Haspe.. Fünf Jahre hat er gesucht – jetzt ist Schluss. Dr. Justus Senska, Hals-Nasen-Ohren-Arzt aus Hagen, findet keinen Nachfolger für seine Praxis.
Er hat den Schlüssel herumgedreht. Weil irgendwann ja einmal Schluss sein muss und weil dieses irgendwann nun gekommen ist. Zu einem Zeitpunkt, zu dem Dr. Justus Senska noch einmal hätte so richtig investieren müssen in ein neues Abrechnungssystem.
Er hat den Schlüssel an seinem letzten Tag herumgedreht in der traurigen Gewissheit, dass keiner in der nächsten Woche kommt und seine Praxis wieder aufschließt. Denn einen Nachfolger hat der bekannte Hals-Nasen-Ohren-Arzt aus Haspe nicht gefunden.
Ein Abschied mit reichlich Wehmut
„Natürlich ist da eine Menge Wehmut dabei“, sagt Senska, dessen Vater die Praxis in der Swolinzkystraße 1952 eröffnet hat, „es berührt einen, wenn in den letzten Tagen Patienten vorbeikommen und Geschenke bringen. Ich habe ja ganze Familien behandelt. Eltern, die einst als Kinder bei mir waren, sind dann wiederum mit ihren Kindern gekommen. Das ist doch ein Zeichen dafür, dass man so viel nicht verkehrt gemacht hat...“
Wehmut auch deshalb, weil dieser Schritt so endgültig ist. Fünf Jahre lang hat der beliebte Mediziner, Jahrgang 1948, der bis 2016 im Evangelischen Krankenhaus auf dem Mops noch operiert hat, einen Nachfolger gesucht. Am Ende ein vergebliches Unterfangen.
Teure Agentur hilft dem Mediziner nicht weiter
„Auf Empfehlung eines Kollegen habe ich anfangs eine professionelle Agentur eingeschaltet“, sagt Senska, „die haben für gutes Geld ein tolles Gutachten erstellt, Krankenhäuser ohne HNO-Abteilung angeschrieben und sich dann um nichts mehr gekümmert.“
Also kontaktiert Senska selbst sämtliche HNO-Kliniken in Deutschland. Er schaltet Anzeigen. Er sucht alternativ einen angestellten Arzt, dem er die Perspektive bieten will, irgendwann die Räumlichkeiten, die Mitarbeiterinnen und die Patienten zu übernehmen. Doch auch dieser Ansatz trägt keine Früchte.
Eine der modernsten Praxen in Hagen
„Wir sind 2013 innerhalb des Gebäudes von der ersten Etage ins Erdgeschoss gezogen“, sagt Senska, „damals haben wir die Praxis komplett renoviert und neu eingerichtet. Alle Räume sind miteinander vernetzt. Ich denke, es ist eine der modernsten in Hagen.“ Und trotz der offenbar so glänzenden Ausgangsbedingungen – niemand will in die Praxis einsteigen.
„Die Praxis ist nicht unrentabel – im Gegenteil“, sagt Justus Senska, „man muss sich engagieren, aber man kann gut davon leben. Aber die jungen Mediziner streben offenbar an die Kliniken. Dieser Trend scheint von den Hausärzten auf die Fachärzte überzugreifen.“
Auch eigene Kinder haben keine Ambitionen
Hinzu käme, dass Hagen offenbar nicht den besten Ruf genieße. „Ich denke, dass junge Ärzte von außerhalb auch auf Dinge wie Grundsteuern oder Kindergartenbeiträge achten“, so Senska, „und da liegt die Stadt wahrlich nicht gut.“ Am Ende hatten auch die eigenen Kinder keine Ambitionen, die Praxis, die ja ihr Großvater einst gegründet hatte, zu übernehmen. „Die sind anderweitig gebunden...“
Also erzählt Senska noch einmal – von Diagnosen, die er beinahe stellen konnte, ohne die Patienten zu untersuchen, weil ja die ganze Familie schon bei ihm war. Und von den Operationen, die für ihn so etwas wie die Königsdisziplin waren. „Das gibt einem selbst eine andere Wertigkeit und die Patienten haben das honoriert“, so Senska, „viele fanden es gut, dass von der ersten Diagnose bis zur Nachbehandlung alles in einer Hand lag.“
Tausende Operationen ohne Zwischenfall
Gleichzeitig bleiben Demut und Dankbarkeit. „Ich bin wirklich froh, dass ich sagen kann, dass in all den Jahren nie ernsthaft etwas schiefgegangen ist“, so Senska, „Fehler in der Medizin passieren und können schlimme Folgen haben. Davon können sich die besten Ärzte nicht freisprechen.“
Er hat den Schlüssel herumgedreht. Und er wird sich jetzt anderen Dingen widmen: „Ich lese gerne, ich jage, ich bin gerne draußen in der Natur. Langweilig wird mir bestimmt nicht.“