Hagen. Jetzt werden die Fensterbilder der ehemaligen Hussel-Zentrale in Hagen gesichert. Was mit dem Gebäude passiert, ist offen.

Selten ziehen alle Beteiligten so an einem Strang wie in diesem Fall. Die Rede ist vom ehemaligen Hussel-Firmensitz in der Eilper Straße 115. Die Beteiligten sind der ehemalige Besitzer, der neue Eigentümer, der Hagener Heimatbund und die Fernuniversität Hagen. Es geht um die von dem Künstler Hans Slavos (1900 bis 1969) gestalteten, in Blei gefassten Buntglasfenster, die das Gebäude zieren und die gerettet werden sollen.

Zum Hintergrund: Die Familie Hussel hat den Gebäudekomplex in Eilpe an den Hagener Unternehmer Bastian Bender verkauft. „Das ehemalige Lager und Verwaltungsgebäude von Hussel wird als solches schon seit Jahren nicht mehr genutzt, befand sich aber immer noch im Besitz der Familie Hussel. Und sie hat bestimmt, dass bei einem Verkauf der Immobilie die dekorativen Glasfenster auf jeden Fall erhalten und an die Stadt Hagen gehen sollen“, erklärt Christina Rosteck. Die „Kunst am Bau“-Werke sollten an einer öffentlicher Stelle ausgestellt und so den Hagener Bürgern zugänglich gemacht werden, konkretisiert die Immobilienverwalterin, die im Auftrag der Familie Hussel den Verkauf durchgeführt und den Wunsch der Eigentümer übermittelt hat.

Abriss oder Sanierung des Gebäudes

Auch Heizungsverkleidungen gestaltet

Die Fernuni widmet sich dem Thema „Koloniale Vergangenheit der Stadt Hagen“. In diesem Zusammenhang haben Fabian Fechner und Barbara Schneider eine Broschüre herausgegeben. Ein Kapitel widmet sich dem Bereich „Koloniale Spuren in Stadtbild und Öffentlichkeit“ und greift auch die Buntglasbilder auf.

Neben den Fensterbildern werden auch wertvolle Heizungsverkleidungen aus den 1950er-Jahren, die der Hagener Kunstschmied Alfred Dörner für den Hussel-Stammsitz gefertigt hat, gesichert. Besagte Messingverkleidungen, die den Titel „Kaffeeernte“ tragen, sowie kunstvolle Geländerverzierungen wurden vom Heimatbund bereits demontiert und werden nun zwischengelagert.

Weitere Kunst am Bau von Hans Slavos fand man am alten Hagener Rathaus - dort hatte der Künstler 1946 dekorative Glasfenster eingesetzt. 1951 entstand für das Fichte-Gymnasium ein Sgraffito (eine besondere Putztechnik auf Fassaden).

„Natürlich werde ich dem Wunsch nachkommen und dabei helfen, dass die Buntglasfenster, die zum Glück unversehrt sind, gerettet werden“, beteuert Neu-Eigentümer Bastian Bender.

Ob Teile des Gebäudekomplexes an der Eilper Straße 115 - 121 abgerissen oder saniert werden sollen, steht derzeit noch nicht fest. „Auf jeden Fall stehen die 1952 errichteten Gebäude nicht unter Denkmalschutz“, unterstreicht Christina Rosteck. Auf dem Areal befinden sich 26 vermietete Wohneinheiten und eine gewerblich genutzte Einheit.

Immobilie in Eilpe ist seit langem verlassen

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Das ehemalige Verwaltungsgebäude ist seit langem verlassen. Vor etlichen Jahren befand sich dort die Malschule „Kunst an der Brücke“ des Künstlerpaares Barbara Wolff und Karl-Friedrich Fritzsche.

Jens Bergmann, Heimatbund, Barbara Schneider und Dr. Fabian Fechner von der Fernuni machen sich für die Rettung der Fenster stark.
Jens Bergmann, Heimatbund, Barbara Schneider und Dr. Fabian Fechner von der Fernuni machen sich für die Rettung der Fenster stark. © WP | Michael Kleinrensing

Aber zurück zu den Buntglasfenstern: Jens Bergmann vom Hagener Heimatbund betont mit fester Stimme: „Die wundervollen Kunstwerke müssen unbedingt erhalten und der Öffentlichkeit präsentiert werden.“ Und Dr. Fabian Fechner vom Institut für Geschichte an der Fernuni Hagen nickt zustimmend. Die Glasfenster von dem in Düsseldorf geborenen und später in Hagen heimischem Künstler Hans Slavos verdeutlichen deren eigentliche Funktion – im Grunde sind sie Werbebilder für die Handelsaktivitäten der Firma Hussel.

Kaffeerösterei einst in der Zentrale

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Während man heute den Namen Hussel fast ausschließlich mit Süßwaren in Verbindung bringt, war das früher anders. „Die Hagener Zentrale hatte sogar einst eine eigene Kaffeerösterei“, sagt Christina Rosteck. Was die Motive der Glasfenster erklärt: Kaffeepflückerinnen und Kaffeepflanzen. „Die strahlende Leuchtkraft der Fensterbilder entsteht durch das helle Licht“, schwärmt Jens Bergmann. Und der erste Vorsitzende des Heimatbundes erinnert daran, dass Hans Slavos einige „Kunst am Bau“-Objekte in Hagen geschaffen hat.

Das stattliche Chef-Zimmer in der Eilper Straße 115 wird durch ein farbenprächtiges, dreiteiliges Fensterbild, das eine Szene in einem sonnendurchfluteten südamerikanischen Hafen zeigt, dominiert. Zur Erläuterung: Der Auftraggeber der Bilder – also Firmengründer Rudof Hussel – war auch Honorarkonsul von El Salvador, daher die Aufschrift „Salvador“ auf den Kaffeesäcken. Zu dem dreiteiligen Hauptbild gehört ein ergänzendes schmales Bild, das eine stilisierte Kaffeepflanze zeigt.

50er Jahre werden erst entdeckt

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„Ein weiteres Bild, das den Betrachter fesselt, befindet sich im Treppenhaus“, macht Christiane Rosteck neugierig. Die Immobilienverwalterin präsentiert das zweiteilige Fensterbild, das zwei mit bunten Tüchern recht knapp bekleidete Kaffeepflückerinnen darstellt, die den bereits verarbeiteten Kaffee in runden Körben auf dem Kopf tragen. „Die 1950er Jahre werden erst gerade entdeckt und als denkmalwürdig empfunden“, sagt Fabian Fechner.

Auch Metallarbeit, wie diese von Alfred Dörner, sollen bewahrt werden.
Auch Metallarbeit, wie diese von Alfred Dörner, sollen bewahrt werden. © WP | Michael Kleinrensing

Der Historiker setzt sich mit seiner Fernuni-Kollegin Barbara Schneider in Absprache mit Vertretern des Heimatbundes und dem Stadtmuseum auch deshalb so massiv für die Rettung der Buntglasfenster ein, da er konkrete Pläne mit den Kunstwerken verfolgt: „Wir möchten im September/Oktober in der Fernuni-Bibliothek eine Wechselausstellung zur Kolonialgeschichte in Hagen zeigen und zumindest eines dieser Fensterbilder könnte in diesem Rahmen präsentiert werden“, blickt Fechner in die Zukunft. Wo die Arbeiten von Hans Slavos ihre endgültige Heimat finden sollen – im Sparkassen-Karree, in der Fernuni oder sonst einem öffentlich zugänglichen Gebäude – steht derzeit noch nicht fest.