Helfe. Ein Blütenmeer an der Biologischen Station in Hagen verspricht ein Schlaraffenland für Bienen und Hummeln. Doch es sind kaum Insekten da.
Hinter der Biologischen Station im Haus Busch blüht eine wunderschöne Blumenwiese. Färberkamille, Klatschmohn, Kornblume und Pechnelke recken ihre Köpfe der Sonne entgegen. Ein artenreiches Biotop, eine Vorzeige-Wiese. Und doch ist dieses Bild nicht stimmig. Denn es fehlt etwas auf diesem scheinbar perfekten Stück Natur, das Bild ist unvollkommen. Nichts summt und brummt, nichts kreucht und fleucht. Es sind kaum Insekten zu sehen, keine Bienen, keine Fliegen, keine Hummeln, keine Schmetterlinge. „Ein Alarmsignal“, sagt Ralf Blauscheck, Leiter der Biologischen Station.
Niemand da, den Nektar zu genießen
Das Insektensterben ist angekommen in Hagen, dafür ist die Wildblumenwiese in Helfe der eindeutige Beweis. Eigentlich, so Blauscheck, müsste es zwischen den Stängeln und Blüten von Insekten nur so wimmeln. Eine solche Traumwiese, wie sie die Naturschützer in Kooperation mit dem Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) angelegt haben, zieht natürlicherweise in kürzester Zeit Honigbienen, Käfer und weitere Krabbel- und Flugtiere an, die hier den Tisch mit Nektar reichlich gedeckt finden. Wenn es die Tierchen denn noch gäbe. „Die geringe Anzahl von Tieren auf unseren Blütenwiesen ist ein Zeichen dafür, wie schlecht es um die Anzahl an Insekten bestellt ist“, so Blauscheck.
Nach Angaben des Naturschutzbundes (Nabu) ist die Biomasse der Fluginsekten seit 1989 mancherorts um bis zu 80 Prozent zurückgegangen. Nicht nur die Zahl der Arten, sondern auch die der Individuen befinde sich in einem dramatischen Sinkflug. Alleine im Großraum Krefeld seien mehr als 60 Prozent der ursprünglich dort heimischen Hummelarten ausgestorben, in Düsseldorf 58 Prozent der Tagfalterarten.
Dramatische Situation
Zwar lässt sich der Rückgang in Hagen nicht so genau beziffern, doch die insektenarme Wiese in Helfe belegt, wie dramatisch die Situation auch in dieser Stadt ist. „Meiner Meinung nach ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann die letzten Vertreter einiger Arten endgültig verschwunden sind“, blickt Blauscheck pessimistisch in die Zukunft.
Dabei hatte die Begrünungsoffensive am Haus Busch eigentlich das Ziel, das Insektensterben zu stoppen. Die Blumenwiesen sind Teil eines im Frühjahr gestarteten Pilotprojektes, mit dem der WBH bezahlbare ökologische Konzepte für insektenfreundliche öffentliche Grünflächen im Stadtgebiet erforschen will.
Ziel sind artenreiche Blühflächen
Auf möglichst vielen kommunalen Flächen sollen in naher Zukunft artenreiche Blühflächen entstehen, die einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz leisten. Letztlich sollen die Erfahrungen mit den Blumenwiesen am Haus Busch lehren, was Naturschutz kostet. „Ziel ist es, Grünflächen nicht nur zu extensivieren, sondern in artenreiche Biotope umzuwandeln“, sagt Blauscheck.
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Und die ausgesäten Wildblumenmischungen sind ja auch zu herrlichen Blütenmeeren herangewachsen. Davon können sich alle Bürger dieser Stadt an einem Tag der Artenvielfalt, zu dem die Biologische Station am Samstag, 29. Juni, von 11 bis 17 Uhr einlädt, selbst überzeugen. 17 Einrichtungen beteiligen sich mit Vorträgen, Exkursionen, Aktionen und Ausstellungen an der Veranstaltung, die die Menschen dazu anregen soll, selbst etwas für den Naturschutz zu tun, etwa mit Insektenhotels, Kleinvogel-Nisthilfen, Fledermaus-Kästen, Wildblumenwiesen, Obstbäumen alter Sorten, Gehölzen und Wildstauden. Man brauche dazu keineswegs immer einen eigenen Garten, betont Blauscheck: „Für eine Wildblumenmischung reicht schon ein Balkonkasten.“
Lehrpfad, Insektenhotel und Schmetterlingsbeete
Zum Tag der Artenvielfalt am Samstag, 29. Juni, von 11 bis 17 Uhr an der Biologischen Station, Haus Busch 2, sind alle Interessierten willkommen. BUND, Nabu, Stadt Hagen und zahlreiche Initiativen und Verbände bieten Informationen, Vorträge und Exkursionen zum Artenschutz an. An vielen Ständen können Kinder aktiv mitmachen.
Vor Ort besichtigt werden können ein Nisthilfen-Lehrpfad, ein Insektenhotel, Schmetterlingsbeete, eine kleine Streuobstwiese sowie die neuen Wildblumenwiesen.
Für die Verköstigung werden größtenteils regionale Produkte, etwa selbst gebackene Kuchen, Hagener Apfelsaft und Grillgut von Bauernhöfen der Region, angeboten.
Und bei der Besichtigung der gerade in Hochblüte befindlichen neuangelegten Wildblumenwiesen auf fast 2000 Quadratmetern hinter der Biostation kann sich jeder Besucher selbst ein Bild davon machen, was es mit dem Insektensterben auf sich hat.