Hagen/Karlsruhe. . Das Urteil zum Horror-Unfall auf der Hagener Feithstraße im Mai 2016 ist aufgehoben. Das neue Strafmaß wird wohl milder ausfallen.
Das Hagener Raser-Urteil ist vom Bundesgerichtshof aufgehoben worden und muss neu verhandelt werden.
Die beiden Männer, die am 16. Mai 2016 auf Höhe der Fernuniversität die Feithstraße mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit heruntergefahren waren und nach einem Ausweichmanöver in den Gegenverkehr gerieten und dort andere Menschen verletzten, erwarten in der Neuauflage des Verfahrens wohl mildere Strafen.
Sechsjähriger Junge wird bei Raser-Unfall verletzt
Rückblick: Am 16. Mai 2016 fahren ein Skoda und ein Audi am frühen Abend mit mindestens 80 Stundenkilometern über die Feithstraße Richtung Bredelle. Als von einem Parkstreifen am Rand ein Rentnerpaar mit seinem Smart auf den rechten Fahrstreifen zieht, reißt der Audi-Fahrer auf der rechten Spur das Fahrzeug nach links, um auszuweichen.
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Der Skoda-Fahrer, der auf der linken Spur fährt, will wiederum ausweichen, verreißt das Steuer und schleudert mit hohem Tempo in den Gegenverkehr. Hier knallt er in den Ford einer Familie. Ein sechsjähriger Junge wird schwer verletzt. Er schwebt wochenlang in Lebensgefahr, wird mehrfach operiert.
Audifahrer schweigt im Prozess
Während der Audifahrer im Prozess geschwiegen hatte, hatte sich der Skoda-Fahrer geäußert: Vor dem Unfall habe er einen Anruf seiner Frau erhalten. Sein Sohn hätte wie schon so oft einen Krampfanfall bekommen. Deshalb hätte er schnell nach Hause gewollt.
So entschieden Gerichte in anderen Fällen
2001 stirbt bei einem Raserunfall in Köln der Sohn des damaligen Oberbürgermeisters. Zwei Männer bekommen zwei Jahre Haft auf Bewährung.
2015 stirbt in Köln eine Radfahrerin (19). Die beiden Raser erhalten zwei Jahre auf Bewährung.
Mit 142 Stundenkilometern kollidiert ein Raser am 22. April 2015 in Frankfurt mit einem abbiegenden Wagen, dessen 43 Jahre alter Fahrer stirbt. Das Landgericht verurteilt den Raser im Dezember 2016 wegen fahrlässiger Tötung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren. Der Bundesgerichtshof gab der Revision der Staatsanwaltschaft am Donnerstag statt. Der Angeklagte muss erneut vor Gericht.
In der Nacht zum 1. Februar 2016 rasen zwei junge Männer mit 170 Stundenkilometern durch das Berliner Stadtzentrum. Einer rammt einen SUV, dessen Fahrer stirbt. Die beiden Fahrer werden vom Landgericht zu lebenslangen Haftstrafen wegen Mordes verurteilt. Der BGH hebt dieses Urteil auf. Das neue Verfahren läuft noch nicht.
Das Hagener Landgericht hatte den Fahrer des Audis wegen fahrlässiger Körperverletzung in fünf Fällen und wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Verurteilt ist der 34-Jährige zusätzlich schon seit Oktober 2016 zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren wegen der Beteiligung an einem spektakulären Tresor-Raub aus einer Apotheke in Vorhalle. Diese Strafe sitzt er noch bis etwa Mitte 2019 ab.
Unfallfahrer gab sich als Unbeteiligter aus
Der Fahrer des Skoda wurde bei der Kollision mit dem Ford schwer verletzt. Der Audi-Fahrer stellte nach dem Crash seinen Wagen am Fahrbahnrand ab, lief zu Fuß zur Unfallstelle, gab sich aber bewusst nicht als Unfallbeteiligter aus, sondern erzählte den Polizisten vor Ort, er habe den Unfall als Fußgänger am Straßenrand beobachtet.
Der Fahrer des Skoda wurde vom Landgericht wegen fahrlässiger Körperverletzung in vier Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Dazu wurde der Führerschein für ein Jahr und neun Monate entzogen. Der Audi-Fahrer muss die Fahrerlaubnis zwei Jahre lang abgeben.
Die Revision der Angeklagten vor dem Bundesgerichtshof war nun erfolgreich. Das oberste deutsche Gericht erklärt als Hauptgrund in seiner Entscheidung, dass das Hagener Landgericht die Mitschuld des jeweiligen Mitangeklagten und der Fahrerin des Smart, die vom Straßenrand angefahren war, unberücksichtigt ließ. Diese aber müsse sich strafmildernd auswirken.
Gerast in Sorge um den Sohn
„Mir ging es zudem darum, dass das Fahrverbot meines Mandanten aufgehoben wird, weil es ihm ohne Führerschein nicht möglich ist, seinem Beruf nachzugehen“, sagt der Anwalt des Skoda-Fahrers, Frank Becker.
Der Bundesgerichtshof erklärt dazu, dass der durch den Skoda-Fahrer begangene Verkehrsverstoß zwar erheblich, aber angesichts der großen Sorge um seinen Sohn nicht durch Verantwortungs- oder Rücksichtslosigkeit geprägt gewesen sei. Diese charakterliche Unzulänglichkeit müsste aber für einen längeren Entzug der Fahrerlaubnis gegeben sein.