Hagen. . Einer der Angeklagten legt im Prozessfinale zum Tod des Hageners Wolfgang S. ein Geständnis ab. Der Komplize meldet sich noch nicht zu Wort.

Seit beinahe acht Monaten wird dieser Mordprozess nun schon vor dem Schwurgericht verhandelt: Auf der Anklagebank sitzen zwei Männer, die den Hagener Millionär Wolfgang S. (55) im November 2006 zunächst ausgeraubt und dann durch zwei Schüsse getötet haben sollen. Gestern gab es erstmals ein Geständnis und es wurden neue Details über das spektakuläre Verbrechen bekannt.

Angeklagter: Die Schüsse auf Wolfgang S. haben sich "selbst gelöst"

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Angeklagter Thomas W. (52) hat in seinem Leben nicht mehr viel zu verlieren. Er ist zehnfach vorbestraft und saß bereits Jahre hinter Gittern. Derzeit verbüßt er nach einem brutalen Überfall auf ein älteres Ehepaar in Bayern (siehe Info-Box) eine zehneinhalbjährige Haftstrafe in der JVA Bielefeld.

Nun gab er erstmals zu, vor zwölf Jahren auch an dem Raubüberfall auf den wohlhabenden Emster Immobilienkaufmann Wolfgang S. beteiligt gewesen zu sein. Durch seine Verteidigerin Ina Klimpke (Dortmund) ließ der Mann aus Lünen eine mehrseitige Einlassung vorlesen. Aus seiner Sicht stellt sich das Tatgeschehen nicht als Mordfall dar. Die beiden Schüsse hätten sich selbst „gelöst“.

November 2006: Nach der Tat untersuchen Kriminalbeamte den Tatort.
November 2006: Nach der Tat untersuchen Kriminalbeamte den Tatort.

Tipp aus Dortmunder Unterwelt

Was lange Zeit nur gemutmaßt werden konnte, wurde gestern erstmals bestätigt: Der Tipp, den Hagener Millionär auszurauben, kam aus der Dortmunder Unterwelt. Thomas W. benannte diesen inzwischen verstorbenen Tippgeber namentlich. Der sei ein langjähriger Freund von ihm gewesen, stammte aus dem Milieu und dem Umfeld von Jürgen „Mede“ Medenbach. So fing alles an.

So fing alles an – eine Chronologie

Der verhängnisvolle Hinweis: „Er erzählte mir von dem Paar aus Hagen. Der Mann sei ein reicher Autohändler. Dann zeigte er mir Fotos von dessen Haus auf Emst. Für den Tipp wollte er 20 Prozent von dem Wert der späteren Beute haben.“ Daraufhin hat Thomas W. den Mitangeklagten Milan B. (47) angesprochen. Der Bosnier ist ein alter Jugendfreund, ließ sich sofort für den geplanten Raubüberfall begeistern. Vor der Tat fuhren beide viermal zum Tatort, um die Örtlichkeit auszukundschaften.

Die falsche Waffe: „Wir wollten das Paar gemeinsam vor der Haustür abfangen, überrumpeln und später gefesselt zurücklassen. Der Tippgeber sollte uns eine Gaspistole und Gasspray besorgen. Doch er übergab mir einen geladenen Revolver.“

Brutaler Überfall auf ein Rentner-Ehepaar

Angeklagter Thomas W. war im März 2016 vom Landgericht München zu zehneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Zusammen mit seinem Bruder hatte er ein wohlhabendes Rentner-Ehepaar in einer Landhaus-Villa in Rottach-Egern überfallen.

Der 73-jährige Hausherr wurde zusammengetreten, fiel blutüberströmt zu Boden. Er und seine schwer herzkranke Frau wurden mit Kabelbinder gefesselt. Die alten Leute blieben, nur zufällig entdeckt, 15 Stunden in hilfloser Lage zurück.

Am Tatort lief alles ganz anders als geplant. Die beiden maskierten Angeklagten kletterten über den Zaun aufs Grundstück, versteckten sich vor der Einfahrt unter einer Tanne. Als die Lebensgefährtin von Wolfgang S. abends alleine im Auto vorfuhr und die Haustür offen schloss, soll Mitangeklagter Milan B. gesagt haben: „Los jetzt.“

Die ungewollten Schüsse: „Ich habe auf Herrn S. nicht vorsätzlich geschossen. Es war auch niemals geplant, auf jemanden vorsätzlich zu schießen. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er plötzlich aus der Saunatür herausschaute. Völlig unerwartet gab er mir einen Faustschlag ins Gesicht. Ich schlug ihm mit der Waffe auf den Kopf, dabei löste sich der erste Schuss.“

Wolfgang S. griff mit beiden Händen zur Waffe. Es kam zu einem Gerangel. Er griff zur Pistole: „Dabei löste sich der zweite Schuss.“ Derweil hatte Komplize Milan B. die Lebensgefährtin von Wolfgang S. mit Pfefferspray und brutalen Schlägen dazu zwingen wollen, den Geldschrank im Schlafzimmer zu öffnen.

Der Gewinn ist eigentlich viel zu klein

Die völlig aufgelöste Frau bekam den Safe zunächst gar nicht auf. Der Tresor war klein, mit Schmuck und kostbaren Herren-Armbanduhren befüllt. Letztlich gelangten die Angeklagten an die Beute. Ausgezahlter Versicherungswert: 600 000 Euro.

Der kleine Gewinn: „Unser Tippgeber sollte die Beute verkaufen. Das erbrachte gerade mal 90 000 Euro. Jeder von uns hat aus dem Erlös ein Drittel erhalten, also 30 000 Euro.“

Nachfragen vom Gericht. Vorsitzender Richter Marcus Teich: „Als Sie statt der Gaspistole eine scharfe Waffe bekamen: Warum haben Sie die nicht entladen?“ Antwort von Thomas W.: „Weil das ein großer Revolver war, sah ich gar nicht die Gefahr. Wir wollten ja beide zusammen antreffen.“

Täter erfahren vom Tod des Opfers aus der Zeitung

Richter Teich: „Warum nur so ein kleiner Beute-Erlös? Da waren Uhren dabei, wo schon eine alleine mehr gekostet hat als 90 000 Euro.“ Antwort des Angeklagten: „Ich habe ihm auch gesagt: Hau’ mit dem Hammer drauf und wir schmelzen das alles ein. Ich wollte nicht, dass aus der Beute was verkauft wird.“

Vom Tod des Opfers hätte er erst aus der Zeitung erfahren. Die Tat wollten beide schnell vergessen. Mit dem Mitangeklagten Milan B. sei er sich einig gewesen: „Wir reden nicht darüber und fertig.“