Hagen. Im Rocker-Prozess vor dem Schwurgericht hat sich der 58-jährige Angeklagte jetzt entschlossen, ein Geständnis abzulegen.
Der Rockerkrieg-Prozess um Schüsse auf einen Bandido (26) vor dem Café Babylon: Der Angeklagte wird am 30. April ein Geständnis ablegen und geht damit auf ein Angebot des Gerichtes ein, das ihm eine Freiheitsstrafe zwischen fünf und sechs Jahren in Aussicht gestellt hat. Das hat sich bei der heutigen Verhandlung in Saal 201 des Schwurgerichts unter Vorsitz von Richter Marcus Teich ergeben.
Die Zeit bis dahin soll genutzt werden, damit sich der selbstständigen Kfz-Sachverständiger (58), der zugleich „Secretary“ bei den Freeway Riders, ist, mit dem Bandido in einem sogenannten Täter-Opfer-Ausgleich über die Höhe des Schmerzensgeldes einigen kann. Am 30. April fällt dann endgültig das Urteil, das zunächst bereits für den heutigen Prozesstag erwartet worden war.
Brutaler Kampf der Rocker um die Vorherrschaft in Hagen
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Die Vorgeschichte: Motorradgang-Mitglieder der auswärtigen Bandidos und der ortsansässigen Freeway Riders hatten sich vor zwei Jahren einen blutigen und brutalen Kampf um die Vorherrschaft in Hagen geliefert, den sogenannten „Rocker-Krieg“.
Gleich mehrmals, wie am 13. Mai 2018 an der Saarlandstraße in Halden oder eine Woche zuvor in Oberhagen, fielen Schüsse. Die Ermittler stehen bis heute vor der speziellen Situation, dass potenzielle Zeugen mit ihnen nicht sprechen wollen oder auffallende Erinnerungslücken haben. So war es auch in diesem, seit acht Monaten laufenden Strafprozess vor dem Schwurgericht.
Angeklagter ist nicht vorbestraft
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Der jetzt angeklagte Vorfall klingt kriminell wie zugleich bizarr: Der Angeklagte, nicht vorbestraft, gut-bürgerlich. Ein in der Justiz hoch-angesehener Kfz-Gutachter, dessen Expertisen vor zahlreichen Zivilgerichten Verwendung finden.
Doch dann ist da noch diese Parallelwelt – als Motorradfreak, heimlicher Rocker und ranghoher Secretary der Freeway Riders. Am 5. Oktober soll der Hohenlimburger aus seinem 1er-BMW heraus auf ein Mitglied des rivalisierenden Clubs Bandidos geschossen haben. Vor dem (nicht mehr existierenden) Café Babylon an der Frankfurter Straße, dass seinerzeit als Bandidos-Treff galt. Das 26-jährige Opfer brach, von einem Schuss in den Bauch lebensgefährlich getroffen, zusammen.
Im Prozess Tatbeteiligung bestritten
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Als mutmaßlichen Täter haben die Ermittler den Kfz-Gutachter ausgemacht, der am Tatabend hinter dem Steuer saß und aus dem fahrenden BMW heraus geschossen hätte. Versuchter Totschlag, womöglich sogar versuchter Mord, so ein Vorabhinweis des Schwurgerichts, kämen im Falle einer möglichen Verurteilung infrage. Der Angeklagte selbst hat im laufenden Prozess jegliche Tatbeteiligung bestritten und weit von sich gewiesen: Noch nicht mal einen Schuss will er gehört haben, weil er als Fahrer auf den Gegenverkehr achten musste. Die Pistole mit dem Schalldämpfer hätte er erst später auf dem Schoß seines Beifahrers gesehen, den er für den eigentlichen Schützen hält.
Ursprünglich waren für das jetzige Strafverfahren nur acht Verhandlungstage angesetzt worden. Das Urteil sollte bereits am 18. Juli vergangenen Jahres ergehen. Doch dann stellten die drei Verteidiger immer neue Beweisanträge, wodurch sich der Prozess noch über Monate in die Länge zog.