Boelerheide. Boelerheide musste zahlreiche Schließungen verkraften. Doch der Tante-Emma-Laden hielt dagegen. Jetzt trifft es ihn auch.
Er war das Erfolgsrezept gegen das Kiez-Sterben in Hagen. Allen Zentralisierungstendenzen zum Trotz zeigte das Geschäft, dass das nostalgische Prinzip des Um-die-Ecke-Lebensmittelladens gerade jetzt Zukunft hat. Doch dieses Beispiel aus der Boelerheide zeigt, dass der Infrastrukturverlust in Hagens Vierteln scheinbar alles mit sich reißt. Der Tante-Emma-Laden an der Grimmestraße musste nach zehn Jahren schließen. „Weil jetzt hier einfach alles dicht ist“, sagt Chef Dirk Tiedemann.
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Das ist doch eine Nachricht, die nur in Boelerheide interessiert, oder? Mitnichten. Denn hier geschieht, was auch am Quambusch, in Altenhagen, am Ischeland oder auf Emst passiert. Die Nahversorgung bricht weg. Ja, der nächste Discounter mit angeschlossener Drogerie und Getränkemarkt liegt oft nur zwei Kilometer entfernt. Aber wenn man 80 ist, nicht mehr fahren kann und die Knochen nicht mehr so mitmachen, sind zwei Kilometer eine Welt. Und 80, nicht mehr fahren und schmerzende Knochen – diese Beschreibung wird, demografisch betrachtet, auf sehr, sehr viele Hagener in der Zukunft zutreffen.
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Schleichende Entwicklung
„Ich bleibe dabei. Der Laden ist ein Erfolgsmodell. Deswegen will ich ihn auch gern an anderer Stelle in Hagen weiterführen. Aber hier in der Boelerheide ist jetzt einfach zu viel passiert“, sagt Dirk Tiedemann. Zu viel passiert heißt: Schon vor zehn Jahren machte Edeka dicht. Schlecker machte zu. Dann schloss die Sparkasse und im vergangenen Januar die Apotheke. Alles in der Vereinsstraße. „Das sind alles Schließungen, die die komplette Laufkundschaft aus dem Viertel gezogen haben. 50 Prozent des Umsatzes sind zurückgegangen. Diese Entwicklung ist schlecht. Und mir kann auch keiner erzählen, dass die älteren Leute im Viertel jetzt alle Online-Banking oder Online-Apotheke machen. Niemals.“ Tiedemann will weiter machen. An anderer Stelle in Hagen. „Der Emma-Laden bleibt weiterhin interessant, gerade weil alles zentralisiert wird. Wenn ich ein geeignetes Lokal irgendwo finde, mache ich weiter.“ Tiedemann ist 46. In den vergangenen Jahren war der Tante-Emma-Laden immer Ausbildungsbetrieb.
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Mit Blick auf das Einzelhandelskonzept der Stadt Hagen ist der Ortsteil Boelerheide im Prinzip durch ein Zentrum (Boele) und zwei Sonderstandorte (Kaufland an der Alexanderstraße und Rewe und Lidl an der Schwerter Straße) ausreichend versorgt. Von weiterem nahversorgungstechnischem Handel soll eigentlich abgesehen werden. Möglicherweise lohne sich aber eine Überarbeitung des Nahversorgungskonzeptes, wie Stephanie Erben, Ansprechpartnerin Dienstleistungen bei der Industrie- und Handelskammer, erklärt: „Einerseits bedingt durch sinkende Nachfrage aufgrund des demografischen Wandels und andererseits aufgrund der Tendenz zu größeren Verkaufsflächen im Lebensmitteleinzelhandel geht die Zahl kleinerer Konzepte zurück“, so Erben. Eine ausgewogene Nahversorgung sei jedoch wichtig. „Wir raten den Kommunen zur Fortschreibung solcher Konzepte“, so Erben.
Nord-Bezirksbürgermeister Heinz-Dieter Kohaupt (CDU) sagt: „Das ist extrem schade für das Viertel und ein Verlust von Infrastruktur. Aber der Politik sind in diesem speziellen Fall die Hände gebunden. Das sind Dinge, die der Markt regelt.“