Hagen. Nach dem sie von ihrem Chef zur Kündigung gezwungen wird, steht Rabia aus Hagen vor dem Nichts. Doch dann erwacht ihr Kämpferherz.
Manchmal ging einfach nichts mehr. Vielleicht kann man das am besten so beschreiben, wie Rabia es selbst versucht. „Es wird dann einfach in meinem Kopf zu eng“, sagt die 28-Jährige. „Ich vergesse Dinge schnell.“
Es wird nur noch ganz selten zu eng. Und dann endlich in einem Umfeld, in dem die Menschen verstehen, was Rabia Kiziltepe zu schaffen macht. Die 28-Jährige ist nicht lustlos, nicht faul, nicht unwillig – wenn es in ihrem Kopf zu eng wird, dann ist sie einfach überfordert. Seit sie in der Werkstatt der Caritas arbeiten kann, ist vieles anders, vieles besser, erträglicher.
Auch interessant
Förderschülerin mit dem Kämpferherz
Rabia, die Förderschülerin – Stempel drauf, ab in eine Schublade, abgeschlossen, Schlüssel weg. So mag das in vielen ähnlich gelagerten Fällen laufen. Aber Rabia hat ein Kämpferherz. Sie landet in einer berufsvorbereitenden Maßnahme der Caritas und anschließend auf dem ersten Arbeitsmarkt. Rabia findet eine Anstellung bei einer Bäckerei-Kette. „Ich bin da gut zurecht gekommen“, sagt sie, „habe mehrere Jahre lang in einer Filiale gearbeitet. Probleme hat es eigentlich nicht gegeben.“
Zumindest so lange nicht, bis der Chef wechselt und alles umkrempelt. Rabia, die manchmal länger braucht, um Dinge umzusetzen, ist nicht mehr schnell genug. Sie soll raus. Und zwar schnell. „Er hat mich gezwungen, zu kündigen“, sagt Rabia, „eine schreckliche Situation. Er hat mich unter Druck gesetzt, mir sogar meine eigene Kündigung diktiert.“ Rabia schreibt. Und Rabia unterschreibt.
Sie unterschreibt nicht nur ihre Kündigung. Sondern sie steht von einem Moment auf den anderen vor dem Nichts. Weil sie formal selbst gekündigt hat, zahlen Arbeitsagentur und Jobcenter zunächst keinen Cent. „Ich habe zu Hause gesessen und einfach nur noch geheult“, sagt Rabia Kiziltepe.
Es sind die Tage, in denen sich nur noch Hürden und Hindernisse auftun, die Rabia alleine nicht überwinden kann. Es ist die Zeit, in der sie zum ersten Mal am Büro des Vereins „Fit for Future“ an der Rathausstraße anklopft. An jener Tür, hinter der Peter Bach und viele weitere Ehrenamtliche Jugendlichen und jungen Menschen, die Schwierigkeiten haben, in der Welt der Erwachsenen klarzukommen, einen Weg aufzeigen.
Es ist wie so oft auch bei Rabia ein Weg der kleinen Schritte. „Rabia kann sehr gut eine Aufgabe abarbeiten und dann die nächste“, sagt Peter Bach, „allerdings hat sie Schwierigkeiten, wenn sie permanent mit neuen Aufträgen konfrontiert wird. Unter Leistungsdruck funktionieren – das schafft sie einfach nicht.“
Ein neuer Job in der Werkstatt
Also knüpft Peter Bach Kontakt zur St.-Laurentius-Werkstatt für Menschen mit Behinderung. „Anfangs war das schwer für mich. Ich habe mich gefragt, was ich da soll“, sagt Rabia . „Ich fühle mich nicht behindert.“
Auch interessant
Dann aber lässt sie sich auf das Projekt ein. „Jeder ist auf einem anderen Level, jeder hat seine Schwächen, aber jeder wird genommen, wie er ist“,sagt sie. „Ich habe viele Freunde gefunden. Richtig gute Freunde.“ Manchmal muss es noch schnell gehen. „Es gibt Aufträge, da müssen wir richtig Gas geben“, sagt Rabia Kiziltepe, „aber dann zeigen wir alle zusammen, dass wir das hinkriegen.“ Als Team und ohne Druck. Es wird nur noch ganz selten zu eng in Rabias Kopf.
Die diesjährige Weihnachts-Spenden-Aktion der Stadtredaktion Hagen unterstützt den Hagener Verein „Fit for Future“.
Der Verein wurde 2011 gegründet. Er will jungen Menschen mit Lernbehinderungen und vielfältigen sozialen Problemen helfen, fit für ihre Zukunft zu werden. Dazu wurde eine Beratungsstelle eingerichtet, in der montags bis freitags Mitarbeiter persönlich mit Rat und Tat zur Seite stehen. Neu ist seit 2016 am Donnerstagmorgen ein Informationsangebot im Bereich Überschuldung/Strafrecht.Die Beratung ist völlig kostenlos.
Auch interessant