Hagen. . Es ist die schlimmste Erkrankung, die einen Sänger ereilen kann. Kristina Larissa Funkhauser, Opernstar in Hagen, verlor ihre Stimme.

Kristine Larissa Funkhauser hat geschwiegen. Vier Wochen lang hat sie kaum ein Wort gesagt, höchstens mal ein paar Sätze mit ihrem Sohn (10) gewechselt. Der Arzt hatte ihr dringend angeraten zu schweigen: „Sie müssen Ihre Stimme schonen.“

Für eine Opernsängerin ist es natürlich eine Katastrophe, wenn die Stimme ihren Dienst versagt. Ausgerechnet die Stimme, ihr Kapital. „Ich war geschockt“, berichtet Mezzosopranistin Funkhauser, die zu den Stammkräften des Hagener Theaters gehört und zugleich ein Publikumsliebling ist, über ihre Reaktion auf das Schweigegebot des Arztes, der einen Knoten auf den Stimmbändern diagnostiziert hatte: „Von einem Tag auf den anderen wurde ich aus dem laufenden Betrieb herausgerissen. Das ist in etwa so, als würde man bei Tempo 200 aus dem Zug springen.“

Dabei hatten sich die Probleme an ihrem Stimmorgan schon im Sommer angedeutet. Zwar verspürte sie keine Schmerzen, doch sie brauchte immer länger um sich einzusingen und versuchte, sich selbst auszutricksen: „Es ist schwer zu erklären, aber ich habe die Töne nicht mehr direkt angesteuert, sondern nach Umwegen gesucht.“ Sie trainierte eher noch mehr und intensiver als üblich, was die Stimmbandverhärtung wahrscheinlich verstärkte.

Angst vor dem beruflichen Aus

Was nicht verwundern darf, denn der einwandfreie Gebrauch ihrer schönen Frauenstimme ist für Funkhauser gleichbedeutend mit ihrer beruflichen Existenz. Natürlich habe sie Angst gehabt, nie wieder singen zu können: „Ein Problem an den Stimmbändern ist ja die schlimmste Erkrankung, die sich ein Sänger vorstellen kann.“

Und in der Opernszene kursierten unzählige Horrorgeschichten von zerstörten Stimmapparaten. Zudem würden Stimmbanderkrankungen in ihrer Branche gern stigmatisiert und mit falscher Technik in Verbindung gebracht (in manchen Fällen ist ein Sänger tatsächlich selbst Schuld an seinem Leiden). Sie habe Unbehagen und Beklemmung gespürt, als sie ihren Kollegen von ihren Problemen berichtet habe, sagt Funkhauser.

Doch bei ihr war die Erklärung für den Knoten ganz einfach: Überlastung. Funkhauser, seit 20 Jahren Opernsängerin (seit 2007 in Hagen), hat schlicht zu viel gesungen. Konzerte, Opern, Operetten, Proben, das viele Üben zu Hause: „Irgendwann kommt der Punkt, an dem nichts mehr geht.“

Wie ein Ermüdungsbruch im Sport

Auch der trockene, warme Sommer mag Gift für ihre Stimmbänder gewesen sein, mutmaßt sie. Wie ein Leistungssportler durch Überlastung einen Ermüdungsbruch erleide, so könne sich bei Sängern eine Fehlbildung am Stimmorgan entwickeln. „Und Singen hat viel mit Leistungssport zu tun.“

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Gegen Überlastung aber hilft Entlastung. Also stellte sie der Arzt vor die Alternative, den Knoten, der bei einem 100-Meter-Läufer vielleicht ein Muskelriss wäre, entweder operativ zu entfernen oder zu schweigen, damit er sich von allein zurückbilden könnte.

Zwei Wochen Schonzeit

Was denn auch geschah. Nach der Winterpause meldete sich die Sängerin gesund und kehrte ins Hagener Ensemble zurück, die Leitung des Hauses gab ihr noch zwei Wochen Schonzeit, in denen sie ihre Stimme aufbauen und zu alter Leistungsfähigkeit zurückfinden konnte: „Dafür bin ich dankbar, denn diese Zeit habe ich gebraucht.“

Inzwischen hat der Theaterbetrieb Kristine Larissa Funkhauser wieder, sie singt und spielt derzeit in einer Oper, einer Operette und einem Schauspiel: „Ich bin wieder zu hundert Prozent am Start.“ Nein, kürzer treten wolle sie nicht, als Sängerin mit festem Engagement habe sie nun mal Verpflichtungen und könne nicht einfach ihren Rollenumfang kürzen. „Außerdem: Singen ist mein Leben. Ich bin froh, wieder hier zu sein. Ich genieße es.“

Funkhauser ist froh, dass das Schweigen ein Ende hat.