Hagen. Hinterrücks räumte eine Angestellte des Seniorenzentrums in Hagen einer Bewohnerin das Konto leer. Die Frau wird per Haftbefehl gesucht.

Als Altenpflegerin sollte sie eigentlich die ihr anvertrauten Heimbewohner gut betreuen. Doch die Mitarbeiterin (42) aus dem BSH-Seniorenzentrum machte hinterrücks genau das Gegenteil. Seit vergangener Woche wird nach ihr mit Haftbefehl gefahndet.

Hedwig Burbaum (Name geändert) war einst das, was man heutzutage als erfolgreiche Power-Frau bezeichnen würde: Chef-Buchhalterin mit Prokura, gewissenhaft, fleißig und nicht unvermögend. Als sie 2015 im hohen Alter von 91 Jahren ins Heim wollte, entschied sie sich ganz bewusst für das BSH-Seniorenzentrum an der Buschstraße in Helfe. Der „Betrieb für Sozialeinrichtungen“ ist eine städtische Tochtergesellschaft.

Finanzielle Dinge selbst geregelt

Dort fühlt man sich seit mehr als 60 Jahren hehren Leitlinien verpflichtet: der Vor- und Fürsorge von pflegebedürftigen Menschen. „Wir wollen den Bewohnern ein Gefühl von Geborgenheit und Zuhause geben“, heißt es in der Selbstdarstellung des BSH-Seniorenheims.

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Bewohnerin Hedwig Burbaum, die stets darauf bestand, alle finanziellen Dinge noch selbst regeln zu können, fühlte sich dort auch drei Jahre lang wohl. Bis sie an eine offenbar kriminelle Altenpflegerin geriet, die ihr das Konto leer räumte.

Die BSH-Mitarbeiterin, von der bekannt war, dass sie unter Geldproblemen litt, hatte sich ab August 2018 besonders um Hedwig Burbaum bemüht und diese sogar zu einer privaten Spazierfahrt in die Innenstadt eingeladen. Die alte Dame wollte sich für den schönen Ausflug bedanken und ihrer Pflegekraft dafür eine kleine Zuwendung zukommen lassen: „Ein Scheinchen durfte sie haben“, heißt es später im Polizeiprotokoll.

Überwachungskamera zeichnet auf

Am 15. August 2018 zeichnet die Überwachungskamera der Commerzbank an der Elberfelder Straße die erste Geldabhebung auf: Die inzwischen 94-Jährige steht mit ihrer Altenpflegerin gemeinsam vor dem Geldautomaten.

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In den nächsten Monaten, bis zum 2. März 2019, ist die BSH-Frau dann nur noch alleine auf den Bildern der Überwachungskamera zu sehen. Insgesamt 28 Mal hebt sie vom Konto der alten Dame ab: fast immer 500 Euro, aber auch schon mal 800 oder 1500 Euro. Am Ende ist die Rentnerin um 14.960 Euro ärmer.

„Von einem Sparbuch, das die Pflegerin ebenfalls ergattert hatte, konnte sie glücklicherweise kein Geld mehr abheben“, berichtet der Sohn (66) von Hedwig Burbaum, ein pensionierter Lehrer, im Gespräch mit dieser Zeitung: „Als die Sache aufflog, ist mir der Kragen geplatzt. Die Dame hatte das sehr geschickt gemacht. Ich bin durch die Decke gegangen, als ich gesehen habe, was für Summen da verschwunden sind.“

15.000 Euro komplett ausgegeben

In ihrer Vernehmung bei der Polizei hatte die beschuldigte Altenpflegerin sämtliche Abhebungen eingeräumt und erklärt: „Frau Burbaum sagte, dass ich nehmen soll, was ich bräuchte. Sie hat nicht gesagt, wie viel Geld ich nehmen darf und die Höhe auch nicht begrenzt.“

Die knapp 15.000 Euro seien komplett ausgegeben, gab die Beschuldigte an: Für Tätowierungen und Piercings, für Ausflüge und einen Wäschetrockner.

Seniorin stellt diebischer Hauswirtschafterin Falle

Im Sommer 2019 war eine Mitarbeiterin der Seniorenresidenz Vivaldi auf dem Kratzkopf des Diebstahls überführt worden.

Nachdem mehrmals Geld und Wertsachen verschwunden waren, stellte eine Bewohnerin (91) der Täterin eine Falle. Sie ließ 30 Euro im Zimmer liegen, während die Hauswirtschafterin das Bett bezog. Als die Seniorin aus der Dusche kam, war das Geld weg.

Die Angestellte wurde angezeigt und entlassen.

Die Altenheim-Angestellte ist unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe vom BSH fristlos entlassen worden. Zu ihrer Verhandlung vor dem Schöffengericht, wo sie wegen 29-facher Untreue (Az. 64 Ls 125/19) angeklagt ist, erschien sie nicht. Richter Michael Brass erließ deshalb einen Haftbefehl. Jetzt wird die Angeklagte von der Polizei gesucht.

Hedwig Burbaum ist im vergangenen November im Alter von fast 95 Jahren verstorben. „Ich konnte kaum die Beerdigungskosten bezahlen“, sagt ihr Sohn, „weil das Konto noch immer überzogen ist.“