Breckerfeld. Corona und der Tönnies-Skandal sorgen für einen Kundenzulauf bei kleinen Traditionsbetrieben. Aber in der Branche fehlt es an Nachwuchs.

Ulrike Hiller arbeitet seit mehr als zwölf Jahren in der Fleischerei Wiebel an der Frankfurter Straße in Breckerfeld. Kleine Traditionsbetriebe haben es immer schwerer, sich am Markt zu behaupten. „Für Technik und Autos geben die Menschen gerne viel Geld aus, aber wenn es um ihr eigenes Wohl geht und Lebensmittel, die sich auf ihre Gesundheit auswirken, dann wird gespart“, sagt Ulrike Hiller.

Die Zustände in der Fleischbranche betrachtet die Breckerfelder Verkäuferin als Skandal. „Ich bin ein Feind von Billigfleisch und den Arbeitsbedingungen, wie man sie jetzt bei Tönnies gesehen hat. Aber am Ende muss das jeder Käufer mit sich selbst ausmachen“, sagt sie.

Umdenken bei den Kunden

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Seit Corona und den Vorfällen bei Tönnies – mehr als 1500 Mitarbeiter hatten sich dort mit Corona infiziert – beobachtet sie wieder einen höheren Kundenzulauf bei kleineren Betrieben. „Die Leute wollen auf einmal wieder wissen, woher ihr Fleisch kommt“, sagt Hiller. Auch viele junge Familien. „Das sind erfreuliche Entwicklungen. Aber ob das so bleibt, muss man abwarten.“ Dass wieder mehr Kunden bei den Traditionsbetrieben an der Theke stehen, habe bereits mit Start der Krise begonnen.

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Woher das Fleisch kommt, das kann Ulrike Hiller den Breckerfeldern ganz genau sagen. „Jedes Rind hat einen eigenen Tierpass. Die Fleischerei Wiebel kauft nur bei regionalen Erzeugern im kleinen Umkreis, zum Teil auch in Breckerfeld. Es wird bei uns noch selbst geschlachtet“, betont sie.

Nachwuchsprobleme in der Branche

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Reiner Wiebel leitet die Fleischerei in fünfter Generation. Auch er weiß um die Probleme in der Branche und nennt ein Beispiel: Bei großen Schlachtereien wie Tönnies würden am Tag etwa 30.000 Schweine und 3000 Rinder geschlachtet. „Wir verarbeiten etwa 14 Schweine in der Woche und einen Bullen. Geschlachtet wird selbst.“ Als eines der größten Probleme sieht er aber den Fachkräftemangel. „Es gibt kaum noch deutsche Fachkräfte. Die Auflagen sind extrem hoch. Ich hatte seit etwa zehn Jahren keinen Lehrling mehr, weil sich niemand mehr gemeldet hat“, sagt er.

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Er schiebt traurig nach: „Das Handwerk bricht nach und nach weg. Das ganze Knowhow geht verloren.“ Damit meine er beispielsweise auch Familienrezepte, die zuvor über Generationen weitergegeben wurden.

„In der Branche kommen mehrere Probleme zusammen“, sagt Reiner Wiebel, der aber trotzdem das Positive sehen will. „Über den neuen Trend, von großen zu kleinen Betrieben zu wechseln, freuen wir uns natürlich. Ich zähle uns in gewissem Maße auch zu Gewinnern der Krise.“

Er beobachte generell ein Umdenken in der jüngeren Generation: „Die jungen Menschen wollen bewusster leben.“ Ernährung rücke mehr in den Fokus, aber auch die Umwelt und der Nachhaltigkeitsgedanke. „Wenn nur ein Prozent der Menschen umdenken würde, wäre das schon eine tolle Wende.“