück der Wahrnehmbarkeit. Die Bürger für Hohenlimburg ziehen zu zweit in den Rat ein.

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Stärkster Direktkandidat

Jörg Klepper, designierter Fraktionsvorsitzender der CDU, hat in seinem Wahlbezirk Boelerheide so stark abgeräumt wie kein anderer Direktkandidat stadtweit. 37,8 Prozent im gesamten Bezirk, zu dem die Wahllokale Freiligrathstraße (hier lag Klepper mit 26,9 Prozent hauchdünn hinter Günther Mosch von der SPD), Sonntagstraße (29,2 Prozent), Wilhelm-Leuschner Straße (34,7 Prozent), Hügelstraße (45,2 Prozent) und Hamecke (41,7 Prozent) gehören. Der stärkste SPD-Direktkandidat in Hagen war Martin Stange im Wahlbezirk Vorhalle/Eckesey, wo er insgesamt auf 34,8 Prozent der Stimmen kam.

Pirat Thorsten Kiszkenow (links) hat es nicht wieder in den Rat geschafft. Laura Knüppel (Die PARTEI, Mitte) hingegen schon.
Pirat Thorsten Kiszkenow (links) hat es nicht wieder in den Rat geschafft. Laura Knüppel (Die PARTEI, Mitte) hingegen schon. © WP | Michael Kleinrensing

Die Hot-Spots

Die Parteien haben unterschiedliche Bezirke, in denen sie unterschiedlich stark punkten. Die SPD in den Stimmbezirken Bissingheim (41 Prozent), Steinhausstraße in Kabel (40 Prozent) oder Vorhalle-Zentrum und Kölner Straße in Haspe mit knapp 40 Prozent. Dafür sind die Genossen schwach in Ambrock (11 Prozent) oder in der Lützowstraße (15 Prozent). Das ist wiederum absolutes CDU-Land mit 37 Prozent. Genau wie die Fleyer Straße (37 Prozent) oder die Hügelstraße mit 45 Prozent.

Grüne und Hagen Aktiv

Die Umweltpartei und die Wählergemeinschaft haben hohe Streuungen in ihren stadtweiten Resultaten. Am Höing holen die Grünen satte 21,4 Prozent, in Halden 19 Prozent oder in der Hüttenbergstraße in Eilpe 21 Prozent. Dafür spielen sie so gut wie keine Rolle in Vorhalle (5 Prozent), in der Pappelstraße in Helfe (6 Prozent) oder der Wiesenstraße in Hohenlimburg (6 Prozent). Hagen Aktiv ist mit ordentlichen Werten im Hasper Raum unterwegs: Geweke (15 Prozent), Hestert (14 Prozent), Jungfernbruch (12,2 Prozent) aber auch Stadtgarten (9,4 Prozent). Keine einzige Stimme erhielten sie in der Södingstraße in Wehringhausen und kaum Zuspruch in der Ginsterheide (2,2 Prozent) oder in der Steinhausstraße in Kabel (2,2)

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Die OB-Kandidaten

Wie unglaublich deutlich Amtsinhaber Schulz seinen größten Herausforderer Wolfgang Jörg distanziert hat, zeigt ein Blick in die Stimmbezirke. Nur sieben von 156 Stimmbezirken konnte Jörg holen. Die besten darunter noch Altenhagen (34 Prozent), St. Michael-Kirche in Wehringhausen (36,8 Prozent) und Masurenstraße in Vorhalle mit 39 Prozent). Schulz hingegen sprang am Höing, in der Fleyer Straße, in Alt-Emst, in der Hügelstraße und in einigen Briefwahlbezirken über die 60-Prozent-Marke. Die besten Viertel für Josef Bücker von Hagen Aktiv waren der Friedrich-Ebert-Platz (14,7 Prozent), das Nahmertal (14,6 Prozent) und der Kettelbach (16,3 Prozent). AfD-Frontmann Michael Eiche landete deutliche Punkterfolge in Altenhagen (20,8 Prozent), an der Wehringhauser Straße (23,6 Prozent) und in der Steinhausstraße (17 Prozent). In keinem Briefwahlbezirk kam er allerdings über 10 Prozent.

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Satire und HAK

Sie mögen mit Satire spielen, „Die PARTEI“ zieht aber mit einem Sitz für OB-Kandidatin Laura Knüppel in den Rat ein. Die Newcomerin ließ in einigen Vierteln etablierte Lokalpolitiker bei der OB-Wahl hinter sich. In der Minervastraße landete sie mit 10 Prozent vor Josef Bücker (Hagen Aktiv), in der Södingstraße mit satten 19 Prozent vor Wolfgang Jörg (SPD), am Wilhelmsplatz mit 16 Prozent vor Ingo Hentschel (Linke).

Der Hagener Aktivistenkreis (HAK), in dem sich Kandidaten mit Migrationshintergrund zusammengefunden haben, hat als Polit-Neuling gleich zwei Sitze im Rat ergattert. Mit starken Resultaten bei der Briefwahl in Hagen-Mitte (33 Prozent) und im Norden mit 14 Prozent. Dazu 7,4 Prozent in Brockhausen, 8,9 Prozent am Wielandplatz in Eckesey und starken 12,4 Prozent in der Brinkstraße in Altenhagen