Hagen. . Übrig gebliebene Lebensmittel nicht wegwerfen, sondern teilen: Seit einem Jahr ist die Foodsharing-Bewegung in Hagen aktiv. Eine Zwischenbilanz.

Eine Bewegung, die in den Kinderschuhen steckt, muss sich entwickeln. Meist sind die Anfänge klein und holprig. Ausdauer ist gefragt, Beharrlichkeit. Fragt man Silvia van Loosen, Sprecherin der Initiative „Foodsharing Hagen“, wie sich die Bewegung in der Volmestadt entwickelt, ließen sich auch beim Foodsharing – also dem Sammeln und Verteilen von

Regelmäßige Treffen der Foodsharing-Gruppe

Die Foodsharing-Hagen-Treffen finden jeden zweiten Mittwoch im Monat an wechselnden Örtlichkeiten statt.

Mehr Informationen zur Hagener Initiative gibt es online unter www.facebook.com/groups/foodsharing.hagen ; zu Foodsharing im Allgemeinen unter www.foodsharing.de

Lebensmitteln, die eigentlich in der Mülltonne landen würden – diese Attribute finden. Im Sommer 2017 gründete sich die Hagener Initiative mit einer Verteilstelle in „Onkel Jo sein Laden“. Im Februar dieses Jahres kam in der „Wiederherstellbar“ in Wehringhausen eine zweite Verteilstelle hinzu.

Zeit für ein Resümee: „Die Hagener an sich“, sagt Silvia van Loosen nun, „sind durchaus offen. Allerdings sind sie beim Thema Foodsharing noch in den Anfängen. Dafür ist es relativ stabil.“

Das Beispiel Hagen zeigt gewissermaßen die Stellschrauben, die es zu drehen gilt – und die Zeit, die es dafür benötigt.

Bürokratie

Silvia van Loosen und Johannes Müller von „Onkel Jo sein Laden“ gehören zu den Aktiven.
Silvia van Loosen und Johannes Müller von „Onkel Jo sein Laden“ gehören zu den Aktiven. © Kerstin Wördehoff

Was ist erlaubt? Was nicht? Dies sind zwei Fragen, an denen das Gesundheitsamt und die Initiative derzeit an einer Lösung arbeiten. Die Regularien in Hagen seien im Vergleich zu anderen Städten strenger. So musste die Initiative zwischenzeitlich beide Verteilstellen schließen. Die in „Onkel Jo sein Laden“ ist wieder geöffnet, in der „Wiederherstellbar“ nicht. „Die Rahmenbedingungen müssen noch geklärt werden. Wir haben gute und konstruktive Kontakte zum Gesundheitsamt, der Vorstand möchte aber auf der ganz sicheren Seite sein und hält die zweite Verteilstelle bis zur endgültigen Klärung geschlossen.“ In der kommenden Woche gebe es ein Gespräch mit Oberbürgermeister Erik Schulz. „Wir sind ganz positiv gestimmt und hoffen sehr, dass er uns unterstützt“, so van Loosen.

Unternehmen

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Neben dem Bioladen Timmerbeil und der Vollkornbäckerei Niemand wurde kürzlich ein drittes Unternehmen gewonnen, bei dem nun Lebensmittel abgeholt werden. Dieses wolle jedoch anonym bleiben. Die Bereitschaft von Unternehmen, teilzunehmen, und der Mitarbeiterpool, den die Initiative habe, bedinge einander. Immerhin verließen sich die Unternehmen auch darauf, dass tatsächlich stets jemand komme, um die Ware abzuholen. „Wir brauchen vor allen Dingen mehr Helfer. Wenn wir mehr Man-Power hätten, könnten wir noch mehr stemmen“, so Silvia van Loosen.

Privatpersonen

„Die Menschen sind bei allem immer erst skeptisch.“ Man müsse einander kennenlernen. Ein schönes Beispiel sei eine Verteilaktion vor dem „Tag der Deutschen Einheit“ 2017 gewesen. Einen Tag zuvor hätten die Foodsharer noch Lebensmittel bekommen – kurz vor Ladenschluss. Was war zu tun? Sie stellten sich zum spontanen Verteilen auf die Straße und boten jedem Vorbeigehenden etwas an. „Darunter ein Mann, der erst ungläubig vorbeiging. Dann kam er zurück und fragte: ‘Ist das jetzt wirklich kostenlos?’“, schildert van Loosen. Seine Freude war groß. „Das habe ich

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mir seit einem Jahr nicht mehr leisten können“, habe er dankbar geantwortet. Van Loosen betont bei diesem Beispiel aber auch: „Unsere Adressaten sind nicht unbedingt Bedürftige, wir stehen nicht in Konkurrenz zur Tafel oder Suppenküche.“ Menschen, die die Lebensmittel entgegennehmen, kämen aus jeder sozialen Schicht. Die meisten treibe – wie die Foodsharer auch – der Gedanke an die enorme Lebensmittelverschwendung der Gesellschaft um. Netzwerke im Privaten entständen, ein guter Schritt für die Zukunft.

„Hagen ist eine Stadt, die dem Foodsharing sehr offen gegenüber ist“, resümiert Silvia van Loosen aus den Erfahrungen des ersten Jahres. „Wir erfahren keine Ablehnung, haben diese nie erlebt.“ Ein Jahr sei eben erst ein Jahr – erst ein Anfang. „Deshalb sehe ich eine sehr gute Zukunft für das Foodsharing in dieser Stadt.“