Hagen. Ein Urteil im Prozess um den Brand einer Moschee in Hagen gibt es noch nicht. Dafür will der Angeklagte jetzt Schadensersatz von der JVA.

Der Prozess um die schwere Brandstiftung an der Ulu-Moschee (Schwenke) mit dem Anklagevorwurf des versuchten Mordes in 50 Fällen – zum zweiten Mal hat gestern das Schwurgericht seine geplante Urteilsverkündung verschoben. Diesmal grätschte im letzten Augenblick ein Hilfsbeweisantrag dazwischen. Und: Auf die Justizvollzugsanstalt (JVA) Hagen wird eine fünfstellige Schadensersatzklage des Angeklagten zukommen.

Denn: Im Hagener Gefängnis ist der 53-jährige Mann aus Castrop-Rauxel, der sich seit nunmehr acht Monaten in Untersuchungshaft befindet, offenbar ungerecht behandelt worden. Als während seiner Inhaftierung die einzige Bezugsperson in seinem Leben – seine Verlobte – verstarb, hatte er einen Antrag gestellt, an ihrer Beerdigung teilnehmen zu dürfen.

Zusicherung von JVA nicht eingehalten

Ungewollt oder absichtlich? Das ist die Frage

Was am 25. Mai an der unteren Elberfelder Straße passiert ist, stellt sich nach umfassender Beweisaufnahme für Oberstaatsanwalt Hartmut Heinrich immer noch als eine schwere Brandstiftung dar: Der Angeklagte hatte sich mit zwei Hunden gegen 9.30 Uhr – das ist unstreitig – in dem zwölf Meter langen Tunneldurchgang befunden, der zum Gebetshaus der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG), der Ulu-Moschee, führt und eine Zigarette angezündet.

Dass er die Zigarettenkippe dann auf den Rand einer Papiertonne ablegte, der Glimmstengel versehentlich nach innen fiel und dadurch das Papier ungewollt und (fahrlässig) in Brand geriet, ist die Darstellung des Angeklagten – und könnte, so das Gericht ihm glaubt, einen Freispruch bedeuten. Der Staatsanwalt hält es für unmöglich, dass die Kippe „von selbst“ in die Papiertonne gefallen ist, sie sei vielmehr absichtlich (vorsätzlich) dort reingeworfen worden.

Die Vollzugsanstalt sicherte ihm das unter Wachtmeister-Begleitung fest zu. Doch kurz vor der Trauerfeier wurde dem Untersuchungshäftling mitgeteilt, dass leider doch keine Justizvollzugsbeamten für einen bewachten Ausgang zur Verfügung stünden und er deshalb nicht an der Beerdigung teilnehmen dürfe.

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„Diese unmenschliche und bürokratische Entscheidung der JVA Hagen hat unseren Mandanten psychisch völlig aus der Bahn geworfen“, so seine Verteidigerin Susanne Rüsken (Essen). „Sie ist außerdem rechtswidrig“, fügt Verteidiger Johannes Daners (Köln) hinzu, „das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte schon vor Jahren so entschieden: Untersuchungsgefangene haben ein Anrecht darauf, an der Beerdigung von nahe stehenden Personen teilnehmen zu dürfen.“ Die beiden Anwälte kündigten schon jetzt eine Schadensersatzklage über „10.000 Euro und mehr“ gegen das Land NRW an.

Noch kein Urteil im Moscheebrand-Prozess

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Mit dem eigentlichen Brandstifter-Verfahren hat dieser Nebenaspekt eher am Rande zu tun. Gegen Nachmittag waren alle Prozessbeteiligten bereits auf die anstehende Urteilsverkündung im Moschee-Brandstiftungsprozess eingerichtet: Der Oberstaatsanwalt hatte vor dem Schwurgericht plädiert und eine dreieinhalbjährige Haftstrafe beantragt, die beiden Verteidiger hatten sogar einen Freispruch gefordert und der Angeklagte reumütig in seinem letzten Wort erklärt: Er habe unter seinem Vorleben doch sehr gelitten und inzwischen eine Sozialtherapie durchgemacht.

Dann zog sich die Kammer zu einer kurzen Beratung zurück und teilte anschließend mit: Der Termin zur weiteren Entscheidung wird auf kommenden Montag, den 17. Februar, 15 Uhr, festgesetzt.

Oberstaatsanwalt plädiert auf schwere Brandstiftung

Die Richter werden in der Zwischenzeit einen Hilfsbeweisantrag der Verteidiger bescheiden: Oberstaatsanwalt Hartmut Heinrich hatte auf schwere Brandstiftung plädiert, denn eine auf dem Rand einer Papiertonne abgelegte Zigarettenkippe könne nicht, wie vom Angeklagten behauptet, von sich aus nach innen fallen und versehentlich einen Brand auslösen. Die Verteidiger sind entgegengesetzter Auffassung und wollen das geklärt haben.