Hagen. Mit dem Verkauf einer Immobilie soll die Hagen-Agentur wieder finanziell gesunden und sich gezielter um Wirtschaftsförderung kümmern können.

Es klingt wie eine Botschaft aus einer kommunalpolitischen Endlosschleife: Am Ende der stolze sechs Jahre andauernden Wahlperiode beschleicht die Hagener Politik plötzlich mal wieder das Gefühl, die lokale Wirtschaftsförderung auf effektivere Füße stellen zu müssen.

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Dazu soll durch ein Immobiliengeschäft die bilanziell überschuldete Gesellschaft nicht bloß finanziell gesunden. Einstimmig hat der Rat zudem den neuen Hagen-Agentur-Geschäftsführer Volker Ruff beauftragt, ein maßgeschneidertes Zukunftskonzept für die Gesellschaft zu entwickeln, das eine schlüssige Wachstumsstrategie für den Wirtschaftsstandort Hagen verfolgt und in entsprechende Strukturen mündet.

Schritte, die in den Augen des „Unternehmer Rat Hagen“, der immerhin 89 Betriebe und Institutionen der Stadt repräsentiert, mehr als überfällig ist. „Die Wirtschaftsförderung ist untot – sie lebt nicht und sie stirbt nicht“, diagnostiziert Winfried Bahn, Initiator des 2016 formierten Unternehmerbündnisses, den Ist-Zustand und fordert vehement, die Gesellschaft endlich auch finanziell und personell so auszustatten, dass sie zeitgemäß agieren kann. Ein Appell, den Ruff im Februar bei seinem Antrittsbesuch wohlwollend zur Kenntnis nahm und selbst formulierte: „Hagen braucht eine neue strategische Ausrichtung – und dies schnell, beständig und belastbar, um sich für die nächsten 10 bis 15 Jahre verlässlich orientieren zu können.“

Unternehmer vermissen eine Strategie

Komplexe Strukturen der Wirtschaftsförderung

Die Gesellschafterstrukturen bei der Hagen-Agentur, unter deren Dach die Wirtschaftsförderung angesiedelt ist, gestalten sich komplex.

„In Anbetracht dieser Vielzahl an Anteilseignern ist es fraglich, ob eine Wirtschaftsförderung, bei der die Stadt nur 50 Prozent der Anteile innehat, ihren Auftrag erfüllen kann“, formuliert der „Unternehmer Rat Hagen“ seine Zweifel. „Durch die Vielzahl der Gesellschafter ergibt sich zudem ein erhöhter organisatorischer Aufwand.“ Zumindest beim operativen Geschäft müsse durchgehend aus einer Hand agiert werden, um die Schlagkraft der Hagener Wirtschaftsförderung deutlich zu erhöhen.

Hier ein Überblick über die Anteilseigner: Stadt Hagen (50,08 %), Sparkasse Hagen/Herdecke (18,54 %), Märkische Bank, (18,12 %), Einzelhandelsverband Südwestfalen (0,84 %), HFS Hagener Feinblech Service GmbH (1,01 %), Mark-E (2,50 %), Wisnet e.V. (0,10 %), Carl Bechem GmbH (2,00 %), Kreishandwerkerschaft (2,49 %), Dr. Wehberg und Partner GbR (2,50 %), SIHK (1,00 %), Unternehmerverein Hagen (0,82 %).

Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie kritisiert der „Unternehmer Rat Hagen“, dass in Hagen weiterhin eine strategische Ansiedlungspolitik für Betriebe fehle und die Politik der Wirtschaftsförderung eine zu geringe Priorität beimesse. Kontinuierlich hohe Arbeitslosenzahlen, ein Rückgang der Gewerbetreibenden, zu hohe Gewerbesteuerhebesätze, sinkende Einpendlerströme und eine damit einhergehende Kaufkraftreduzierung seien Alarmsignale. Vor diesem Hintergrund müssten strategische Ziele längst formuliert sein, fordern die Unternehmer schnelleres Handeln. Einer Hagen-Agentur in der derzeitigen Konstellation spricht Bahn die erforderliche Schlagkraft ab, auch als eine erfolgreiche Wirtschaftsförderung, die Gewerbeflächen bereitstellt, Flächenanalysen betreibt und Entwicklungsraum für Kleinbetriebe, aber auch neue Branchen zur Verfügung stellt, zu agieren. „Hier ist ein ehrlicher Umgang mit der Situation sinnvoll.“

Winfried Bahn, Initiator des „Unternehmer Rat Hagen“, drängt bei der Strategiediskussion und Neustrukturierung der Hagener Wirtschaftsförderung aufs Tempo.
Winfried Bahn, Initiator des „Unternehmer Rat Hagen“, drängt bei der Strategiediskussion und Neustrukturierung der Hagener Wirtschaftsförderung aufs Tempo. © WP | Michael Kleinrensing

Vor diesem Hintergrund hat Oberbürgermeister Erik O. Schulz den Impuls gegeben, auch SIHK, Wirtschaft und Wissenschaft an dem Erarbeitungsprozess unter dem Dach der Hagen-Agentur zu beteiligen. Zudem soll die Industrie- und Gewerbeflächen GmbH (HIG) enger in die neue Wachstumsstrategie für den Wirtschaftsstandort Hagen (Arbeitstitel „Hagen.Horizonte2035“) eingebunden werden. Die Ergebnisse des Prozesses sollen dem neu gewählten Rat kurz vor Weihnachten präsentiert werden.

Immobilienverkauf saniert die Kasse

Parallel dazu sind die politischen Weichen dafür gestellt, dass die Hagen-Agentur ihre Immobilie Handwerkerstraße 11 im Gewerbepark Kückelhausen an die Hagener Erschließungs- und Entwicklungsgesellschaft (HEG) veräußert. Für die Finanzierung des Baus, in dem sich u.a. die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW (Mietvertrag läuft im August 2022 aus) befindet, hatte die Hagen-Agentur vor 20 Jahren einst einen Kredit aufgenommen. Die Gesellschaft gilt aufgrund der in der Immobilie enthaltenen stillen Reserven zwar insolvenzrechtlich als nicht überschuldet, ist jedoch seit Jahren, so beweisen die Jahresabschlüsse, bilanziell überschuldet. Mit dem Verkauf des etwa 2650 Quadratmeter großen Objektes mit seinen 79 Stellplätzen an die HEG (Kaufpreis: 2,5 Mio. Euro) kann die Hagen-Agentur sowohl die Restschuld aus dem Darlehen begleichen, als auch ihre Schulden begleichen.