Hagen. Francis Hüsers, Intendant des Hagener Theaters, hat seinen Vertrag um fünf Jahre verlängert. Derzeit prägt Corona seinen Arbeitsalltag.

Francis Hüsers (60) ist seit 2017 Intendant des Hagener Theaters. Kürzlich hat er seinen Vertrag bis 2025 verlängert. Im Interview spricht Hüsers über die Perspektive für die Rückkehr zum Normalbetrieb nach der Corona-Krise.

Sie waren schon Operndirektor in Hamburg, kennen die Welt. Was gefällt Ihnen so an Hagen?

Francis Hüsers Was soll ich in Berlin oder Hamburg, wenn ich im schönen Hagen tätig sein darf? (lacht) Nein, ich kann hier eine spannende Arbeit machen, wir haben eine familiäre, kreative Atmosphäre. Die spüre ich jeden Tag, und das war auch der Hauptgrund für meine Vertragsverlängerung. Ich glaube, derzeit ist das Haus gut aufgestellt.

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Trotz Corona?

Wir befinden uns in einer außergewöhnlichen Situation. Von unseren 250 Mitarbeitern befinden sich derzeit 210 – mit unterschiedlich reduzierten Arbeitszeiten – in Kurzarbeit. Der Rest ist hier vor Ort, ich übrigens auch.

Und unter welchen Bedingungen wird gearbeitet?

Wir haben ein umfassendes Sicherheitskonzept erstellt, auch für Werkstatt, Bühne und Kulisse. Es existiert eine Gefährdungsanalyse, die Mitarbeiter wurden geschult. Immerhin können wir aufführen, nach Schuberts „Winterreise“ folgt nun ein Ballettabend. Marguerite Donlon hat einen Prolog für eine Corona-Fassung von „Schwanensee“ entwickelt. Wir arbeiten sozusagen im Rahmen einer Corona-reflektierten Gesetzeslage.

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Wann werden Sie zum Normalbetrieb zurückkehren?

Das weiß ich nicht. Meine Sorge als Intendant gilt allen voran Orchester und Chor, die derzeit überhaupt nicht zusammenkommen können. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man im September wieder ein Sinfonieorchester in voller Besetzung spielen darf.

Können Sie unter den gegebenen Umständen überhaupt für die neue Spielzeit planen?

Das ist ein immenses Problem. Theater passiert bekanntlich nach Absprache, jede Aufführung braucht lange Vorläufe. Ehrlich gesagt planen wir derzeit in der Hoffnung, dass alles auch so stattfinden kann, wir wir es planen. Eigentlich wollten wir das neue Programm schon im April präsentieren, doch dann kam die Planänderung der Planänderung der Planänderung. Mindestens bis Dezember denken wir alles zweischneidig, muss jede Produktion auch unter Corona-Bedingungen spielbar sein.

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Wie funktioniert das?

Im Herbst wollen wir beispielsweise die Operette „Die Blume von Hawaii“ von Paul Abraham zeigen. Aber wir bereiten uns darauf vor, dieses Werk eventuell nicht mit vollem Orchester, sondern mit reduzierter Anzahl an Musikern zu spielen, so dass der Sicherheitsabstand stets gewahrt bleibt. Am problematischsten sind die Bläser.

Wie hoch sind die durch die Corona-Krise bislang angefallenen Verluste?

Bis zu den Sommerferien werden das etwa 400.000 Euro sein, denn wir haben durch den Ausfall vieler Produktionen natürlich auch geringere Ausgaben. Ich erwarte nicht, dass die Stadt das kompensiert. Wir müssen unser Minus ausgleichen durch Einsparungen, Rücklagen und das Kurzarbeitergeld – wobei ich mir ein anderes Instrumentarium gewünscht hätte.

Joseph Trafton (Generalmusikdirektor), Marguerite Donlon (Ballettdirektorin) und Francis Hüsers (Intendant) auf der Bühne des Theaters.
Joseph Trafton (Generalmusikdirektor), Marguerite Donlon (Ballettdirektorin) und Francis Hüsers (Intendant) auf der Bühne des Theaters. © Theater Hagen

Hilft das Kurzarbeitergeld dem Theater etwa nicht weiter?

Doch, wir sind natürlich darauf angewiesen, keine Frage. Aber mir wäre ein Fonds lieber gewesen, aus dem die kommunalen Theater ihre Einnahmeausfälle hätten ausgleichen können. Das Kurzarbeitergeld ist ja doch eher für produzierendes Gewerbe geschaffen worden, und es bringt einen ungeheuren bürokratischen Aufwand mit sich.

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Wie gehen Sie mit freischaffenden Künstlern, die Sie in Hagen engagiert haben um?

Das ist sehr schwierig für mich. Corona wirkt wie ein Berufsverbot. Viele Kollegen gehen auf dem Zahnfleisch, weil ihnen Verträge weggebrochen sind. Ich bemühe mich bei Auflösungsverträgen um individuelle Lösungen, die den Künstlern helfen, doch ich gerate auch in einen Konflikt, wo vorher noch eine Partnerschaft war. Manche Freischaffende machen das Theater dafür verantwortlich, dass ihre Existenz bedroht ist. Aber der Geschäftsführer und ich tragen die wirtschaftliche Verantwortung für das Haus, wir dürfen nichts verschenken. Es ist ein Balanceakt.