Hagen-Ischeland. Die Stadt Hagen will den Reiterverein nach langem Streit mit einer Klage vor dem Landgericht zwingen, das Gelände auf dem Höing zu räumen.
Mit einer Zivilklage vor dem Landgericht (Az. 8 O 845/18) will die Stadt jetzt den Hagener Reiterverein zwingen, das städtische Areal am Ischeland endgültig zu verlassen. Zudem wird eine noch ausstehende Nutzungsentschädigung in Höhe von 3500 Euro verlangt. Die Auseinandersetzungen zwischen der Kommune, dem Verein und dessen streitbarem 1. Vorsitzenden schwelen seit Jahren, am Ende des Verfahrens könnte den vereinten Pferdehaltern womöglich die zwangsweise Räumung drohen.
Im März 1963 hatte die Stadt mit dem seinerzeit angesehenen „Reiterverein Hagen 1902 e.V.“ einen Erbrechtsvertrag geschlossen: Für 50 Jahre, so die damalige Vereinbarung, wurde dem Verein für das mehr als 18.400 Quadratmeter große Gelände an der Humpertstraße 20 ein sogenanntes Erbbaurecht eingeräumt. „Das sah vor, dass der Reiterverein eine Reithalle mit Stallungen und einen Turnierplatz nutzen durfte“, erläutert Gerichtssprecherin Inga Theile.
Erbrechtsvertrag ausgelaufen
Zum 31. Dezember 2013 ist dieser Erbrechtsvertrag fristgerecht ausgelaufen und damit beendet. Verhandlungen über eine mögliche Verlängerung waren bereits in den Jahren zuvor, 2010 und 2011, gescheitert: „Eine Einigung zwischen dem Reiterverein und der Stadt wurde damals nicht erzielt“, fasst es Gerichtssprecherin Theile zusammen. Die Gespräche fielen genau in den Zeitraum, als der Vorstand des Vereins mit der Stadt im heftigen Clinch lag, weil er Amtstierärzten und Kontrolleuren viermal den Zutritt zu einer erkrankten Stute verwehrt hatte. Die damalige 2. Vorsitzende des Reitervereins und der bis heute 1. Vorsitzende wurden deshalb 2011 verurteilt, Bußgelder zu zahlen.
Auch interessant
Trotz des geradezu abgekühlten Verhältnisses zwischen den Parteien wurden im Mai 2015 erneut Vertragsverhandlungen über das Grundstück am Ischeland aufgenommen. Diesmal sogar mit einer Einigung: Der Reiterverein durfte das städtische Gelände für einen jährlichen Erbbauzins in Höhe von 2500 Euro weiter nutzen. Ab 2017 allerdings – so die im Februar 2016 notariell beurkundete Vereinbarung – mit einer jährlichen Erhöhung um 500 Euro, bis ein Betrag von 5500 Euro erreicht ist.
Endgültig aufgekündigt
Doch im Dezember 2017 hat die Stadt das Pachtverhältnis zum Jahresende 2018 endgültig aufgekündigt. Die Spannungen bestehen fort: Städtischen Mitarbeitern, so heißt es, sei der Zutritt aufs Gelände weiterhin beharrlich verwehrt worden. Weil der Reiterverein aber bislang das Grundstück noch immer nicht freiwillig geräumt hat, soll die 8. Zivilkammer des Landgerichts das nun regeln. Christine Eichner, Justiziarin im Rechtsamt: „Wir haben beantragt, den Verein zu verurteilen, das von ihm innegehaltene bebaute Grundstück zu räumen und an den Kläger, den Oberbürgermeister, herauszugeben.“
Der Reiterverein, dessen erster Vorsitzender zum Prozess übrigens nicht erschienen war, macht weiterhin Ansprüche aus dem Erbbaurechtsvertrag geltend und ließ über seinen Anwalt beantragen, die Räumungsklage abzuweisen. Die geforderte Nutzungsentschädigung von 3500 Euro wolle man auch nicht zahlen. Zudem sei die Klage „schon deshalb als unzulässig abzuweisen, weil der Oberbürgermeister allein als Kläger gar nicht parteifähig ist.“
Klage mit formalem Fehler
Tatsächlich hätte die Klage schon an diesem formellen Fehler scheitern können. Doch Joachim Stryczek, der Anwalt der Stadt, hat bereits angekündigt, hier nachbessern zu wollen: Die Klage werde entsprechend erweitert. Kläger sei nunmehr die Stadt Hagen, vertreten durch den Oberbürgermeister, wie es richtig heißen müsse.
Verein mit schillernder Vergangenheit
Der Reiterverein Hagen wurde 1902 gegründet und galt einst als Vorzeigeadresse im deutschen Reitsport. Olympiasieger und Weltmeister ritten Turniere auf dem Höing, darunter Hans-Günter Winkler, Paul Schockemöhle, Ludger Beerbaum oder Fritz Ligges. In den fünfziger Jahren war Hagen hinter Aachen und Hamburg die bedeutendste Turnierstadt in Deutschland.
1997 fand zum letzten Mal ein Springen der S-Klasse statt. Als Pächter der Anlage und Reitlehrer war in jener Zeit Hans-Ulrich Grunow tätig, die Jugendarbeit florierte. Zu seinen besten Zeiten zählte der Verein mehr als 700 Mitglieder. Als Grunow im Jahr 2007 mit vier Turnier- und neun Schulpferden nach Trier zog, war es mit der Herrlichkeit endgültig vorbei.
Vorsitzender Richter Jürgen Wrenger versprach: Es werde nun schnellstmöglich einen neuen Verhandlungstermin geben und der werde „kurzfristig von Amts wegen anberaumt“.
Die Anwaltskanzlei, die der Reiterverein für Presseanfragen beauftragt hatte, hat eine Anfrage unserer Zeitung nicht beantwortet.