Hagen. Das in Hagen ansässige Top-Unternehmen reduziert seine deutsche Belegschaft. Auch der Hagener Standort ist betroffen. Die Hintergründe.

Mike Fiebig

Das in Hagen ansässige Unternehmen C.D. Wälzholz, international agierender Hersteller von kaltgewalzten und wärmebehandelten Stahlbändern und Profilen und Weltmarktführer seiner Branche, reagiert auf die Umsatzverluste im Zuge der Corona-Krise und streicht Stellen. Wälzholz ist in hohem Maße von der Automobilindustrie abhängig, wo die Corona-Einbrüche enorm sind.

Auch der Hagener Standort ist vom Stellenabbau betroffen

„Wir werden in Summe, also an allen deutschen Standorten, etwa zehn Prozent Personal abbauen. Unser Ziel ist es, unsere Bandstähle in Deutschland zukünftig mit einer Belegschaftsstärke von etwa 1500 Mitarbeitern in den Markt zu bringen. Die Gespräche mit den Betroffenen in Bezug auf die unterschiedlichen Maßnahmen laufen im Moment noch“, erklärt Unternehmenssprecherin Ute Neuhaus. Wälzholz betreibt daneben noch Werke in Brasilien, China, Österreich, Italien und USA. C.D. Wälzholz ist ein 1829 gegründetes Familienunternehmen, das in sechster Generation von Dr. Hans-Toni Junius geführt wird. Das Unternehmen mit Sitz in Hagen ist Technologieführer bei der Herstellung von Bandstahl unter anderem für die Automobilproduktion. Auch der Hagener Standort ist vom Stellenabbau betroffen. Wie stark, das kann das Unternehmen zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht sagen.

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Dr.-Ing. Hans-Toni Junius ist Familienunternehmer. Der Hagener leitet das 1829 gegründete Unternehmen C.D. Wälzholz als Geschäftsführender Gesellschafter in sechster Generation.
Dr.-Ing. Hans-Toni Junius ist Familienunternehmer. Der Hagener leitet das 1829 gegründete Unternehmen C.D. Wälzholz als Geschäftsführender Gesellschafter in sechster Generation. © BDI/BDA | BDI/BDA

Anpassung der Belegschaft

Bei Wälzholz geht man aktuell davon aus, dass die Umsätze in den nächsten Monaten und darüber hinaus auf einem geringeren Niveau als vor der Corona Krise liegen werden. Daher, so erklärt das Unternehmen, sei „eine Anpassung der Kosten unausweichlich, um das Unternehmen für die Zukunft sicher aufzustellen.“ In den nächsten Jahren müsse Wälzholz weiterhin in Zukunftstechnologien sowie auch in die Digitalisierung des Geschäftes investieren, um dieses abzusichern. Eine Anpassung der Belegschaft auf das neue Marktniveau sei unerlässlich. Der erforderliche Personalabbau erfolge aber in deutlich geringerem Umfang als zunächst erwartet und werde in „sozialer Verantwortung gemeinsam mit den Betriebsräten und der Agentur für Arbeit sozialverträglich und fair gestaltet“. Neben Altersabgängen und Arbeitszeitreduzierungen werde mit Hilfe der Agentur für Arbeit eine Transfergesellschaft eingerichtet.

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Für deutsche Wälzholz-Werke ist westdeutsche Auto-Produktion entscheidend

Die Automobilindustrie hat für Wälzholz eine große Bedeutung. „Innerhalb des automobilen Wertschöpfungsnetzes beliefert Wälzholz als Halbzeuglieferant Hersteller von Stanz- und Biegeteilen, Produzenten von Baugruppen und Komponenten sowie auch in geringem Umfang die Automobilisten direkt“, so Unternehmenssprecherin Ute Neuhaus. Das Kundenportfolio umfasse die großen Zulieferer ebenso wie viele mittelständische Unternehmen. Und somit sei die Geschäftsentwicklung von der Entwicklung der Automobilbranche abhängig.

Düstere Prognosen für die Auto-Industrie insgesamt

Für die deutschen Wälzholz-Werke in Hagen, Plettenberg, Oberkochen, Iserlohn und Lüdenscheid sei insbesondere die westeuropäische Auto-Produktion entscheidend. Hier sei seit 2018 ein Negativtrend zu beobachten. Wälzholz erklärt: „Wurden in Westeuropa im Jahr 2018 noch rund 14 Mio. Fahrzeuge gebaut, so waren es im Jahr 2019 noch 13 Mio. Im ersten Halbjahr 2020 war der Einbruch unter dem Einfluss der Corona-Krise enorm, es liefen nur noch vier Millionen Fahrzeuge vom Band.“ Alle Prognosen würden nun besagen, dass die Automobilproduktion bis zum Jahr 2023 das Vor-Corona-Niveau noch nicht wieder erreicht haben werde. Ein organisches Wachstum in Europa und speziell in Deutschland sei aufgrund der Transformation der Automobilindustrie auch dauerhaft nicht zu erwarten.

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Die Wälzholz-Verwaltung im Lennetal
Die Wälzholz-Verwaltung im Lennetal © Michael Kleinrensing

Interne Infektionen verhindert

Die „PEAG Transfer“ aus Dortmund wird als Träger der Transfergesellschaft für die vom Stellenabbau betroffenen Kollegen tätig sein. Der Vorsitzende der Geschäftsleitung, Dr. Hans-Toni Junius, erklärt: „Es ist unsere Aufgabe, das Unternehmen für die Zukunft aufzustellen und die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu garantieren. Die großen Herausforderungen sind: die Energiewende, die Transformation der Automobilindustrie und die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie. Hierauf müssen wir reagieren und die Weichen richtig stellen. Wälzholz hat die ersten Auswirkungen der Corona-Krise im chinesischen Werk bereits im Februar 2020 erlebt und konnte sich so an den europäischen Standorten durch geeignete Maßnahmen auf die Pandemie vorbereiten und schützen. Somit hatten wir nur einige wenige Infektionen von Mitarbeitern durch externe Kontakte verzeichnet. Interne Infektionen konnten durch das vorbildliche Verhalten der Belegschaft verhindert werden. Unser Unternehmen verfügt über große Fachkompetenz und eine hohe Anerkennung im Markt. Es gilt, unsere Kunden mit guten Produkten und exzellentem Service zu bedienen. Dabei müssen wir immer auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit im Blick behalten.“

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„Ohne offene Grenzen weltweit wäre der Einbruch in Deutschland noch viel stärker“

Noch im April, als die schweren Folgen der Corona-Pandemie noch nicht in Gänze abzusehen waren, hatte Wälzholz-Chef Junius in einem Interview gegenüber unserer Zeitung erklärt: „Wir spüren den wirtschaftlichen Einbruch. Die unternehmerischen Aussichten sind für die kommenden Wochen stark eingetrübt. Uns hilft, dass unser Betrieb in China wieder anläuft und Brasilien und die USA bis vor kurzem stabil waren. Es zahlt sich in der Krise aus, wenn man über die letzten Jahre Risiken und Chancen breiter gestreut hat. Ohne offene Grenzen weltweit wäre der Einbruch in Deutschland noch viel stärker.“