Hagen. Haus Harkorten in Hagen ist jetzt im Programm Denkmal in Not der Deutschen Stiftung Denkmalschutz

Wesentliche Impulse für die Industrialisierung kommen aus Südwestfalen. Der heutige Reichtum der Region ist Männern und Frauen zu verdanken, die mit Weitblick und Erfindergeist die Chancen des Maschinenzeitalters erkannten. Ein einzigartiges Zeugnis dieser Ära steht mit Haus Harkorten in Hagen-Haspe. Die Familie Harkort spielt eine wichtige Rolle in der südwestfälischen Eisenindustrie und wird zur Keimzelle der Industrialisierung des Ruhrgebiets. Ihr barocker Wohnsitz ist das Monument des wirtschaftlichen Pioniergeistes der Region, „ ein architekturhistorisches Juwel, das es zu retten gilt“, betont Rolf Klostermann, der Ortskurator Sauerland der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD).

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Die Stiftung hat Haus Harkorten jetzt in das Programm „Denkmal in Not“ aufgenommen – als einziges Monument in ganz NRW. Bundesweit gibt es nur sieben Denkmäler mit diesem Status. „In der Regel ist es bei der DSD nicht möglich, Geld zu spenden, außer, wenn es um ein Denkmal in Not geht“, hofft Rolf Klostermann, dass sich Unterstützer für eine Sanierung finden werden. „Das Gebäude braucht dringend Hilfe, damit die Substanz erhalten bleibt“, so Klostermann. „Wir möchten dem Förderverein so gut es geht unter die Arme greifen.“

Architektonisches Juwel in Hagen

Als Juwel gilt das Bürgerhaus von 1756/57 schon den Zeitgenossen. Die Ausstattung aus der Mitte des 18. Jahrhunderts ist nahezu unverändert erhalten. Hier hat sich eine bürgerliche Unternehmerfamilie ein Palais erbaut, das mit seinem axialsymmetrisch-quadratischen Grundriss für nicht-adelige Bauherren auf dem Land ein Novum war. Das Herrenhaus wird, auch das ist neu, als reines Wohn- und Kontorhaus entworfen, das keine Produktionsbereiche mehr vorsieht. Der Wunsch nach einer standesgemäßen Wohnung spiegelt das wachsende Selbstbewusstsein einer neuen sozialen Schicht, der Wirtschaftsbürger. Der Wunsch zum Bau ging von Louisa Catharina Märcker aus, die Johann Caspar Harkort III. 1748 heiratete, und die eine hochgebildete, auf Repräsentation bedachte Bürgertochter aus Hattingen war. Die Märckerin füllte das neue Haus mit zahlreichen Kindern und Enkelkindern, sie gab Gesellschaften, bei ihr verkehrten die führenden Köpfe aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Nach dem frühen Tod ihres Mannes 1760 führt die Witwe erfolgreich die Geschäfte fort und baute den Handel mit Eisenwaren aus.

Damit zählt sie zu den selbstbewussten Gewerken- und Reidemeister--Matriarchinnen Südwestfalens, zu denen auch die Briloner Witwe Charlotte Catharina Unkraut gehörte, der es eine Generation später, 1822, gelingt, die Olsberger Hütte zu retten. Unkraut verheiratet zum Beispiel ihre Tochter Catharina in die Hagener Stahlbaron-Familie Peters; die Buddenbrooks Südwestfalens festigten ihre Netzwerke eben nicht nur durch Geschäfte.

Johann Caspar Harkort V. wird 1844 der erste Präsident der neuen Handelskammer des Kreises Hagen, der heutigen SIHK. Sein Bruder Friedrich Harkort hat schon 1818 auf Burg Wetter die Mechanische Werkstätte gegründet, eine der ersten Maschinenfabriken in Deutschland. Der „Vater des Ruhrgebiets“ geht als Industrie-Pionier und Sozialreformer in die Geschichte ein.

Heute faulen die Balken, das Dach ist undicht. Schon seit über zehn Jahren wohnt niemand mehr in dem verfallenden Kleinod. Der letzte Eigentümer, ein entfernter Nachfahre der Erbauerfamilie, konnte das Anwesen nicht halten. Ein Investor hat die Anlage erworben. Jetzt gehört das Herrenhaus dem „Verein zur Förderung des Erhalts und der Entwicklung von Haus Harkorten“, der für seine Zukunft kämpft.

Das Dach ist undicht

„Im Moment müssen wir dem Gebäude erst einmal Zeit verschaffen. Alle Gelder gehen in die Instandsetzung der Außenhülle und in die Sicherung, unterstreicht Ina Hanemann, die Leiterin der Denkmalpflege der Stadt Hagen. „Mittelfristig verfolgt der Verein das Ziel, das Haus der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Gebäude muss uns sagen, was es will.“

Die Stiftung Denkmalschutz hat bereits eine Förderzusage von 80.000 Euro gegeben. Die Stadt steuert 84.500 Euro zu, damit Landesmittel in Höhe von 66.000 Euro beantragt werden können. Die NRW-Stiftung möchte sich ebenfalls engagieren. Mit weiterer Förderung können die Eigenmittel aufgebracht werden, um bereitstehende Bundesmittel in Höhe von 240.000 Euro abzurufen. Ina Hanemann: „Wir machen uns jetzt mühsam auf den Weg, die Gelder zusammenzubringen.“

Das Eisen macht die Region reich

Der Reichtum Südwestfalens beruht seit dem späten Mittelalter auf der Metallgewinnung und Verarbeitung. Mit über 150 Weltmarktführern ist die Region bis heute in diesem Sektor innovativ. Haus Harkorten nimmt dabei historisch und geographisch eine Scharnierfunktion zwischen der ursprünglichen Montanregion Sauer/Siegerland und dem jüngeren Ruhrgebiet ein.

Die wirtschaftlichen Beziehungen der zahlreichen Hütten, Hämmer und anderen metallverarbeitenden Betriebe untereinander waren vielfältig. So bildeten die Sauerländer Wanderhändler vor der Eisenbahn den wichtigsten Vertrieb der Harkort’schen Eisenwaren. Die hoch geachteten Händler wanderten im Winter durch Europa und verkauften hochwertige Sicheln, Sensen und andere Eisenwaren aus Hagen.

In Verkaufsregistern der Firma Harkort tauchen bereits um 1750 Wanderhändler aus Winterberg als Abnehmer von Sensen und Schneidemessern von der Enneperstraße auf. Verkaufslisten der Firma Harkort geben auch Aufschluss, wie weit vernetzt der Eisenhandel war. So waren um 1750 Königsberg, Danzig und Pillau wichtige Lieferorte der Firma Harkort für ihre Produkte. In den Lagern dort wurden sie von Sauerländer Wanderhändlern abgeholt und verkauft. Handelsgebiete waren demnach vermutlich Ost- und Westpreußen. Die Anlieferung erfolgte auf Kosten des Produzenten über Duisburg, Amsterdam und Lübeck.

Wer spenden möchte: www.denkmalschutz.de