Hagen. Wie gut werden die Kinderrechte in Hagen umgesetzt? Ein Gespräch mit Kinderschutzbund-Leiterin Manuela Pischkale-Arnold.

Vor 30 Jahren verabschiedeten die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen die Kinderrechtskonvention. Ein großer symbolischer Akt, der allerdings nur in kleinen Schritten konkret in die Wirklichkeit umgesetzt wird. In Hagen kämpft der Kinderschutzbund an allererster Stelle dafür, dass die Kinderrechte in Politik und Gesellschaft vermittelt werden. Manuela Pischkale-Arnold, Geschäftsführerin des Ortsverbandes Hagen des Kinderschutzbundes, blickt im Gespräch darauf, wie weit man bei diesem Thema in Hagen ganz konkret schon ist und wo noch viel zu tun ist.

Wenn wir gleich mal ganz persönlich werden dürfen: Sie haben selbst sechs Kinder. Sind die eigentlich alle im Sinne der Kinderrechte erzogen worden?

Manuela Pischkale-Arnold Ich will es mal so sagen: Ich habe darauf geachtet, dass ich meinen Kindern zugehört habe. Ich habe immer mit Ihnen gesprochen und sie altersgemäß behandelt. Wenn es Konflikte gab, dann habe ich sie angeregt, selber nach Lösungen zu suchen und sich sozial zu verhalten. Eine klare Sprache war mir wichtig. Natürlich gab es auch Tage, wo mir der Kragen geplatzt ist. Aber dann habe ich mich bei meinen Kindern entschuldigt. Die Kinderrechte selbst waren damals noch nicht so präsent. Aber dennoch: Vier der sechs Kinder haben später soziale Berufe ergriffen.

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Die pädagogische Arbeit mit Kindern bestimmt das ganze Leben von Manuela Pischkale-Arnold. Hier mit einer Kindergruppe im Haus für Kinder.
Die pädagogische Arbeit mit Kindern bestimmt das ganze Leben von Manuela Pischkale-Arnold. Hier mit einer Kindergruppe im Haus für Kinder. © KLeinrensing

Unter den immer wieder zitierten zehn Kinderrechten ist das siebte ein besonderer Baustein in der Arbeit des Kinderschutzbundes. Es lautet: Kinder haben ein Recht auf eine eigene Meinung und darauf, an Entscheidungen beteiligt zu werden.

Das ist meiner Meinung nach so wichtig. Wenn wir alle das bei Gesprächen und in Konflikten mit unseren Kindern mehr beherzigen würden, gäbe es viel weniger solcher Kinder, die wir heute als schwierig bezeichnen oder die auf die schiefe Bahn geraten. Wie werden Gespräche am Tisch geführt? Wie werden Konflikte gelöst? Wie oft fragen wir unsere Kinder eigentlich, was sie über bestimmte Situationen denken. Das Positive ist: Wir stellen fest, dass diese neue Haltung in vielen Familien Einzug hält.

Ganz konkret: Wie weit sind wir denn nach 30 Jahren mit der Umsetzung der Kinderrechte in Hagen? Außer dass eine mahnende Stele im Park vor dem Kinderschutzbund steht.

Ich musste lernen, dass man viel Geduld haben muss. Erst seit dem Jahr 2000 gibt es beispielsweise einen Paragrafen im Bürgerlichen Gesetzbuch mit dem Recht auf gewaltfreie Erziehung. Und erst seit 2012 gibt es ein Bundeskinderschutzgesetz, dass die frühen Hilfen von freiwilligen Leistungen zu Pflichtangeboten machte. Positiv ist aber zum Beispiel, dass es schon einige Kinderparlamente in Hagener Einrichtungen gibt. In Kindergärten zum Beispiel. Dort haben Kinder Mitbestimmungsrechte und werden nach ihrer Meinung gefragt. Es gibt Schulen, die zu Kinderrechte-Schulen werden. Dort geht es dann auch darum, wie der Unterricht mitgestaltet werden kann. Um diese Schritte zu gehen, muss man aber seine Haltung verändern. Das ist viel schwieriger, als eine Konvention zu verabschieden.

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Was muss in Hagen mit Blick auf die Kinderrechte passieren?

Ich erwarte von den politischen Parteien, auch nach der nächsten Kommunalwahl, dass sie sich dafür stark machen, dass Kinderrechte in das deutsche Grundgesetz aufgenommen werden. Das ist ein Impuls, der auch aus den Kommunen kommen muss. Das wäre das Mindeste für mich. Wir haben in Hagen bereits ein gut funktionierendes Netzwerk der Frühen Hilfen für Familien und Kinder. Da sind viele Institutionen, freie Träger und die Stadt Hagen vertreten. Das ist schon ein Fortschritt. Aber trotzdem gibt es noch viel zu tun. Wir haben weiterhin Kinderarmut. Und: Die Politik muss weiterhin die Prävention im Auge behalten, um Eltern in der Erziehung weiter zu unterstützen.

Und was tut der Kinderschutzbund mit Blick auf die Kinderrechte in Hagen ganz konkret?

Im Prinzip ist ja unser gesamtes Angebot auf die Verwirklichung der Kinderrechte ausgelegt. Seit Juli bieten wir aber ein Sonderprogramm „30 Jahre Kinderrechtskonventionen – Kinderrechte kennen und beachten“ an. Mit fantasievollen Aktionen werden die Rechte dabei verstärkt in den Mittelpunkt gestellt. Sie finden öffentlichkeitswirksam statt. Außerhalb und innerhalb unseres Hauses. Sie finden im Haus für Kinder, in Altenhagen oder im Kinderrechtepark statt. Es werden inzwischen 50 bis 80 Ehrenamtliche darauf geschult. Bis zum Sommer 2020 finden aber noch weitere Aktionen statt, die wir zu gegebener Zeit dann noch veröffentlichen werden.

Und trägt das schön Früchte?

Ja, vor allem bei den Kindern. In Abschlussbesprechungen werden wir von den Kindern oft gefragt, ob es nicht möglich sein könnte, dass immer so mit ihnen gesprochen und umgegangen wird. Das ist meiner Meinung nach der größte Erfolg, den wir erzielen können.

Mit Manuela Pischkale-Arnold sprach Mike Fiebig

Zur Person Manuela Pischkale-Arnold

Manuela Pischkale-Arnold ist 59 Jahre alt, verheiratet und Mutter von sechs Kindern.

Nach einer Ausbildung zur Erzieherin machte sie ihr Abitur und studierte Sozialpädagogik auf Diplom. Sie arbeitete danach unter anderem in Familienbildungsstätten. Bevor sie zum Hagener Kinderschutzbund kam, war sie bei der AWO im EN-Kreis tätig. 2015 löste sie Christa Burghardt als Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes in Hagen ab.