Hagen. Wie man auch mit weniger glücklich und zufrieden sein kann: Patricia und Carsten Maurer aus Hagen bewirtschaften einen autarken Kleingarten.
Patricia und Carsten Maurer besaßen mal ein Ferienhäuschen in Holland, wo sie regelmäßig Urlaub machten, als die Kinder noch bei ihnen wohnten. Dann waren die Kinder aus dem Haus, und Maurers hatten das Gefühl, dass es auch für sie an der Zeit für einen Neustart sei. Sie verkauften das Häuschen in Holland und erwarben stattdessen – nein, keinen Pool, kein Auto, keine Yacht – einen Schrebergarten. Dort ziehen sie Obst und Gemüse: „Uns geht es prächtig. Wir könnten nicht glücklicher sein“, sagen sie.
Der Schrebergarten der Maurers liegt in der Kleingartenanlage Krebsberg, und er stellt das Gegenteil von Luxus dar. Das Gelände ist steil und das Gärtnern anstrengend, es gibt keinen Strom und kein fließend Wasser. Trotzdem: Wenn Patricia (45) und Carsten Maurer (46) hier bei der Arbeit schwitzen und in der Erde wühlen und sich über die harten Steine im felsigen Untergrund ärgern, dann ist das für sie wie Urlaub. „Wir haben uns das bewusst so ausgesucht. Wir haben hier keinen Strom und kein Wasser, dafür haben wir unsere Ruhe. Dies ist unser Altersdomizil.“
Trend zum naturnahen Gärtnern
Unter den 3500 organisierten Kleingartenfreunden in Hagen gibt es einen Trend: weg vom aufgeräumten, akkurat gepflegten, bisweilen bieder wirkenden Ziergarten hin zum naturbelassenen, anarchistischen, kunterbunten Landbesitz. Nicht alle Schrebergärtner haben sich diesem umweltbewussten Ideal verschrieben, doch ihre Anzahl steigt. Und Maurers, die den Regen in fünf 1000-Liter-Containern auffangen, gehören zu dieser neuen Generation von Gartenfreunden. „Wir versuchen, weitgehend naturnah zu gärtnern“, bestätigen die Eheleute: „Das ist sicherlich eine Lebenseinstellung.“
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Naturnahes Gärtnern bedeutet nicht, die Pflanzenwelt sich selbst zu überlassen und eine Parzelle zu fördern, in der es nach Kraut und Rüben aussieht. Nein, wer das richtige Händchen besitzt, macht aus seinem Land mit gewollter Nachlässigkeit einen inspirierenden, wunderschönen Garten Eden. „Klee, Gänse- und Butterblümchen – was andere Gärtner als Unkraut bezeichnen, lassen wir als Insektennahrung stehen“, sagen sie. „Es muss Ritzen und Ecken geben, in die man nicht eingreift.“ Einen Totholzhaufen. Eine unverfugte Bruchsteinmauer. Ein Gartentorschloss, in dem sich Töpferbienen ein Nest bauen. Hammer!
Prinzip Mischkultur
Das Prinzip des Ehepaars lautet: Mischkultur. Maurers kombinieren Blumen mit Anbauprodukten, weil sich die so verschiedenartigen Pflanzen gegenseitig im Wachstum unterstützen. In einem Beet nicken sich Tagetes und Brechbohnen zu, in einem anderen stehen Bohnen neben Mais neben Kürbissen. „Die Bohnen führen dem Boden Stickstoff zu, wovon der Mais profitiert, an dem sich die Bohne wiederum festhält“, erläutert Carsten Maurer: „Und der Kürbis beschattet die Erde mit seinen riesigen Blättern, so dass der Boden nicht austrocknet.“
Maurers sind überzeugte Raucher, das mus hier gesagt werden. Zehn bis 15 Zigaretten am Tag müssen es schon sein, sagt Patricia Maurer. Den Tabak kauft sie jedoch nicht am Kiosk um die Ecke, sondern produziert ihn selbst. Mitten im Garten stehen, aufrecht wie Gardeoffiziere, an die 30 Virginia-Tabakpflanzen.
Keine Zusatzstoffe
Jetzt Ende September ist Erntezeit, Maurers pflücken die Blätter, in denen das Nikotin eingelagert ist und fädeln sie zum Trocknen auf. Später werden sie gehäckselt, mit dem Feinschnitt fertigt das Ehepaar in der Stopfmaschine seine Zigaretten. Erst beim Rauchen entfalte der Tabak sein volles Aroma, sagt Carsten Maurer: „Und unsere Zigaretten enthalten kein Parfüm oder irgendwelche anderen Zusatzstoffe.“
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Übrigens ist der Anbau von Rauchtabak für den Eigenbedarf in Deutschland erlaubt und steuerfrei, wenn er nicht auf gewerblicher Basis erfolgt. Daher sollte man nicht mehr als 100 Pflanzen ziehen.
Manchmal springen Rehe aus dem Wald über den Zaun und knabbern an den Blumen und Kräutern von Patricia Maurer. Nur die Tabakblätter mögen sie gar nicht.