Hagen/New York. In New York erhält die Hagener Kunsthistorikerin eine riesige Chance. In einem der traditionsreichsten Auktionshäuser der Welt.
Die Kunsthistorikerin Doro Csitneki (34) erfüllt sich aktuell einen Traum. Im weltweit bekannten und traditionsreichen Kunst-Auktionshaus Christie’s in New York darf sich die Hagenerin acht Monate lang einen Wissensschatz aufbauen und blickt perspektivisch auf ein Feld der Kunstwelt, in dem auf dem internationalen Markt enorm viel Arbeit wartet: die sogenannte Restitution und Provenienzforschung.
Frau Csitneki, vor kurzem haben Sie noch Führungen im Osthaus-Museum geleitet, jetzt arbeiten Sie im größten Auktionshaus der Welt. Muss Sie zwischendurch mal jemand kneifen?
Doro Csitneki (lacht) Ja, das wäre wirklich nötig. Diese Chance erhalten nicht viele Kunstinteressierte auf der Welt.
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Ohne kitschig sein zu wollen: Aber es klingt schon ein bisschen nach dem vielzitierten amerikanischem Traum, den Sie da leben.
Nun ja, ein Wunder oder ein Zufall war es nicht, wie es gelaufen ist. Ich habe eine Mail nach New York geschrieben und eine positive Antwort erhalten. Eigentlich bin ich nur dem Motto „Fragen kostet nichts“ gefolgt. Ich muss mich aber in Hagen bei Tayfun Belgin, Elisabeth May, Rouven Lotz und Ralf Blank aus den Museen und vom Historischen Dienst bedanken. Sie haben mich nämlich bekräftigt, diesen Schritt zu gehen und mich unterstützt.
Welchen Kunst-Hintergrund haben Sie denn? Und was genau war in Hagen zuletzt Ihre Aufgabe?
Nach dem Abi am Albrecht-Dürer-Gymnasium in Hagen habe ich Kunstgeschichte studiert. Zu einem Studiengang wie diesem gehört immer auch die lästige Frage „Was willst du denn damit später mal machen?“. Ganz einfach: meinen Traum leben. Durch ein Praktikum im Osthaus-Museum erhielt ich die Möglichkeit, im Führungsbetrieb anzufangen. Was ich gemacht habe bei den Führungen, ist eine der wichtigsten Aufgaben in Museen.
Inwiefern?
Jede Person, die Führungen gibt, repräsentiert das Museum und kann durch ihr Handeln und Auftreten Menschen begeistern. Ein Feld, das sehr unterschätzt wird. Ich bin einst genauso von der Kunst infiziert worden.
In welchem Museum denn?
Mit sieben Jahren nahm mich meine Mutter mit ins Folkwang-Museum nach Essen. Völlig unwissend, dass ein Museum kein Verkaufsraum ist, stoppte ich vor einem Picasso und sagte zu meiner Mutter: „Mama, der ist ganz gut, können wir den kaufen?“ Ich denke, durch das frühe Nahebringen der Kunst entstand bei mir eine Liebe, die ein Leben lang hält. Kunst ist eine Reflektion der Gesellschaft. Sie aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und sie immer neu zu entdecken, macht mich glücklich.
Wer es durch die Eingangstür bei Christie’s schafft, der will doch jetzt bestimmt noch mehr.
Ich betrachte das erstmal so sachlich wie eben möglich. Die Möglichkeit, hier in New York Lebenszeit zu verbringen, ist schon ein Gewinn. Bei Christie’s Wissen aufzubauen, ist quasi der Jackpot. Ich nehme an einem Programm teil, das sich „Art Business Certificate“ nennt. Es werden Fragen diskutiert, die rechtlicher, finanzieller und historischer Natur sind und auf den globalen Kunstmarkt ausgerichtet sind. Ich will in dem Zusammenhang mal auf die Wichtigkeit des Osthaus-Museums hinweisen. Das erste Buch, das ich hier in die Hand bekam heißt „Rape of Europa“ und behandelt im ersten Kapitel das Wirken von Karl Ernst Osthaus. Es war, wenn ich das so sagen darf, ein geiles Gefühl, in Midtown New York auf das Rockefeller Center zu blicken und dadurch an die Heimat erinnert zu werden. Na ja, und dann traf ich Monica Dugot.
Von Kunst-Banause zur Expertin: Wer ist das?
Fachlich nennt sich Monica Dugot „Director of Restitution“. Sie kümmert sich um die sogenannte Provenienzforschung. Ein Bereich, der in der Kunstwelt heute wichtiger denn je ist.
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Worum geht es dabei?
Der Kunstmarkt ist ein 69 Billionen-Geschäft. Im Vergleich zu anderen Märkten ist das klein. Dennoch werden Unsummen für Gemälde bezahlt. Wenn es teuer wird, ist die Herkunft des Objektes wichtig. Ein wichtiges Betrachtungsfeld dabei ist, ob es sich bei einem Objekt um Kriegsbeute handelt. Die Provenienzforschung widmet sich dabei der Herkunft eines Kunstobjektes. Besonders Werke, die in der NS-Zeit gestohlen wurden, sind im Fokus. Und Monica Dugot sucht jemanden, der neben Englisch und Deutsch noch eine dritte Sprache spricht. So wie in meinem Fall Ungarisch.
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Dann können Sie bei Christie’s quasi zum Indiana Jones des Kunstmarktes werden?
(lacht) Sehr klischeehaft. Aber ja, natürlich ist es ein Abenteuer, der Geschichte eines Bildes hinterher zu recherchieren. Ich muss dafür aber noch ein Arbeitsvisum bekommen.
Und wenn es klappt, wollen Sie dann für immer bleiben?
Ich möchte mich nicht auf einen Zeitraum festlegen. Klar ist aber: Hagen ist meine Heimat, und ich werde definitiv dort hin zurückkommen.
Mit Doro Csitneki sprach Mike Fiebig