Hagen. 45 Jahre nach seiner Gründung geht das Hagener Journalistenzentrum Haus Busch in Insolvenz. Der Mietvertrag mit der Stadt Hagen ist gekündigt.

Das Hagener Journalistenzentrum Haus Busch im Lennetal steht 45 Jahre nach seiner Gründung vor dem Aus: Der Trägerverein (Verein für Zukunftsqualifikation e.V.) hat wegen Außenständen in sechsstelliger Höhe einen Insolvenzantrag gestellt und zum Jahresende den Mietvertrag mit der Stadt Hagen für die Immobilie an der Feldmühlenstraße aufgekündigt.

„Für den Bildungsstandort Hagen ist es höchst bedauerlich, dass diese Einrichtung, die über Jahrzehnte bundesweit höchste Anerkennung erfahren hat, die Stadt verlässt“, betont Oberbürgermeister Erik O. Schulz. Als Nachfolge-Einrichtung für journalistische Aus- und Weiterbildung geht übergangslos zum 1. Januar 2020 die „Neue Gesellschaft für publizistische Bildungsarbeit“ in Herne (Shamrockpark/ehemalige Zentrale der Ruhrkohle AG) an den Start. Erster Vorsitzender dieses neuen Trägervereins ist der Kölner Professor Frank Überall, zugleich Vorsitzender des Deutschen Journalisten Verbands (DJV).

Stadt gewährt Spott-Mietpreis

Die seit 1974 in Hagen ansässige Einrichtung hatte bereits im Jahr 2006 ein Insolvenzverfahren durchlaufen. Seitdem residiert das Journalistenzentrum in denkmalgeschützter Umgebung zu unvergleichlich günstigen Sonderkonditionen im Lennetal: 1500 Euro Monatsmiete plus Nebenkosten (ca. 2200 Euro) wurden nach WP-Informationen zuletzt mit der Stadt abgerechnet – für über 2000 Quadratmeter genutzter Fläche.

Herrenhaus mit bewegter Vergangenheit

Haus Busch ist ein altes Herrenhaus der Adelsfamilie von Syberg zum Busch in Hagen-Helfe. Seit 1974 dient das Ensemble an der Feldmühlenstraße im Lennetal unter der heutigen Trägerschaft des Vereins für Zukunftsqualifikation als Journalisten-Zentrum.

Das ehemalige Rittergut war seit 1369 im Besitz der Familie von Syberg. Das heute noch erhaltene Herrenhaus mit eindrucksvollem Kellergewölbe wurde um 1700 auf dem Gelände errichtet, das bis heute von einem Parkgarten mit altem Baumbestand geprägt ist.

Das Objekt ist das Geburts- und Elternhaus von Georg von Vincke. Ab 1920 war Franz Pfeffer von Salomon Gutspächter. Im Laufe des 20. Jahrhunderts erwarb die Stadt Hagen das Haus mit umliegenden Flächen.

Finanziell die Beine weggerissen hat dem Trägerverein jedoch eine Rückforderung von Fördermitteln des Landes NRW aus den Jahren 2010 bis 2017. Dabei soll es sich nach Recherchen der Stadtredaktion um knapp 500.000 Euro handeln. „Monatelange Gespräche mit der Bezirksregierung, dem zuständigen Weiterbildungsministerium sowie der Staatskanzlei haben bedauerlicherweise nicht zu einem tragfähigen Ergebnis geführt“, bedauert Vereinsvorsitzender Michael Brocker. Auch eine Stundung der rückgeforderten Fördersummen sei nicht zu stemmen gewesen.

Verstoß gegen Förderrichtlinie

In dem Wohntrakt mit Gastronomie gibt es nach Darstellung des Trägervereins einen erheblichen Sanierungsstau.
In dem Wohntrakt mit Gastronomie gibt es nach Darstellung des Trägervereins einen erheblichen Sanierungsstau. © WP | Michael Kleinrensing

Die erheblichen Außenstände sind offenkundig durch eigenes Verschulden aufgelaufen: Bei einer Überprüfung durch die Bezirksregierung, so bestätigt Brocker, hatte sich herausgestellt, dass der Verein für Zukunftsqualifikation über Jahre gegen die Richtlinien des NRW-Weiterbildungsgesetzes verstoßen hatte: Zum einen wurden „aus didaktischen Gründen“ (Brocker) die Mindestteilnehmerzahlen für die Seminare nicht erreicht. Zum anderen lag der geforderte Mindestanteil der Weiterbildungsgäste aus NRW deutlich zu niedrig. „Unser Anspruch war immer, die gesamte Republik ins Haus Busch zu holen“, macht der Vereinschef wiederum konzeptionelle Gründe für dieses Versäumnis verantwortlich.

Zudem habe die Stadt Hagen über ihren Fachbereich Immobilienwirtschaft immer wieder signalisiert, sich auch eine Vermarktung des Ensembles vorstellen zu können. „Man hatte erkennbar den Plan, dort eine Feuerwehrschule zu etablieren“, begründet Brocker, warum das Journalistenzentrum – mal abgesehen vom erheblichen Renovierungsbedarf – erst gar nicht versucht habe, am Standort Hagen festzuhalten. „Wir standen auf schwankendem Grund. Mehr als Worte sind in Hagen nie gekommen. Die Stadt Herne hat uns hingegen den roten Teppich ausgerollt – dort gibt es Geld.“

Gesprächsangebote der Stadt

Dieser Darstellung widerspricht die Stadt Hagen vehement: „Angesichts der über Jahre anhaltenden wirtschaftlichen Schlingerpartie hat es immer wieder Gesprächsangebote zu tragfähigen Zukunftskonzepten gegeben“, sagt Thomas Bleicher, Büroleiter des Oberbürgermeisters. Bis zuletzt habe man Unterstützung angeboten, weitere Geschäftsideen zu entwickeln oder andere Kooperationen zu suchen, aber nie sei eine entsprechende Reaktion gekommen. Stattdessen sei Ende Oktober die Kündigung eingegangen, und am Montag habe das Journalistenzentrum letztlich gegenüber dem Oberbürgermeister offenbart, dass es bereits eine Nachfolgegründung in Herne gebe.

Die Düsseldorfer Staatskanzlei von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, die letztlich die Rückforderung der über Jahre gewährten Fördermittel durchgesetzt hatte, wollte sich am Dienstag auf Anfrage der WP-Stadtredaktion zum Aus von Haus Busch noch nicht äußern. Hier soll eine Stellungnahme zu dem Fall aber noch folgen.