Hagen/Siegen. Pflegern, Supermarktkassierern und Paketzustellern gehörte in der Corona-Krise der Dank. Was davon bleibt? Zum Teil nicht einmal Urlaubsgeld.
Vor gar nicht allzu langer Zeit standen die Menschen auf ihren Balkonen und applaudierten in die Dunkelheit des Abends hinein. Eine Huldigung für jene, die als Pfleger im Krankenhaus ihre Gesundheit riskieren, um anderen in der Corona-Krise zu helfen. Jene Pfleger, denen nun das Urlaubsgeld zusammengestrichen wird. So ist es gerade im Allgemeinen Krankenhaus in Hagen beschlossen worden. Eine Folge des Jahres 2019, das wirtschaftlich offenbar alles andere als gut war.
Aber bei denen sparen, bei denen sowieso schon seit Jahren gespart wird? Wo ist sie hin, die Wertschätzung? Und was ist mit den anderen Helden der Krise? Mit jenen, die damals den Alltag möglich machten? Wie hat sich ihre Arbeit und der Blick darauf verändert? Wir haben bei denen nachgefragt, mit denen wir schon im März sprachen. Das sagt...
… die Verkäuferin
Meike Breuer vom Supermarkt Dornseifer in Siegen ist seit dem ersten Tag eine der stillen Heldinnen der Corona-Krise, die das öffentliche Leben aufrechterhalten haben, als das nicht selbstverständlich schien. Für sie aber war es das. „Wir haben einfach weiter gemacht. Die vielen Überstunden waren irgendwann normal“, sagt sie. „Wir haben uns echt reingekniet – und die Kunden haben das wahrgenommen und honoriert.“ Es gab Dankeskarten und persönliches Lob. Sie war erfreut.
Noch immer ist‘s viel Arbeit. Was ist mit Applaus? „Das Ansehen von Verkäufern -und Verkäuferinnen ist mancherorts vielleicht nicht so hoch. Von unseren Kunden hier vor Ort aber spüren wir die gleiche Wertschätzung wie vor Corona“, sagt sie und meint das im besten Sinne. Normalität sei eingekehrt. Der Chef, Jörg Dornseifer, hat Corona-Prämien an die Mitarbeiter gezahlt. „Im Handel ist es nicht immer so weit her mit der Anerkennung, die Menschen vergessen schnell“, sagt er, hofft aber, dass vom Imagewandel doch auch etwas bleiben möge.
… der Paketbote
„Ich habe Stress ohne Ende, schlimmer als an Weihnachten“, sagt Yasin Öksüz, der im Raum Siegen einen Paketdienst leitet. Bis zu 18 Stunden am Tag arbeitet er, um alles erledigt zu bekommen. Vier Mitarbeiter hat er extra eingestellt. Und selbst das reicht nicht. Läuft bei ihm? Jein. Denn für den gleichen Umsatz müssen er und seine rund 70 Mitarbeiter nun deutlich mehr Aufwand treiben. Er verdient an jedem Päckchen. Früher hat er auch mal 30 Pakete zu einem Kunden bringen können. „Mittlerweile sind es 25 Pakete für 20 Kunden.“
Corona-Lockerungen: Was seit dem 15. Juni wieder erlaubt ist
Heißt: Weniger gewerbliche, mehr private Kunden. Heißt: Mehr und weitere Fahrten. „Die Leute behalten ihr Einkaufsverhalten aus der Zeit, in der die Geschäfte geschlossen hatten, bei. Sie bestellen lieber als sich mit Maske in den Laden zu stellen“, sagt Öksüz. Für einen Teil seiner Mitarbeiter hat er eine Urlaubssperre verhängt. „Das ist nicht mehr lustig“, sagt er. Hat sich denn wenigstens die Wertschätzung für die Tätigkeit verändert? Schließlich wäre ohne die Paketzusteller fast nichts mehr gegangen eine Zeit lang. „Wir werden behandelt wie immer. Und das meint: nicht immer sehr höflich.“
… der Mann von der Müllabfuhr
Johannes Maurer ist gerade im Revier unterwegs, wie die Müllwerker so sagen. Er arbeitet für die Hagener Entsorgungsbetriebe. Die Arbeit geht weiter, wie immer. Und er macht sie gern. Wie immer. „Zu Beginn der Pandemie sind sehr viele Menschen auf mich und mein Team zugekommen und haben sich für die Arbeit der Müllwerker bedankt“, sagt er. Wie er das fand? Hat man ja auch nicht alle Tage. „Das macht mich schon ein bisschen stolz", sagte er im März, als die Bürger erkennen mussten, dass ein Glück ist, wenn tapfere Menschen weiter ihren Dienst verrichten, um das Leben, wie man es kennt, aufrecht zu erhalten.
Der Zuspruch habe nachgelassen, ja, sagt Maurer, aber es ist „immer noch spürbar mehr als vor Corona“, hält er fest. Noch immer rufen ihm Menschen ein „Dankeschön“ entgegen, sagt er. „Diese Anerkennung freut mich.“