Hagen. . Innenministerium sieht keine Handhabe: Warum der Rockerclub Freeway Riders in Hagen seine Symbole weiter zeigen darf, die Bandidos aber nicht.

Wird dieser Schritt generell für eine Deeskalation sorgen? Voraussichtlich Ende dieser Woche wird der erste Prozess im Hagener Rocker-Krieg mit dem Geständnis eines Hagener Bandidos zu Ende gehen. Der 31-Jährige wird dann zugeben, dass er auf der Saarlandstraße auf ein Auto geschossen hat, in dem Mitglieder der verfeindeten Freeway Riders saßen – und dann wohl für etwa dreieinhalb Jahre in Haft gehen.

Unmut bei Bandidos-Spitze

Wie aus dem Umfeld der Bandidos zu hören ist, haben die Auseinandersetzungen mit den Freeway Riders in Hagen mit mehreren zum Teil blutigen Taten in der Öffentlichkeit bei den führende Kräften der Rockergruppierung in Deutschland für Unmut gesorgt. Dementsprechend dürfte es für die Hagener Bandidos, die seit 2016 versuchen, hier Fuß zu fassen, wenig Unterstützung für weitere Auseinandersetzungen geben. Der offizielle Bandidos-Sprecher ließ eine Anfrage der WP bislang unbeantwortet.

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Gleichwohl: Die Hagener Ermittler bleiben wachsam und wollen auch weiter konsequent durchgreifen. Sie halten sich zugute, dass es seit den Festnahmen und Razzien im Herbst und Winter gegen Bandidos und Freeway Riders keine gravierenden Auseinandersetzungen mehr gegeben hat. Die selbst verkündete Auflösung des Hagener Bandidos-Chapters wird allerdings eher als taktische Finte gewertet.

Vor Bundesverfassungsgericht

Und tatsächlich bleiben beide Gruppierungen im Stadtbild präsent. Die Bandidos allerdings nicht mit dem eigentlichen Club-Emblem, dem schießenden Mexikaner, sondern mit den Buchstaben „BMC“. Warum dürfen sie nicht ihre Clubzeichen zeigen, die Freeway Riders aber schon? „Das liegt daran, dass bei den Freeway Riders noch kein Chapter auf Basis des Vereinsrechts verboten worden ist“, sagt Wolfgang Beus, Sprecher des NRW-Innenministeriums.

Bei den Bandidos war das dagegen der Fall: Und zwar in Aachen. „Und nach der Gesetzeslage ist das Zeigen der Symbole für alle Chapter verboten, wenn eines verboten ist“, so Beus. Der Bochumer Rechtsanwalt Reinhard Peters, der auch den Bandido vor dem Landgericht Hagen in dem aktuellen Prozess vertritt, hält dies für rechtlich nicht haltbar. Er ist für einen Mandanten bis vor das Bundesverfassungsgericht gezogen: „Unsere Verfassungsbeschwerde ist auch ungewöhnlich schnell zur Beratung angenommen worden. Ich rechne noch in diesem Jahr mit einer Entscheidung.“

Stationen des Hagener Rockerkriegs

 1. Oktober 2016: Die Bandidos verkünden die Gründung eines „Prospect-Chapters“ für Hagen, also einer „Anwärter-Gruppierung“ (hier ein Symbolbild).
 1. Oktober 2016: Die Bandidos verkünden die Gründung eines „Prospect-Chapters“ für Hagen, also einer „Anwärter-Gruppierung“ (hier ein Symbolbild). © imago/BildFunkMV | imago stock&people
3. Oktober 2016: Marsch der Freeway Riders von Kückelhausen bis in die Innenstadt: Machtdemonstration gegenüber dem entstehenden Bandidos-Chapter
3. Oktober 2016: Marsch der Freeway Riders von Kückelhausen bis in die Innenstadt: Machtdemonstration gegenüber dem entstehenden Bandidos-Chapter © WP | Kai Uwe Hagemann
9. November 2016: Razzia in einem Bandidos-Treffpunkt in Hagen, nachdem der NRW-Innenminister die Rockergruppe Osmanen Germania verboten hat (hier ein Symbolbild). Es soll Verbindungen gegeben haben.
9. November 2016: Razzia in einem Bandidos-Treffpunkt in Hagen, nachdem der NRW-Innenminister die Rockergruppe Osmanen Germania verboten hat (hier ein Symbolbild). Es soll Verbindungen gegeben haben. © WP Michael Kleinrensing | Michael Kleinrensing
16. Juni 2018: In einer Shisha-Bar in der Hindenburgstraße sollen Bandidos ein Mitglied einer anderen Rockergruppierung attackiert haben.
16. Juni 2018: In einer Shisha-Bar in der Hindenburgstraße sollen Bandidos ein Mitglied einer anderen Rockergruppierung attackiert haben. © WP | Thomas Nitsche
29. Juni 2018: Nach dem Vorfall in der Hindenburgstraße kommt es zu einer Razzia gegen Bandidos-Mitglieder mit einem Großaufgebot der Polizei. Unter anderem durchsuchen Sondereinsatzkommandos das Vereinsheim in Delstern und Privatwohnungen. Der damalige Präsident des Chapters wird festgenommen, kommt aber bald wieder frei.
29. Juni 2018: Nach dem Vorfall in der Hindenburgstraße kommt es zu einer Razzia gegen Bandidos-Mitglieder mit einem Großaufgebot der Polizei. Unter anderem durchsuchen Sondereinsatzkommandos das Vereinsheim in Delstern und Privatwohnungen. Der damalige Präsident des Chapters wird festgenommen, kommt aber bald wieder frei. © WP Michael Koch | Michael Koch
17. Juli 2018: Am Tücking wird gegen 18.38 Uhr auf ein Mitglied der Freeway Riders geschossen, es bleibt unverletzt. Die Tat gilt bis heute als nicht aufgeklärt.
17. Juli 2018: Am Tücking wird gegen 18.38 Uhr auf ein Mitglied der Freeway Riders geschossen, es bleibt unverletzt. Die Tat gilt bis heute als nicht aufgeklärt. © WP Michael Koch | Michael Koch
17. Juli 2018: Um 19.25 Uhr, nur wenige Minuten nach der Tat am Tücking, wird ein 31-Jähriger, der wohl Anwärter für eine Bandidos-Mitgliedschaft ist, auf dem Gelände der Aral-Tankstelle in Eilpe niedergestochen und lebensgefährlich verletzt. Zwei Männer werden kurz darauf festgenommen, müssen aber wieder freigelassen werden. Die Tat gilt bis heute als nicht aufgeklärt.
17. Juli 2018: Um 19.25 Uhr, nur wenige Minuten nach der Tat am Tücking, wird ein 31-Jähriger, der wohl Anwärter für eine Bandidos-Mitgliedschaft ist, auf dem Gelände der Aral-Tankstelle in Eilpe niedergestochen und lebensgefährlich verletzt. Zwei Männer werden kurz darauf festgenommen, müssen aber wieder freigelassen werden. Die Tat gilt bis heute als nicht aufgeklärt. © Alex Talash | Alex Talash
28. September: Am Bergischen Ring lauern mehrere Männer einem Mitglied der Freeway Riders auf und schießen mehrfach auf seinen Pkw.
28. September: Am Bergischen Ring lauern mehrere Männer einem Mitglied der Freeway Riders auf und schießen mehrfach auf seinen Pkw. © WP Michael Kleinrensing | Michael Kleinrensing
5. Oktober: Um 21.30 Uhr wird auf der Frankfurter Straße ein Bandidos-Mitglied vor einem Café, das als Treffpunkt der Rockergruppe gilt, niedergeschossen und lebensgefährlich verletzt.
5. Oktober: Um 21.30 Uhr wird auf der Frankfurter Straße ein Bandidos-Mitglied vor einem Café, das als Treffpunkt der Rockergruppe gilt, niedergeschossen und lebensgefährlich verletzt. © Alex Talash | Alex Talash
13. Oktober: Um 18.30 werden aus einem Mercedes Cabrio auf der Saarlandstraße vier Schüsse auf einem BMW abgeben, den ein Mitglied der Freeway Riders fährt. Verletzt wird niemand. Noch in der Nacht nimmt ein Spezialeinsatzkommando in der Frankfurter Straße ein führendes Mitglied (31) des Hagener Bandidos-Chapters fest. Gegen ihn ist inzwischen Anklage wegen versuchten Mordes erhoben worden. Der Prozess startet am 25. März.
13. Oktober: Um 18.30 werden aus einem Mercedes Cabrio auf der Saarlandstraße vier Schüsse auf einem BMW abgeben, den ein Mitglied der Freeway Riders fährt. Verletzt wird niemand. Noch in der Nacht nimmt ein Spezialeinsatzkommando in der Frankfurter Straße ein führendes Mitglied (31) des Hagener Bandidos-Chapters fest. Gegen ihn ist inzwischen Anklage wegen versuchten Mordes erhoben worden. Der Prozess startet am 25. März. © Alex Talash | Alex Talash
6. Dezember 2018: Großrazzia gegen die Freeway Riders in Hagen und in mehreren anderen  Städten. Unter anderem wird das Clubgelände in Kückelhausen mit einem Räumpanzer gestürmt. Es gibt mehrere Festnahmen. Es wird ein ganzes Waffenlager beschlagnahmt. Ein 58-Jähriger, der fühendes Mitglied der konkurrierenden Freeway Riders ist, ist auch weiterhin in Haft. Er gilt inzwischen als Schütze bei der Attacke auf den Bandido am 5. Oktober auf der Frankfurter Straße und ist wegen versuchten Totschlags angeklagt.
6. Dezember 2018: Großrazzia gegen die Freeway Riders in Hagen und in mehreren anderen  Städten. Unter anderem wird das Clubgelände in Kückelhausen mit einem Räumpanzer gestürmt. Es gibt mehrere Festnahmen. Es wird ein ganzes Waffenlager beschlagnahmt. Ein 58-Jähriger, der fühendes Mitglied der konkurrierenden Freeway Riders ist, ist auch weiterhin in Haft. Er gilt inzwischen als Schütze bei der Attacke auf den Bandido am 5. Oktober auf der Frankfurter Straße und ist wegen versuchten Totschlags angeklagt. © Alex Talash | Alex Talash
26. Februar 2019: Ein SEK der Polizei nimmt in Hagen einen 44-Jährigen fest, der aktuell Präsident des Bandidos-Chapters Hagen sein soll. Der Vorwurf: versuchter Totschlag. Er soll verantwortlich sein für die Schüsse auf einen Freeway Rider am 28. September am Bergischen Ring. Ebenfalls beschuldigt wird in diesem Fall der 31-jährige Bandido, der auch für die Schüsse auf der Saarlandstraße verantwortlich sein soll und dem ab 25. März wegen versuchten Mordes vor Gericht steht.
26. Februar 2019: Ein SEK der Polizei nimmt in Hagen einen 44-Jährigen fest, der aktuell Präsident des Bandidos-Chapters Hagen sein soll. Der Vorwurf: versuchter Totschlag. Er soll verantwortlich sein für die Schüsse auf einen Freeway Rider am 28. September am Bergischen Ring. Ebenfalls beschuldigt wird in diesem Fall der 31-jährige Bandido, der auch für die Schüsse auf der Saarlandstraße verantwortlich sein soll und dem ab 25. März wegen versuchten Mordes vor Gericht steht. © WP Michael Kleinrensing | Michael Kleinrensing
17. März: Das Bandidos-Chapter Hagen gibt seine Selbstauflösung bekannt. Ermittler sind skeptisch. Sie werten den Schritt als taktische Finte, um einem möglichen Verbot durch den Innenminister zuvorzukommen.
17. März: Das Bandidos-Chapter Hagen gibt seine Selbstauflösung bekannt. Ermittler sind skeptisch. Sie werten den Schritt als taktische Finte, um einem möglichen Verbot durch den Innenminister zuvorzukommen. © WP Michael Koch | Michael Koch
25. März: Am Landgericht Hagen startet der erste Prozess aus dem Hagener Rockerkrieg.
25. März: Am Landgericht Hagen startet der erste Prozess aus dem Hagener Rockerkrieg. © WP Michael Kleinrensing | Michael Kleinrensing
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