Hagen. Wie steht es zwei Monate nach dem Neustart um die Hagener Kinos? Es gibt vor allem inhaltlich deutliche Einschränkungen.
In Nordrhein-Westfalen durften Kinos nach dreimonatigem Corona-Lockdown am 30. Mai wieder öffnen. Zwei Monate nach der Wiedereröffnung ist trotzdem auch in Hagener Lichtspielhäusern weiterhin nicht an Normalbetrieb zu denken. Und das liegt nicht nur an den Abstands- und Hygieneauflagen, die dort jetzt vorherrschen.
Der Sommer 2020 sollte ein ganz Besonderer für die Freunde von abendfüllenden Leinwandspektakeln werden: Disney wollte mit der Realverfilmung des Zeichentrickerfolgs „Mulan“ und dem Marvel-Streifen „Black Widow“ die Massen in die Kinos bringen, Verleiher Warner hielt die Bombast-Actioner „Tenet“ und „Wonder Woman: 1984“ bereit. Für Sony wäre James Bond in ein neues Filmabenteuer gezogen und die „Ghostbusters“ hätten die Kassen klingeln lassen.
Keiner der großen Sommer-Blockbuster kam bisher in die Kinos
Keiner der großen Sommer-Blockbuster 2020 kam bis jetzt in die Kinos. Die großen US-Produktionen werden von den Verleihern zurückgehalten, weil die umsatzreichsten Märkte weiterhin brach liegen. Die Verleiher warten darauf, dass der Kinobetrieb sich in China und den USA wieder einpendelt, bevor man international seine Kopien auswertet.
Daher befinden sich unter den Neustarts in deutschen Lichtspielhäusern in den vergangenen zwei Monate hauptsächlich europäische Produktionen. Das macht sich auch im Programm des Hagener Cinestar bemerkbar. „Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist der jetzige Betrieb nach wie vor äußerst schwierig“, bilanziert daher Oliver Fock, Chef der Cinestar-Gruppe. Um das gesamte Spektrum des Publikumsgeschmacks abzubilden, reichten die Neustarts aktuell bei Weitem nicht aus.
Verleiher zögern noch: Und viele Filme werden an Streamingdienste gegeben
Fock sieht ebenfalls die Saalauslastung unter Corona-Auflagen kritisch. Sie sei mit Grund dafür, dass Verleiher mit Neustarts zögerten. „Die Abstandsregelungen von 1,5 Metern führen dazu, dass wir weiterhin nur maximal 20 Prozent der Plätze auslasten können. Dies hat wiederum zur Folge, dass die meisten Filme weiterhin noch nicht starten“, so Fock. Sollte es laut Fock keine Anpassung der Abstandsregelungen auf einen Meter geben, wie es in Österreich, der Schweiz und Frankreich derzeit praktiziert werde, bliebe die Lage der Kinos äußerst angespannt.
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Die Crux mit den Filmverleihern ist auch den Kinomachern bekannt, die jenseits der Hollywood-Ware nach cineastischen Perlen fischen.
Alexander Thiele vom Kino Babylon in der Pelmke sind die Probleme der „Großen“ bewusst. „Dass jetzt durch Corona die Verleiher wie Disney und Paramount ihre Filme statt sie ins Kino zu bringen, direkt bei Streaming-Diensten anbieten, ist für wirtschaftlich geführte Kinos das Grauen“, sagt Thiele. Die Problematik betreffe aber die Vorführungen im Babylon nicht: „Wir zeigen vorwiegend europäische Produktionen und außerdem ist das Babylon ja ein Nachspielkino, das die Filme erst fünf Wochen nach dem Bundesstart zeigt.“
Corona hat im Kino Babylon deutliche Spuren hinterlassen
Trotzdem habe Corona im Babylon unübersehbar Spuren hinterlassen. „Derzeit zeigen wir wie gewohnt die Filme im Open-Air-Kino auf dem Hinterhof der Pelmke. Wo sonst jedes Jahr bei Vorstellungen bis zu 350 Besucher mit dabei sind, sind es durch die Abstandsregeln diesmal maximal 90 Menschen“, so Thiele. Eine Abendkasse gebe es diesmal auch nicht, Tickets und Reservierungen würden vorab über ein Online-System abgewickelt.
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So will das ehrenamtlich tätige Babylon-Team ab September auch den Kartenverkauf organisieren, wenn der reguläre Kinobetrieb im Saal der Pelmke neu starte. „Von den 65 verfügbaren Plätzen würden wir dann nur rund ein Drittel anbieten können, um die Abstandsregelungen einzuhalten“, erklärt Alexander Thiele. Derzeit erarbeite man im Team noch ein Konzept.
Saalplan digital erstellt: Das Babylon war sehr früh vorbereitet
Vorbild dafür sei jenes, das die Organisatoren des Hagener Filmclubs Bali für ihre ersten Veranstaltungen im Saal des Babylon entworfen hätten. „Wir hatten uns einen Saalplan digital erstellt, einzelne Plätze durchnummeriert und geschaut, wie man die angesichts der Nachfrage bei den Vorstellungen befüllen könne. Letztlich haben wir dann 28 Besucher bei der ersten Vorstellung im Juli begrüßen können“, erzählt Peter Felsch vom Bali-Organisationsteam.
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Von den Rahmenbedingungen her sei das wie bei einem Restaurantbesuch gewesen: Registrierungsbögen, Mundschutzpflicht bis zum zugewiesenen Platz und verbindliche Online-Reservierungen. „Das Ganze zu stemmen, war im Vorfeld schon ein zeitlich hoher Aufwand, aber dafür waren wir auch der erste Filmclub unserer Art in NRW, der schon wieder Vorführungen anbieten konnte“, so Felsch.