Hagen. Die Ermittler zeigen sich zugeknöpft: Nur wenig ist bekannt über die Leiche von der Bahnhofshinterfahrung Hagen. Eine Spur führt ins Sauerland.
Wenn am Freitag die ersten Fahrzeuge über die neue Bahnhofshinterfahrung in Hagen fahren, dann durchqueren sie quasi auch einen Tatort. Denn an dem steilen Hang, der von der neuen innerstädtischen Umgehungsstraße hoch zu einer Wiese in Richtung Philipshöhe führt, wurden Leichenteile gefunden. Doch über die Hintergründe weiß die Öffentlichkeit immer noch sehr wenig. Warum ist dies so?
Rückblende: Anfang Juli vergangenen Jahres musste die Feuerwehr Hagen mit ihrer Drehleiter auf der Baustelle anrücken. Der Grund: Bauarbeiter, die damit beschäftigt waren, den steilen Hang vor Steinschlag mit großen Metallnetzen abzusichern, hatten Knochenteile gefunden. Die Ermittler der Polizei suchten mit Hilfe der Feuerwehrleute das weitere Umfeld in dem unwegsamen Gelände ab. Die Knochen, so viel war schnell klar, gehörten zu einem Menschen. Und sie mussten dort, nur ein paar Dutzend Meter Luftlinie zum belebten Hauptbahnhof und den Edelstahlwerken, schon lange gelegen haben.
Schon im Jahr zuvor einen Schädel gefunden
Was die Öffentlichkeit verblüffte, war für die Ermittler allerdings nur ein weiteres entscheidendes Puzzleteil in einem offensichtlichen Kriminalfall. Denn wie erst nach dem neuerlichen Knochenfund bekannt wurde, war bei den Bauarbeiten zur Bahnhofshinterfahrung schon ein Jahr zuvor ein menschlicher Schädel gefunden worden. Die gerichtsmedizinische Untersuchung ergab dann schnell: Der Schädel von damals und die nun gefundenen Becken- und Beinknochen, an denen noch Reste von Kleidungsstücken anhafteten, gehören zu ein und derselben Person.
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Und schon nach dem Schädelfund im Jahr zuvor war schnell klar: Der Mann, zu dem die menschlichen Überreste gehören, war einer Gewalttat zum Opfer gefallen. Warum wurde damals die Öffentlichkeit nicht informiert, als der Schädel gefunden wurde? Der für Kapitaldelikte wie Mord und Totschlag zuständige Staatsanwalt Nils Warmbold hatte im Juli 2019 ermittlungstaktische Gründen dafür angegeben. Und dabei ist es im Grunde bis jetzt geblieben. „Wir haben Gründe, warum wir nicht all unser bisheriges Wissen der Öffentlichkeit preisgeben“, sagt er heute.
Mitte der 1950er-Jahre in einer Stadt im Sauerland geboren
Nur soviel ist klar: Es handelt sich um die sterblichen Überreste eines Mannes, der Mitte der 1950er-Jahre in einer Stadt im Sauerland geboren wurde und dort auch wohl zuletzt gelebt hatte. Wie lange der Leichnam genau an dem steilen Hang in Hagen lag, ist nicht ganz klar. Aber der Mann dürfte um die 50 Jahre alt geworden sein. Mithin könnten seine sterblichen Überreste also mehr als zehn Jahre in dem steilen Hang gelegen haben.
Der Mann sei damals auch als vermisst gemeldet worden. „Aber das hat nicht für ein größeres öffentliches Aufsehen oder eine große Suche gesorgt“, sagt der Staatsanwalt. Der Mann habe wohl auch eher zurückgezogen gelebt. Hinweise, dass die Gewalttat im kriminellen Milieu stattgefunden haben könnte, gibt es wohl auch nicht. Die Familienangehörigen seien über den Leichenfund informiert worden. Dass dann nicht mehr geschehen sei, habe mit den Ermittlungen zu tun. „Wir versuchen das Umfeld weiter zu durchleuchten“, sagt Nils Warmbold. „Daher ist es wichtig, möglichen Tatverdächtigen nicht zu viel Informationen zur Verfügung zu stellen.“
Der Fall habe auch weiter hohe Priorität. Gleichwohl, so Warmbold, hätten für die stark beschäftigten Ermittler aktuelle Fälle, in denen Tatverdächtige bereits in Untersuchungshaft säßen und Anklagen vorbereitet werden müssten, noch mehr Dringlichkeit. „Da muss der Fall hinter aktuellen Tötungsdelikten etwas zurückstehen.“ Doch Nils Warmbold ist sehr zuversichtlich, dass der Fall letztlich auch noch gelöst werden kann.
Kein Bezug zum Vermisstenfall Martin Bach
Was aber schon jetzt klar ist: Der Leichenfund an der Bahnhofshinterfahrung hat nichts mit dem Verschwinden von Martin Bach zu tun. Dessen Fall elektrisiert immer noch die Bevölkerung, wie kurz nach dem Knochenfund im vergangenen Juli deutlich wurde. Die Spekulationen schossen ins Kraut, dass die menschlichen Überreste zu jenem Familienvater aus Norddeutschland gehören könnten, der seit Sommer 2007 verschwunden war.
Fast acht Jahre nach dem ersten Spatenstich
Die Bahnhofshinterfahrung wird am Freitag, 13. März, fast auf den Tag genau acht Jahre nach dem ersten Spatenstich, der seinerzeit noch mit Oberbürgermeister Jörg Dehm in der längst abgerissenen Varta-Kantine zelebriert wurde, eröffnet.
Mit der Fertigstellung der Bahnhofshinterfahrung soll sich die Luftqualität auf dem Graf-von-Galen-Ring deutlich verbessern. Bislang sind die Stickstoffdioxid-Werte auf diesem Abschnitt trotz des Lkw-Fahrverbotes noch zu hoch.
Die Bahnhofshinterfahrung hat 65 Mio. Euro gekostet.
Damals war er Gast auf einer Familienfeier im Vereinsheim des TuS Eintracht Eckesey an der Droste-Hülshoff-Straße. Nach einem eher belanglose Streit mit seiner Ehefrau war er weggelaufen und gilt seitdem als vermisst. Doch diese Spur führt nicht zur Bahnhofshinterfahrung.