Dahl. . Märkische Spezialitätenbrennerei in Dahl teilt sich ehemaligen Luftschutzstollen mit Fledermäusen: Wie hier der Höhlenwhisky reift.

Sobald der verwinkelte Splitterschutzeingang durchschritten ist, wird es still. Kein Ton von der permanent befahrenen B 54, die sich durchs Volmetal schlängelt, dringt mehr an die Ohren. Der massive Grauwacke-Fels schirmt jegliche Geräusche der Außenwelt ab. Nur einige Wassertropfen, die in die Pfützen am Boden platschen, sind in der absoluten Dunkelheit zu vernehmen.

Im Zweiten Weltkrieg haben die Dahler den „Stollen Funkenhaus“ in den Berg am Fuße des Asmecke-Tals gesprengt, um einen sicheren Schutz vor Fliegerangriffen zu schaffen. Danach blieb der künstlich geschaffene Hohlraum, der einem Menschen so eben die notwendige Standhöhe bietet, lange Jahre verschlossen.

Doch nun soll wieder Leben in das vergessene Naturdenkmal kommen – für Fledermäuse und für reifenden Whisky: „Eine Win-win-Situation“, möchte Klaus Wurm, Geschäftsführer der in Dahl ansässigen Märkischen Spezialitätenbrennerei, bereits nach der Sommerpause die ersten 175-Liter-Fässer mit hochprozentiger Genussfüllung in den einstigen Luftschutzstollen rollen.

Abseits der Industrie-Massenware

Die kleine, aber feine Destille, die mit ihrem qualitätvollen Angebot aus Edelbränden, Geisten und Likören sowie dem namentlich extra geschützten Höhlenwhisky sich abseits der Industrie-Massenware bewegt und dennoch auf rasante Wachstumszahlen verweisen kann, braucht den Lagerraum, um den komplexen Reifeprozess ihres Whisky zu optimieren. „Bereits seit acht Jahren blicken wir mit Interesse auf den Stollen vor unserer Haustür“, erzählt Wurm. „Vor etwa zwei Jahren haben wir bei der Stadt die notwendigen Anträge gestellt.“

Doch erst seitdem der Oberbürgermeister und der Kämmerer in der Brennerei, die mit ihrer vierfach gebrannten Köstlichkeit von Experten bereits in die weltweite Spitzengruppe gelobt wird, zu Verköstigungen weilten, kommt im Rathaus ein wenig Dynamik in den Genehmigungsprozess.

Spielraum für weiteres Wachstum

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Der Geschäftsführer freut sich, dass er bald über ortsnahe Lagerkapazitäten für bis zu 200 Fässer verfügt. „Angesichts der guten Auftragslage können wir gut wachsen – wir sind sehr erfolgreich“, erinnert sich Wurm durchaus selbstbewusst an den Start vor neun Jahren, als der kleine Betrieb mit einer Produktion von 3000 Litern reinen Alkohols an den Start ging. Im vergangenen Jahr waren es bereits 23.000 Liter – ein Volumen, das in diesem Jahr bereits Ende Juni erreicht werden soll.

Mit dem künftigen Höhlenlager, dessen Nutzung von der Hagener Naturschutzbehörde grundsätzlich befürwortet wird, lässt sich die Herstellungskette der edlen Tropfen weiter abrunden. „Für die Besucher ist es natürlich besonders attraktiv, wenn der gesamte Produktionsprozess – selbst das Wasser stammt aus einer Quelle des nahen Rumscheider Baches – direkt an unserem Standort verfolgt werden kann“, blickt Wurm natürlich auch auf den marketingstrategischen Aspekt.

Endreifung im Höhlenklima

Der wesentliche Unterschied zu den klassischen schottischen Whiskys besteht im Reifungsprozess aufgrund der unterschiedlichen klimatischen Bedingungen: „Die Schotten haben warme Winter und kalte Sommer, bei uns gibt es kalte Winter und heiße Sommer, so dass der Whisky im Zeitraffer reift. Unser Whisky erreicht in jungen Jahren schon den gleichen Reifegrad wie alter schottischer Whisky“, erzählt Wurm. „Dadurch gibt es in den 175-Liter-Fässern aber auch erhebliche Volumenschwankungen – bis zu 2,5 Liter. Allerdings ist bei einem längeren Reifungsprozess auch das Aroma komplexer.“

Mit einem intelligenten Mix der Temperatureinflüsse möchte die Märkische Spezialitätenbrennerei künftig beide Effekte positiv nutzen: „Die erste Phase der Reifung wird bei uns weiterhin in normalen Lagerräumen mit den entsprechenden Klimaschwankungen stattfinden – das ist für den Geschmack wichtig. Die Endreifung“, so der Geschäftsführer weiter, „wird dann im Höhlenklima in den Fässern aus französischer Weißeiche stattfinden.“

Schutzbereich für Fledermäuse

Diesen Prozess können Besucher der Brennerei künftig dann in der Kühle des stets zwischen 8 und 13 Grad temperierten Stollens bewundern. Die künstlich geschaffene Höhle im Grauwackefels wird allerdings nicht bloß für Whisky-Fässer und deren Fans geöffnet, sondern soll auch Fledermäusen Unterschlupf bieten. „Whisky und Fledermaus-Winterquartiere haben nun mal ähnliche Anforderungen“, verspricht Wurm „sozialen Wohnungsbau für Fledermäuse“.

Gemeinsam mit Ralf Blauscheck von der Biologischen Station Hagen hat er ein Nutzungskonzept erarbeitet, das für die bislang in der Höhle bloß vereinzelt auftauchenden Tiere einen separaten Schutzbereich vorsieht, in dem diese ungestört heimisch werden können. Genügsame Untermieter, die sich garantiert nicht an den fassgereiften Whisky-Beständen vergreifen werden.